Die Luxuswohnung im obersten Stock eines Zuger Wohnhauses wurde in ein Büro umfunktioniert und mit moderner Kunst zugepflastert. Diese ist weniger ruhig und meditativ als vielmehr wild und expressiv. Auf einem Gulag-Gemälde schreit nicht nur das Rot. Davor sitzt Marc Possa (51), durchtrainiert, ein Schnelldenker. Er hat nicht nur die Bilder, sondern auch die Geschäftsführung der VV Vermögensverwaltung AG von Peter Lehner, dem ehemaligen Finanzchef der Stadt Zürich, übernommen.

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Possa versteht sich auf eine etwas profanere, aber nicht weniger interessante Kunst – die des Geldvermehrens. Darin ist er ein Meister. 2016 hat er den Wert seines auf kleine und mittelgrosse Schweizer Unternehmen fokussierten Fonds SaraSelect um 26,5 Prozent gesteigert, und das nach Kosten. Mit dieser Performance liess er laut einer Auswertung von E-Fundresearch alle Konkurrenten inklusive der Grossbanken hinter sich. Auch der SPI Extra, ein Index, an dem sich KMU-Profis messen, liegt mit einem 2016 erreichten Plus von 8,5 Prozent meilenweit zurück.

Kleine Firmen entwickeln sich besser

Nicht nur für Aktienprofis wie Possa ist es sinnvoll, sich abseits des SMI umzusehen. Auf lange Sicht stellen die Kleinen die Grossen nämlich in den Schatten. In den letzten 20 Jahren verzehnfachten sich Small Caps im Wert, während sich Mid Caps versechsfachten und Blue Chips «nur» vervierfachten. Über längere Phasen entwickeln sich kleine Firmen wegen ihres höheren Wachstumspotenzials besser. Wegen der starken Schwankungen ist aber eine langfristige Perspektive gefragt.

Anders, als man vermuten könnte, hat sich Possa den ersten Platz nicht durch riskante Spekulation, sondern mit Hilfe eines konservativen Value-Ansatzes gesichert. «Ich liebe Qualität», sagt er. Bei der Auswahl seiner Favoriten geht es ihm um solide Bilanzen, Innovationsführerschaft, die Dominanz in einer Nische. Der Bürger von Guttet-Feschel im Wallis ist ein Fan von Schweizer Unternehmen. Lage und Klima zwangen zur Innovation. «Wir mussten uns immer anstrengen, um besser zu sein.» Unabdingbare Spitzentechnologie «made in Switzerland» sei die Folge. «Ohne Schweizer Know-how fährt kein Auto, kommt kein Zug und fliegt kein Flugzeug.»

Keine Banken im Depot

Als Langläufer hat Possa einen langen Atem: Zwei bis drei Jahre hält er an seinen Anlagen fest. Entscheidend seien Ankeraktionäre. «Die denken in Generationen und geben den Firmen Zeit, um ihre Produkte auf den Markt zu bringen.» Grösser sei bei den Kleinen zudem die Stabilität im Management. «Wie Fussballstars ihren Club wechseln bei Blue Chips die Starmanager nach einigen Saisons. Am Schluss ist die Firmenkultur entscheidend.»

Banken kommen bei Possa nicht zuletzt aus diesen Gründen nicht ins Depot. Die starke Performance 2016 verdanke er einem Aufholprozess. Unternehmen wurden vom Markt quasi entdeckt. Solche Trouvaillen sind nur in diesem Universum möglich. Wird bei SMI-Titeln von Dutzenden Analysten jede kleine Neuerung registriert, kann bei kaum «gecoverten» Nebenwerten eine erfolgreiche Restrukturierung unbemerkt bleiben.

Eine One-Man-Show

Seit zehn Jahren ist Martin Schüpbach eine One-Man-Show. Früher bei der UBS, war er das Pendeln nach Zürich leid und heuerte, weniger glamourös, aber familienfreundlicher, bei der St. Galler Pensionskasse (SGPK) an. Eigentlich hätte er die besten Argumente, um dick aufzutragen. Sein exklusiv für die SGPK geführter Fonds Gallus Aktien Schweiz Small & Mid Cap hat sowohl über drei (plus 71 Prozent) als auch über fünf Jahre (plus 202 Prozent) die Nase vorn. Und es ist kein knapper Sieg: Die Konkurrenten liegen um 16 und 57 Prozent zurück. Die Drei- und Fünf-Jahr-Performance gilt bei der Bewertung der Qualität eines Fonds als besonders relevant.

Doch Schüpbach ist bescheiden und rechtfertigt sich beinahe für seine Leistung. Seine Verwaltungsgebühren sind tief, und mit 40 Millionen ist sein Fonds klein. Anders als viele Konkurrenten könne er deshalb, ohne die Preise zu verzerren, auch in halbliquiden Märkten agieren. Zudem ziehen bei Schüpbach keine Investoren ihre Gelder ohne Voranmeldung ab, was andere Fondsmanager oft 
zu Verkäufen in ungünstigen Momenten zwingt. Mit viel Geduld aufgebaute Beteiligungen in wenig liquiden Aktien sind dann weg.

