Nachdem die Börsenkurse im ersten Halbjahr überraschend stark gestiegen sind, wird es spannend, was die zweite Jahreshälfte bringen wird. Denn die Hausse der Finanzmärkte dauert nun schon über acht Jahre und wird zweifellos irgendwann ein Ende finden.

Der nächste Crash kommt bestimmt. Bis es so weit ist, können die Experten endlos über die Aktienmärkte sinnieren. Die Hausse sei noch intakt, aber schon 
weit fortgeschritten, schreibt zum Beispiel Fidelity, der viertgrösste Vermögensverwalter der Welt, in einer Analyse. Robustes Wirtschaftswachstum und steigende Unternehmensgewinne würden die Aktienkurse auch im zweiten Halbjahr stützen, schreibt Philipp Bärtschi, Chefinvestor der Bank 
J. Safra Sarasin.

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Tatsächlich zeigen die Wirtschaftsprognosen nach oben, und die Arbeitslosigkeit sinkt, auch hierzulande. Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren verzeichneten bis im Juni 2017 durchschnittlich 650 Arbeitslose pro Monat weniger. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist auf 3,2 Prozent gefallen.

Tiefere Arbeitslosenrate als schlechtes Signal

Allerdings ist eine tiefere Arbeitslosenrate oftmals ein schlechtes Signal für die Börsenkurse. Denn in die Aktienpreise ist die bessere Beschäftigungslage meist schon eingerechnet worden (eskomptiert, wie es Fachleute nennen). Wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, denken viele Investoren schon weiter, nämlich daran, dass die Wirtschaft auch wieder einen Abschwung erleiden wird. Deshalb fallen die Aktienkurse häufig, während gleichzeitig die Arbeitslosenquote sinkt.

So geschehen vor zehn Jahren: 2007 fiel die Arbeitslosenquote auf 2,8 Prozent, nachdem sie im Jahr 2006 noch bei 3,3 Prozent gelegen hatte. Bis 2008 fiel sie sogar noch weiter, auf 2,6 Prozent. Ab Juli 2007 purzelten jedoch die Aktienkurse und halbierten sich bis zum Frühling des Jahres 2009. Das zeigt, dass sich Wirtschaftsindikatoren oft kontraintuitiv auf die Börsenkurse auswirken.

Erfolgreiche Kaufen-und-Halten-Strategie

Anleger müssen sich nicht allzu viele Gedanken machen, falls sie eine von kurzfristigen Wirtschaftsindikatoren unabhängige Strategie langfristig durchziehen. Dabei kann es sich um die einfache Kaufen-und-Halten-Strategie handeln.

Wer genau vor zehn Jahren – kurz vor Ausbruch der Finanzkrise – in den Swiss Performance Index (SPI) investierte und bis heute dabeiblieb, hat 36 Prozent gewonnen. Das sind 3,2 Prozent pro Jahr, was einem Vielfachen der Verzinsung eines Sparkontos bei einer Bank entspricht.

Die Kaufen-und-Halten-Strategie hat also auch in den vergangenen zehn Jahren gut abgeschnitten. Das zeigt, dass es mit einer langfristigen Strategie gar keine so grosse Rolle spielt, ob die Börse schon bald abstürzt oder nicht.

Hauptsache, eine Strategie

Wichtig ist vor allem, dass Anleger überhaupt eine Strategie befolgen, denn ohne Strategie sind sie der Gefahr ausgesetzt, zu den falschen Zeitpunkten Aktien zu kaufen und zu verkaufen, wie Verhaltensökonomen aufzeigen konnten.

Menschen entscheiden sich in Bezug auf Börsenanlagen oft intuitiv falsch und handeln nicht rational. Sie kaufen tendenziell, wenn die Aktienpreise schon hoch sind, und verkaufen, wenn die Börsenkurse längst in die Tiefe gestürzt sind.

Gründe dafür gibt es viele. Einer der wichtigsten ist der Herdentrieb, der, kurz zusammengefasst, so in Erscheinung tritt: Zuerst kauft nur ein Investor Aktien, dem weitere folgen. Die erhöhte Nachfrage lässt die Aktienkurse steigen, was noch mehr Investoren anzieht, die auch dabei sein wollen. Irgendwann kaufen schliesslich auch die Privatanleger – leider ist es dann häufig schon zu spät.

Im schlimmsten Fall kaufen Privatinvestoren in der Euphorie sogar noch mehr, als es ihre Risikofähigkeit eigentlich zulässt. Dabei ist es in der Phase der Börseneuphorie ohnehin nicht empfehlenswert zu kaufen. Denn haben alle anderen schon gekauft, gibt es nur noch Verkäufer, und die Kurse purzeln.

Eine langfristige Investitionsstrategie hilft Privatanlegern, sich gegen ihre eigene Irrationalität zu schützen, und führt zu diszipliniertem Verhalten. Etwa dazu, nur zu bestimmten Zeitpunkten zu kaufen oder zu verkaufen und nicht ständig von neuem, was bloss hohe Transaktionskosten verursacht.

Getrieben von Tipps

Letzteres kann vor allem jenen Anlegern passieren, die sich öfter mit der Börse beschäftigen. Sie sind der Versuchung ausgesetzt, häufig Transaktionen zu tätigen, also immer wieder Aktien zu verkaufen und neue Titel zu kaufen. Oft sind sie 
getrieben von Tipps von Bekannten, Analysten oder Berichten, die sie in den Medien gelesen haben.

