Mitte 2000, eine Szene aus dem Besprechungszimmer einer Bank. Manager 1: «Schlechte Nachrichten! Die Gebühreneinnahmen aus dem Aktienhandel sind dramatisch gesunken.» Manager 2: «Dann müssen wir eben andere Produkte forcieren – aber dalli. Die Verluste müssen wieder aufgeholt werden.» Manager 1: «Wir können es mit High-Yield-Obligationen versuchen.» Manager 2: «Brillante Idee. Unsere neue Tochterfirma muss sowieso beschäftigt werden. Und den Anlegern verkaufen wir die Schrottpapiere mit dem Argument der höheren Sicherheit gegenüber Aktien.»
So ähnlich könnten die Diskussionen 2000 bei der Credit Suisse gelaufen sein, als sich die Bank entschied, den geprügelten Aktionären ein neues Produkt unterzujubeln. Immerhin hatte sie kurze Zeit zuvor das US-Investmenthaus Donaldson, Lufkin & Jenrette gekauft, das vorwiegend im High-Yield-Geschäft tätig war. Damit auch wirklich jeder in den Hochgenuss der Hochverzinslichen kommen möge, wurde die Werbetrommel kräftig gerührt. Sogar mit Grossformatplakaten wurde in Zürich versucht, die Nichtanleger weich zu kochen. Nicht nur die Credit Suisse betete den Investoren vor, dass 2001 das Jahr der Hochzinsobligationen werden würde. Alle anderen zogen mit.
Goldene Chancen im Schrott
Die Verantwortlichen bei Flemings setzten das Renditeziel ihres High-Yield-Fonds auf «mindestens drei Prozentpunkte über der durchschnittlichen Obligationenrendite von europäischen Staatsanleihen». Henri Rohrer von der RMF-Gruppe posaunte: «Der Run auf High-Yield-Bond-Funds wird die Performance auf sieben bis acht Prozent drücken.»
Zwei Jahre später sind die Renditeversprechungen der High-Yield-Propagandisten Schall und Rauch. Die Kurse aller 43 in der Schweiz zugelassenen High-Yield-Fonds sind im tiefroten Bereich. Kein Einziger konnte – weder im Ein-Jahres- noch im Drei-Jahres-Vergleich – eine positive Performance ausweisen. Dabei schütten die meisten dieser High-Yield-Fonds keine Zinsen aus, sondern reinvestieren diese, wodurch sich der Nettoinventarwert des Fonds erhöht.
Obwohl diese Fonds mit hohen Zinscoupons gefüttert werden, liegen sie immer noch brutal im Minus. Das Ende des Trauerreigens führen die High-Yield-Europe-Fonds von Julius Bär und Morgan Stanley an, die mit minus 25 und minus 33 Prozent im letzten Jahr auffielen.
Die Versprechen: Junk-Bonds als sicherer Aktienersatz
Die Anlegerschaft wurde jedoch nicht nur mit Werbeparolen und Lobeshymnen der Fondsmanager überhäuft. Es wurde auch mit handfesten Übertreibungen gearbeitet: «High-Yield-Bonds sollten als Substitute gegenüber anderen festverzinslichen Anlagen gesehen werden», proklamierte allen Ernstes Markus Kohlenbach, Fondsmanager vom DWS Higher Yield Europa. Er suggerierte damit den Anlegern, dass Schrottpapiere die gleiche Sicherheit wie Obligationen mit Investmentqualität aufwiesen.
In Tat und Wahrheit sind High-Yield-Bonds, auch Junk-Bonds genannt, Unternehmensanleihen, die von den Ratingagenturen auf Grund der verschlechterten Bonität des Unternehmens heruntergestuft wurden «Die gefallenen Engel».
Alles unterhalb eines Ratings von Baa3 bei Moody’s respektive BBB– bei Standard & Poor’s fällt in diese Kategorie. Somit ist mit Junk-Bonds zwar eine deutlich höhere Rendite als bei Staatsanleihen zu holen. Doch der Preis dafür ist ein höheres Risiko. Dieses liegt im besten Fall in einer Verzögerung der Couponszahlung oder, auf Grund der Pleite des Unternehmens, im Totalausfall.
