In den vergangenen Wochen kam es zu einem undifferenzierten Ausverkauf, der vermeintlich sichere Staatsanleihen genauso in Mitleidenschaft gezogen hat wie Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen. Einen bedeutenden Anteil an diesem Ausverkauf hatten Zwangsverkäufe von Investoren, die ihre liquidesten Vermögenswerte verkaufen mussten, um sich die notwendige Liquidität zu sichern. Dadurch standen US-Staatsanleihen (Treasuries) massiv unter Druck.
Eine komplett unerwartete Entwicklung war dies allerdings nicht. Ähnliche Kursbewegungen gab es auch schon während der globalen Finanzkrise. Damals erwiesen sich die Kursverluste von Staatsanleihen nachträglich als lediglich vorübergehendes Phänomen. Als das Chaos im Handel nachliess, besannen sich die Investoren auch wieder auf die Fundamentaldaten und die Treasury-Renditen gingen wieder zurück. Diese Dynamik ist auch jetzt wieder zu beobachten: Nach der Liquidierungsphase gibt es am US-Staatsanleihenmarkt aktuell bereits wieder Hinweise auf eine Stabilisierung.
Wir erwarten, dass es bei Anlagen wie Staatsanleihen schon bald wieder zu einer Stabilisierung kommen wird und diese sich im Trend wieder überdurchschnittlich entwickeln werden. Investoren sollten sich aber auch auf eine anhaltende Volatilität einstellen. Was die Unternehmensanleihenmärkte angeht, werden viele Unternehmen die Massnahmen zur Eindämmung des Virus sehr negativ zu spüren bekommen, und das Risiko von Herabstufungen wird zunehmen, wenn mehr Unternehmen von der sich ausweitenden Konjunkturabschwächung betroffen sind. Deshalb sind Unternehmensanleihen zuletzt genauso stark abverkauft worden wie Aktien.
Gigantische Geld- und fiskalpolitische Hilfsprogramme machen Mut
In den letzten Tagen haben Regierungen und Notenbanken in aller Welt umfangreiche Massnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und Märkte angekündigt. Die Bank of England hat die Leitzinsen von 0,25 auf 0,1 Prozent gesenkt. Die Reserve Bank of Australia hat die Zinsen von 0,5 auf 0,25 Prozent herabgesetzt und sowohl quantitative Lockerungsmassnahmen als auch eine aktive Steuerung der Zinsstrukturkurve angekündigt. Die Europäische Zentralbank wiederum hat neue Anleihenkäufe im Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Die grösste Nachricht war aber das Konjunkturpaket der US-Regierung mit einem Volumen von 2 Billionen Dollar. Parallel dazu hat die Fed angekündigt, unbegrenzt US-Staatsanleihen anzukaufen, und einen finanziellen Rahmen von 300 Milliarden Dollar für den Ankauf von Investment-Grade-Unternehmensanleihen und forderungsbesicherten Wertpapieren bereitgestellt. Damit wird die Fed erstmals überhaupt Unternehmensanleihen ankaufen, um den Kreditmarkt zu stützen. Dieser Schritt war unerwartet und wurde an den Märkten sehr positiv aufgenommen.
Enorme Mengen an Liquidiität werden in die Weltwirtschaft gepumpt
Im Vergleich zur globalen Finanzkrise unterscheidet sich die Antwort der Politik auf diese Krise vor allem dadurch, dass neben Liquiditätsinjektionen der Notenbanken weltweit auch zunehmend gross angelegte fiskalpolitische Massnahmen bekanntgegeben werden. Insgesamt werden enorme Mengen an Liquidität in die Weltwirtschaft gepumpt. Die Notenbanken signalisieren, dass sie sich um einen möglichen Anstieg der Staatsanleihenrenditen sorgen. Auch ist es ermutigend zu sehen, dass die Regierungen und Zentralbanken die Lehren des Jahres 2008 gelernt haben und tun, was auch immer nötig ist, um die Funktionsfähigkeit des Bankensystems sicherzustellen.
Das alles ist letztlich gut für Staats- und Unternehmensanleihen, obwohl nochmals darauf hingewiesen werden sollte, dass an diesen Märkten weiter mit einer hohen Volatilität gerechnet werden muss. Daher ist auch durchaus möglich, dass die Fed auch Aktien ankaufen wird – etwas, das die Bank of Japan schon länger macht. Wir vertreten seit langem die Ansicht, dass die entwickelten Märkte letztlich die gleiche Entwicklung nehmen werden wie Japan.
Gefragter denn je: der US-Dollar
An den Devisenmärkten hat es dramatische Bewegungen gegeben, wobei vor allem der Dollar stark aufgewertet und alle anderen bedeutenden Währungen überflügelt hat. Wir sehen die Welt am Beginn einer Phase einer hohen Dollar-Nachfrage, was auch an der Dollar-Knappheit in Offshore-Märkten liegt. Das dürfte eine erhebliche Belastung für die Weltwirtschaft darstellen und vor allem die Emerging Markets treffen, deren auf Dollar lautende Schulden auf insgesamt rund 12 Billionen Dollar geschätzt werden – aber auch den Mittleren Osten, wo die Auswirkungen des Ölpreisverfalls durch die Dollar-Stärke noch verschärft werden. An diesem kritischen Punkt für die Weltwirtschaft fliessen einfach nicht genug Dollar in andere Märkte.
Ausblick
Wir achten sehr genau auf Hinweise darauf, dass der Markt die negativen Folgen des Coronavirus maximal eingepreist hat. Dazu werden die Infektionsraten in Europa und den USA vermutlich erst ihren Höhepunkt erreichen müssen. Und davon scheinen wir aktuell noch relativ weit entfernt zu sein. In China zum Beispiel wurde der Höhepunkt der Infektionen erst nach ungefähr einem Monat erreicht – und das bei deutlich strengeren Lockdown-Massnahmen, als sie in den westlichen Staaten zu erwarten sind. Positiv zu vermerken ist, dass die chinesische Wirtschaft als wichtigster globaler Wachstumsmotor gerade wieder anläuft. Allerdings rechnen wir mit einer lediglich schleppenden Erholung und nicht mit einem V-förmigen Aufschwung.
Vor diesem Hintergrund behalten wir die Entwicklungen in diesen turbulenten Märkten weiter genau im Blick. Trotz unserer vorsichtigen Haltung betrachten wir diese Krise aber letztlich auch als Chance, gute künftige Anlageergebnisse für unsere Kunden zu erzielen, indem wir jetzt in Titel finanziell gut aufgestellter Emittenten investieren, die aktuell fehlbepreist sind. Bislang haben wir unsere Zukäufe auf Senior Secured Notes und Titel mit sehr kurzen Laufzeiten, aber attraktiven Renditen von Unternehmen mit einem unserer Ansicht nach vertretbaren Schuldenprofil beschränkt.
Ariel Bezalel ist Manager des Dynamc Bond Funds Jupiter Asset Management.