Zum Vergleich: Wer jeden Tag an einem Tisch mit einem vollen Sack Keksen sitzt, wird Ende Jahr wahrscheinlich dicker sein. Um sich selber zu schützen, ist es besser, beim Detailhändler erst gar nicht zum Regal mit den Keksen zu gehen. Genauso ist es bei Geldanlagen: Es ist besser, nicht jeden Tag nach den Börsenkursen zu schauen und neue Anlageempfehlungen zu studieren.

Stattdessen legen Anleger besser von Anfang an eine Strategie fest und halten sich daran. So sind die Transaktionskosten und gleichzeitig die Fehlerquote tief.

Lukrativ, aber wenig stabil

Der BILANZ-Test beweist, dass es sogar noch bessere Alternativen zur Kaufen-und-Halten-Strategie gibt. Mit diesen wären in den vergangenen zehn Jahren deutlich höhere Gewinne möglich gewesen. Mit der besten Strategie, die BILANZ über zehn Jahre getestet hat, würden sich Anleger heute über fast 200 Prozent Gewinn freuen, was rund elf Prozent Rendite pro Jahr entspricht.

Dieses Jahr war die Dividendenstrategie die beste aller rund drei Dutzend getesteten Strategien:

Die Grafik in voller Grösse finden Sie hier.

Dafür hätten Anleger eine relativ einfache Regel anwenden müssen: jedes Jahr im Juli die zwölf Aktien im SPI kaufen, welche die höchsten Dividendenrenditen erzielen. Diese Strategie hätten Anleger auch stur befolgen müssen, als die Börsen im Juli 2008 ein Viertel tiefer standen als im Jahr zuvor.

Allerdings war die Dividendenstrategie nicht sehr stabil. Das zeigt sich, wenn die gleiche Strategie auf den europäischen Aktienindex Stoxx 600 angewendet wird. Darin sind die grössten Konzerne Europas enthalten – auch die grossen Schweizer Titel wie Nestlé, Novartis und Roche. Angewendet auf diesen Index, brockte die Dividendenstrategie Anlegern über zehn Jahre einen Verlust von beträchtlichen 31 Prozent ein.

Am stabilsten zeigt sich die TrendfolgeStrategie:

Die Grafik in voller Grösse finden Sie hier.

Sie funktionierte nicht nur, wenn man sie auf den SPI anwandte, sondern auch mit dem Stoxx 600. Dabei werden die Titel gekauft, die schon in der Vergangenheit die beste Performance gebracht haben. Mit dieser Strategie setzen Anleger also auf die Sieger der Vergangenheit. Dass das funktionieren kann, zeigt sich zum Beispiel im Tennis: Die Wahrscheinlichkeit war gross, dass Rafael Nadal oder Roger Federer als Seriensieger in Paris bzw. Wimbledon auch am letzten Grand-Slam-Turnier, dem US Open in New York, brillieren würde.

Die Trendfolge-Strategie hat nicht nur im laufenden Jahr gut funktioniert, sondern auch in den früheren Tests. In den zehnjährigen Zeiträumen bis 2014, 2015 und 2016 lieferte die Strategie ebenfalls gute Resultate.

Besonders stabil und ertragreich war sie, wo jeweils auf die Gewinner der vergangenen zwölf Monate gesetzt wurde. Für 2014 lag der Einstiegszeitpunkt im Jahr 2004 (zehn Jahre zuvor). Mit der Strategie resultiert in dieser Zeitspanne eine Rendite von sagenhaften 500 Prozent. Allerdings bot 2004 auch eine gute Gelegenheit, an der Börse einzusteigen, denn die Kurse lagen nach der Dotcom-Blase und 9/11 am Boden.

Aber auch wer 2007, kurz vor der Finanzkrise, die Trendfolge-Strategie befolgte, hat in den zehn Jahren bis Juli 2017 satte Gewinne gemacht. Wer jedes Jahr auf die Gewinner der vergangenen zwölf Monate im SPI setzte, konnte sich nach zehn Jahren über einen Gewinn von 52,7 Prozent freuen. Angewendet auf den Stoxx 600, resultierte gar ein Plus von 84,4 Prozent. Wer jährlich auf die Gewinner der vergangenen drei oder sechs Monate im SPI setzte, konnte sogar noch höhere Profite einstreichen.

Sicherheit mit Strategie

Allerdings mussten Anleger mit der Trendfolge-Strategie zwischendurch massive Vermögensverluste in Kauf nehmen. Mit der Strategie, auf die Gewinner der vergangenen zwölf Monate zu setzen, wäre bis 2009 mehr als die Hälfte der Anfangsinvestition verloren gewesen. Das müssen Anleger aushalten können. Sie wissen zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, ob sie mit der Strategie die Verluste in den folgenden Jahren wieder wettmachen und in Gewinne verwandeln können. Garantien dafür gibt es nicht.

Wer Sicherheit sucht, hält sich besser an eine andere Strategie, bei der jedes Jahr in die zwölf Titel investiert wird, die sich 
in den vergangenen zwölf Monaten durch die geringsten Kursschwankungen ausgezeichnet haben.

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Angewendet auf den SPI, hätte so das Anfangskapital fast verdoppelt werden können. Und auch auf den Stoxx 600 angewendet, resultierten immerhin 24,7 Prozent. Die Strategie hätte mit Bestimmtheit die Nerven der Anleger geschont, weil zwischendurch weniger hohe Vermögensverluste resultierten. In der Finanzkrise bis 2009 hätten Anleger nicht einmal zehn Prozent verloren, während sich der SPI halbierte.