Mit Prognosen meilenweit daneben
Auch was das Ausfallsrisiko angeht, lagen die Profis mit ihren Prognosen meilenweit daneben. «Die historische Ausfallsquote der US-High-Yield-Bonds liegt bei vier Prozent», argumentierte Mark Notkin, Fondsmanager von Fidelity Investments. «Mit gutem Research kann die Ausfallsrate sogar auf ein Prozent reduziert werden.» Heute ist die Ausfallquote so hoch wie noch nie. Bereits jeder zehnte «Fallen Angel» (gefallene Engel) in den USA kann seinen Zahlungen nicht mehr nachkommen.
In Europa ist die Situation nicht viel besser. Im ersten Halbjahr 2002 stiegen die Zahlungsausfälle europäischer Firmen auf 24 Milliarden Euro – das ist nach Auskunft der Ratingagentur Moody’s mehr als die Gesamtsumme der vergangenen 17 Jahre. 2002 wird als Rekordjahr der Firmenpleiten in die Geschichte eingehen. Durch die Grosspleiten von WorldCom, Enron und Swissair schwimmen 53 Milliarden Franken den Bach runter «Milliarden in Luft aufgelöst».
Das brillante Research, mit dem Notkin prahlte, sucht der Anleger noch immer vergeblich, zumal die meisten Fondsmanager mit ihrer Titelauswahl mächtig die letzten zwei Jahre danebengegriffen haben. So tauchten im UBS High Yield Euro etwa WorldCom-Obligationen auf, beim Dexia Bonds High Yield finden sich Titel der maroden KPNQwest, und der Morgan Stanley European High Yield setzte auf NTL Communications, die Europa die grösste Telekom-Pleite bescherte. Zwar können die Fondsmanager Bonds, die in den letzten Zügen liegen, wieder an «Distressed»-Jäger verkaufen, allerdings nur mehr zu einem Bruchteil des Kaufpreises.
Schrottpapiere zu Sonderpreisen
Die Verunsicherung der Anleger, die anhaltende Pleitewelle und die dramatischen Kurseinbrüche lassen die Renditen für Hochverzinsliche nach oben schnellen. Die Renditedifferenz zwischen Euro-High-Yield-Obligationen und Staatsanleihen liegt bei zwölf Prozent. So attraktiv die Renditen derzeit auch sind, ist der Einstieg noch immer brandgefährlich. Nach wie vor ist der Markt volatil. Man muss hinnehmen, dass die Kurse in den nächsten Monaten womöglich weitere Prozentpunkte verlieren werden. Im Telekom-Sektor wurden während eines Jahres 61 (!) Prozent der Junk-Bonds zahlungsunfähig. Doch auch Detailhandel und Mediensektor hatten hohe Ausfälle zu verzeichnen.
Arg enttäuscht hat nicht nur der US-High-Yield-Sektor, sondern auch der noch relativ junge europäische. Durch die Einführung des Euro vor drei Jahren schossen die Fonds wie Pilze aus dem Boden. Dass die smarten Herren Fondsmanager damals bewusst ein riesiges Klumpenrisiko bei der Titelauswahl eingingen, störte niemanden. Der Markt bestand zu 60 Prozent aus Telekom-Anleihen.
Der Anteil dieses Sektors ist heute am gesamten europäischen Junk-Bond-Markt zwar auf 16 Prozent zurückgegangen – auf Grund der vielen Pleitefälle. Dennoch hat sich die Situation nicht gebessert. Denn die Zahl der zur Auswahl stehenden Bonds ist mit 114 mehr als mager und die Wahlmöglichkeit damit nicht gegeben. Allein der Credit-Suisse-Fonds hält bereits zwischen 70 und 80 Titel im Depot.
Selbst Banker verlieren den Glauben
Dramatisch ist die Situation bei den Junk-Bonds nicht nur für die Anleger, sondern auch für die Emittenten. So diskutieren einige Wall-Street-Häuser ernsthaft über einen Ausstieg aus dem Emissionsgeschäft. Der Glaube an eine Besserung dieses Bereichs scheint damit sogar bei den Bankern dahin zu sein.
