Es war von Anfang an kein Vertrag von Geben und Nehmen zwischen zwei gleichgestellten Partnern. Und zu Beginn stand das FATCA-Abkommen mit den USA zudem in der Kritik, das Bankgeheimmis gegenüber den USA zu beerdigen. FATCA steht für das US-Steuergesetz Foreign Account Tax Compliance Act.

Seit Sommer 2014 melden Schweizer Banken und Versicherungskonzerne die Konten von amerikanische Kunden den US-Steuerbehörden.

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Schweiz in Gesellschaft mit Bermuda

Mit der Einführung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) dieses Jahr ist das Bankgeheimnis mit dem Ausland vom Tisch und FATCA eines von zwei Systemen, wonach die Banken Steuerinformationen von Kunden austauschen müssen.

Dennoch hat sich mit dem AIA die Kritik am FATCA-Abkommen Schweiz-USA verschärft. Die Krux: Beim AIA machen die USA nicht mit und von über 100 FATCA-Abkommen mit anderen Staaten führen die US nur rund zehn wie mit der Schweiz ohne Reziprozität. Das heisst, Schweizer Banken liefern Kontoinformationen aus der Schweiz direkt an die US-Steuerbehörde, nicht aber umgekehrt.

Die Schweiz befindet damit sich unter den wenigen Ländern mit dem FATCA-Abkommen nach dem einseitigen FATCA "Modell II" in Gesellschaft mit Österreich, Nicaragua, Moldawien, Bermuda und San Marino.

Weil mit einem Bekenntnis der USA zum AIA in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei, begrüsse die Schweizerische Bankier Vereinigung (SBVg) den Wechsel zu einem FATCA-Abkommen nach dem Modell I, sagte SBVg-Sprecherin Sindy Schmiegel auf Anfrage. Auch für den Bund kommt der Wechsel zu Modell I infrage, das den automatischen Steuerdatenaustausch vorsieht.

FATCA und Bankgeheimnis

Allerdings gibt es auch beim Modell I keine volle Gegenseitigkeit - die USA übermitteln nur gewisse Daten. Ausserdem hat sich die Schweiz das FATCA-Modell II, das heute als nachteilig erscheint, selber eingebrockt, weil sie am Bankgeheimnis festhalten wollte.

ETH-Professor, Michael Ambühl, der FATCA als damaliger Staatssekretär von Schweizer Seite aushandelte, erinnert sich: "Die USA waren uns gegenüber damals relativ entgegenkommend, weil es für sie wichtig war, auch ein 'Bankgeheimnis-Land' wie die Schweiz mit dabeizuhaben."

Das Modell II habe es der Schweiz erlaubt, das Bankgeheimnis, so wie es 2010 gemäss Schweizer Recht existierte, vollumfänglich aufrecht zu erhalten, sagte Ambühl gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Ob dies aus heutiger Sicht sinnvoll war, sei diesbezüglich irrelevant.

«FATCA hat Bankgeheimnis nicht beerdigt»

Ambühl betont: «Mit FATCA wurde das Bankgeheimnis gegenüber den USA nicht beerdigt. Das Ende des Bankgeheimnisses kam mit dem AIA.» Juristisch mag das stimmen. In der Praxis können sich die Schweizer Banken keine Kunden leisten, die ihre Daten vor den USA geheim halten wollen.

Im Alltag der Finanzinstitute ist FATCA zudem ein Ärgernis, weil es viel Aufwand bedeutet und sehr komplex ist. Nicht ohne Grund führt das Staatssekretariat für Wirtschaft (SIF) seit 5 Jahren ein FATCA-Qualifikationsgremium, weil anwendbare Bestimmungen noch immer nicht klar sind.

Wunschszenario der Banken wäre, dass die USA FATCA in den AIA überführen. Vorerst fordert die Sprecherin der Bankiervereinigung: "Die USA sollen sich zum internationalen AIA-Standard bekennen und diesen umsetzen." Ob es realistisch sei, dass die USA FATCA in absehbarer Zeit zugunsten des AIA aufgeben, sei offen. Bis auf Weiteres müssten die Banken beide Regime umsetzen.

Fünf EU-Staaten in der Pflicht

Aus Sicht von Michael Ambühl sollte sich die Schweiz mit der EU in der OECD zusammentun, um die Amerikaner zur Übernahme des AIA-Standard zu bewegen. Die sogenannten EU-5 (DE, UK, FR, IT, ES) hätten damals, als die Amerikaner das FATCA-Modell entwickelten, ihr Einverständnis zu diesem Regime signalisiert.

«Sie sind aus dieser Sicht mitverantwortlich für dieses viel zu bürokratische System», sagte Ambühl weiter.

Das FATCA-Abkommen ist aus Schweizer Sicht auch eine Enttäuschung, weil es sich nicht mit einer Globallösung für den Steuerstreit Schweiz-USA verbinden liess, wie es sich die ehemalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erhoffte.

Der Steuerstreit ist nach wie vor nicht ganz ausgestanden. Für einige Banken wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) gibt es mit Washington noch keine Lösung für den Konflikt um unversteuerte Kundengelder.

Darüberhinaus bereiten die US-Steuerbehörden inzwischen auch dem Versicherungskonzern Swiss Life Bauchschmerzen. Im letzten September bestätigte Swiss Life, dass das US-Justizministerium bezüglich grenzüberschreitenden Geschäften mit US-Kunden eine Anfrage eingereicht hatte. Ein Swiss-Life-Sprecher betonte, dass Swiss Life Vorgaben der USA-FATCA-Gesetzgebung und des AIA umsetze.

Die fraglichen Produkte, sogenannte Insurance Wrappers, befriedigen laut dem Swiss-Life-Sprecher ein Bedürfnis vermögender Privatkunden – auch «zur Nutzung von produktespezifischen legalen Steuervorteilen».

Wie bei vielem bleibt die Unsicherheit bestehen, ob die US-Steuerbehörden das goutieren.

(sda/mlo)