«Am europäischen High-Yield-Markt ist wirklich die Frage, ob man einen zweiten Anlauf nimmt oder ob der Markt stirbt», konstatiert Bruno Heusser, Fondsmanager des European High Yield der Credit Suisse. «Wenn wir noch länger als erwartet auf tiefem Wachstum bleiben, kann es sein, dass die Kurse noch weiter zurückgehen. Im Industriesektor können durchaus noch einige negative Überraschungen drinliegen», meint Martine Bodé, Fondsmanagerin des UBS High Yield Euro. Solange sich die verheerende Nachrichtenlage nicht bessert, sollte ein Engagement in diesem Segment mehr als einmal überdacht werden.
So ähnlich könnten die Diskussionen 2000 bei der Credit Suisse gelaufen sein, als sich die Bank entschied, den geprügelten Aktionären ein neues Produkt unterzujubeln. Immerhin hatte sie kurze Zeit zuvor das US-Investmenthaus Donaldson, Lufkin & Jenrette gekauft, das vorwiegend im High-Yield-Geschäft tätig war. Damit auch wirklich jeder in den Hochgenuss der Hochverzinslichen kommen möge, wurde die Werbetrommel kräftig gerührt. Sogar mit Grossformatplakaten wurde in Zürich versucht, die Nichtanleger weich zu kochen. Nicht nur die Credit Suisse betete den Investoren vor, dass 2001 das Jahr der Hochzinsobligationen werden würde. Alle anderen zogen mit.
Goldene Chancen im Schrott
Die Verantwortlichen bei Flemings setzten das Renditeziel ihres High-Yield-Fonds auf «mindestens drei Prozentpunkte über der durchschnittlichen Obligationenrendite von europäischen Staatsanleihen». Henri Rohrer von der RMF-Gruppe posaunte: «Der Run auf High-Yield-Bond-Funds wird die Performance auf sieben bis acht Prozent drücken.»
Zwei Jahre später sind die Renditeversprechungen der High-Yield-Propagandisten Schall und Rauch. Die Kurse aller 43 in der Schweiz zugelassenen High-Yield-Fonds sind im tiefroten Bereich. Kein Einziger konnte – weder im Ein-Jahres- noch im Drei-Jahres-Vergleich – eine positive Performance ausweisen. Dabei schütten die meisten dieser High-Yield-Fonds keine Zinsen aus, sondern reinvestieren diese, wodurch sich der Nettoinventarwert des Fonds erhöht.
Obwohl diese Fonds mit hohen Zinscoupons gefüttert werden, liegen sie immer noch brutal im Minus. Das Ende des Trauerreigens führen die High-Yield-Europe-Fonds von Julius Bär und Morgan Stanley an, die mit minus 25 und minus 33 Prozent im letzten Jahr auffielen.
Die Versprechen: Junk-Bonds als sicherer Aktienersatz
Die Anlegerschaft wurde jedoch nicht nur mit Werbeparolen und Lobeshymnen der Fondsmanager überhäuft. Es wurde auch mit handfesten Übertreibungen gearbeitet: «High-Yield-Bonds sollten als Substitute gegenüber anderen festverzinslichen Anlagen gesehen werden», proklamierte allen Ernstes Markus Kohlenbach, Fondsmanager vom DWS Higher Yield Europa. Er suggerierte damit den Anlegern, dass Schrottpapiere die gleiche Sicherheit wie Obligationen mit Investmentqualität aufwiesen.
In Tat und Wahrheit sind High-Yield-Bonds, auch Junk-Bonds genannt, Unternehmensanleihen, die von den Ratingagenturen auf Grund der verschlechterten Bonität des Unternehmens heruntergestuft wurden «Die gefallenen Engel».
Alles unterhalb eines Ratings von Baa3 bei Moody’s respektive BBB– bei Standard & Poor’s fällt in diese Kategorie. Somit ist mit Junk-Bonds zwar eine deutlich höhere Rendite als bei Staatsanleihen zu holen. Doch der Preis dafür ist ein höheres Risiko. Dieses liegt im besten Fall in einer Verzögerung der Couponszahlung oder, auf Grund der Pleite des Unternehmens, im Totalausfall.
Mit Prognosen meilenweit daneben
Auch was das Ausfallsrisiko angeht, lagen die Profis mit ihren Prognosen meilenweit daneben. «Die historische Ausfallsquote der US-High-Yield-Bonds liegt bei vier Prozent», argumentierte Mark Notkin, Fondsmanager von Fidelity Investments. «Mit gutem Research kann die Ausfallsrate sogar auf ein Prozent reduziert werden.» Heute ist die Ausfallquote so hoch wie noch nie. Bereits jeder zehnte «Fallen Angel» (gefallene Engel) in den USA kann seinen Zahlungen nicht mehr nachkommen.
In Europa ist die Situation nicht viel besser. Im ersten Halbjahr 2002 stiegen die Zahlungsausfälle europäischer Firmen auf 24 Milliarden Euro – das ist nach Auskunft der Ratingagentur Moody’s mehr als die Gesamtsumme der vergangenen 17 Jahre. 2002 wird als Rekordjahr der Firmenpleiten in die Geschichte eingehen. Durch die Grosspleiten von WorldCom, Enron und Swissair schwimmen 53 Milliarden Franken den Bach runter «Milliarden in Luft aufgelöst».
Das brillante Research, mit dem Notkin prahlte, sucht der Anleger noch immer vergeblich, zumal die meisten Fondsmanager mit ihrer Titelauswahl mächtig die letzten zwei Jahre danebengegriffen haben. So tauchten im UBS High Yield Euro etwa WorldCom-Obligationen auf, beim Dexia Bonds High Yield finden sich Titel der maroden KPNQwest, und der Morgan Stanley European High Yield setzte auf NTL Communications, die Europa die grösste Telekom-Pleite bescherte. Zwar können die Fondsmanager Bonds, die in den letzten Zügen liegen, wieder an «Distressed»-Jäger verkaufen, allerdings nur mehr zu einem Bruchteil des Kaufpreises.
Schrottpapiere zu Sonderpreisen
Die Verunsicherung der Anleger, die anhaltende Pleitewelle und die dramatischen Kurseinbrüche lassen die Renditen für Hochverzinsliche nach oben schnellen. Die Renditedifferenz zwischen Euro-High-Yield-Obligationen und Staatsanleihen liegt bei zwölf Prozent. So attraktiv die Renditen derzeit auch sind, ist der Einstieg noch immer brandgefährlich. Nach wie vor ist der Markt volatil. Man muss hinnehmen, dass die Kurse in den nächsten Monaten womöglich weitere Prozentpunkte verlieren werden. Im Telekom-Sektor wurden während eines Jahres 61 (!) Prozent der Junk-Bonds zahlungsunfähig. Doch auch Detailhandel und Mediensektor hatten hohe Ausfälle zu verzeichnen.
Arg enttäuscht hat nicht nur der US-High-Yield-Sektor, sondern auch der noch relativ junge europäische. Durch die Einführung des Euro vor drei Jahren schossen die Fonds wie Pilze aus dem Boden. Dass die smarten Herren Fondsmanager damals bewusst ein riesiges Klumpenrisiko bei der Titelauswahl eingingen, störte niemanden. Der Markt bestand zu 60 Prozent aus Telekom-Anleihen.
Der Anteil dieses Sektors ist heute am gesamten europäischen Junk-Bond-Markt zwar auf 16 Prozent zurückgegangen – auf Grund der vielen Pleitefälle. Dennoch hat sich die Situation nicht gebessert. Denn die Zahl der zur Auswahl stehenden Bonds ist mit 114 mehr als mager und die Wahlmöglichkeit damit nicht gegeben. Allein der Credit-Suisse-Fonds hält bereits zwischen 70 und 80 Titel im Depot.
Selbst Banker verlieren den Glauben
Dramatisch ist die Situation bei den Junk-Bonds nicht nur für die Anleger, sondern auch für die Emittenten. So diskutieren einige Wall-Street-Häuser ernsthaft über einen Ausstieg aus dem Emissionsgeschäft. Der Glaube an eine Besserung dieses Bereichs scheint damit sogar bei den Bankern dahin zu sein.
«Am europäischen High-Yield-Markt ist wirklich die Frage, ob man einen zweiten Anlauf nimmt oder ob der Markt stirbt», konstatiert Bruno Heusser, Fondsmanager des European High Yield der Credit Suisse. «Wenn wir noch länger als erwartet auf tiefem Wachstum bleiben, kann es sein, dass die Kurse noch weiter zurückgehen. Im Industriesektor können durchaus noch einige negative Überraschungen drinliegen», meint Martine Bodé, Fondsmanagerin des UBS High Yield Euro. Solange sich die verheerende Nachrichtenlage nicht bessert, sollte ein Engagement in diesem Segment mehr als einmal überdacht werden.
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