«Bei grösseren Instituten verhindern Sachzwänge eine gute Performance. Analysteneinschätzungen aus dem eigenen Haus oder die Vorgaben von Chefinvestoren beschneiden die Freiheit», so Schüpbach. Wesentlich scheint ihm auch die klare Zuordnung der Verantwortung für den Fonds – denn je grösser das Team, je flacher die Hierachie, desto einfacher lässt sich diese abgeben.

Angst spielt eine grosse Rolle

Angst um seine Stelle braucht Schüpbach bei diesem Leistungsausweis keine zu haben. Doch genau die Angst spielt in der Geldverwaltung eine grosse Rolle. Schüpbach: «Je näher sich der Fondsmanager an den Index hält, desto geringer ist die Gefahr, den Job zu verlieren.» Geht eine Strategie abseits der Benchmark nicht auf, wird das zum Problem. «Fällt ein Fonds hinter den Vergleichsindex zurück, leuchten bei den Grosskunden die Risikosysteme auf. Ziehen diese dann Geld ab, wird der Arbeitgeber reagieren.»

Wesentlich ist gemäss Schüpbach das, was am Jahresanfang passiert. Gelingt der Start schon gut, trauen sich die Fondsmanager auch danach mehr zu. In der Regel endet das Jahr dann für viele Fonds überdurchschnittlich gut. Am Ende spielen auch in der Geldverwaltung sehr menschliche Eigenschaften eine entscheidende Rolle.

Grösse wird zum Problem

Anders als Schüpbach hat Paul Schibli ein Grössenproblem. Nicht zuletzt, weil sein Mirabaud Equities Swiss Small and Mid I in der Zehn-Jahres-Sicht zu den vier besten Fonds gehört, haben Investoren mittlerweile mehr als 800 Millionen Franken in das Produkt gesteckt, so viel wie in kaum einen anderen Fonds in dieser Kategorie. Nähert sich das Volumen der Milliardenmarke, wird es immer schwieriger, Teile des Portfolios auszutauschen. Denn je grösser die Deals, desto stärker bewegen sich die Kurse. Immer weitere Teile des Universums sind wegen der geringen Liquidität vieler Kleinwerte nicht mehr investierbar.

Im Unterschied zu vielen Konkurrenten hat sich Paul Schibli auf Growth-Aktien fokussiert. Die Benchmark versucht der 57-Jährige mit vier, fünf sogenannten «High-Conviction Ideas» zu schlagen. «Besonders gut ist die Zeit für Small und Mid Caps, wenn die Wirtschaft die Talsohle hinter sich gelassen hat, die Zinsen leicht steigen, die Bewertungen vernünftig sind und Investoren wieder bereit sind, höhere Risiken zu nehmen. In so einer Phase befinden wir uns», so Schibli. 2016 schichteten viele Käufer von den Grossen zu den Kleinen um. Dieser Trend sei noch nicht vorbei.

Zwischen den Zeilen lesen

Bei der Deutschen Bank will man nicht erst seit Josef Ackermanns legendärer 25-Prozent-Vorgabe hoch hinaus. Fondsmanager Christian Sauter von der Deutschen Asset Management führt seine Kundengespräche im 33. Stock, dem zweitobersten im Zürcher Prime Tower. Der 41-Jährige war drei Jahre lang Schiblis Stellvertreter. Seit Schibli im Sommer 2015 zu Mirabaud wechselte, führt Sauter den Fonds Deutsche (CH) II Small & Mid Caps Switzerland, den über zehn Jahre mit einem Plus von 120 Prozent drittbesten sämtlicher Schweizer Small-und-Mid-Cap-Fonds.

Trotz der tollen Aussichtslage betrachtet Sauter sein Universum nicht von oben herab. Wie die meisten Nebenwerte-Experten geht er möglichst nahe an seine Investments heran. Bei rund 200 Treffen im Jahr versucht er zwischen den Zeilen zu lesen. «Wir haben natürlich keine Insiderinformationen, aber fühlt sich ein Manager mit einer Prognose nicht wohl, merkt man das.»

Sauter gefallen Unternehmen mit Preissetzungsmacht, guten Cashflows und geringer Verschuldung. Wellenreiter Sauter glaubt an den konjunkturellen Aufschwung. Nicht erst seit der Wahl Trumps, sondern schon seit letztem Sommer hätten sich unter der Oberfläche die Makrodaten und Gewinne verbessert.

Wachstum dringend gefragt

Schweizer Small und Mid Caps beginnen teuer zu werden. Sie wechseln mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 ihren Besitzer. Bei den grossen SMI-Titeln liegt diese Kennzahl bei 16, was für Small und Mid Caps eine Prämie von 25 Prozent ergibt. Extremwerte sind das noch nicht. In den letzten 15 Jahren schwankte sie zwischen 0 und 40 Prozent. Jedoch ist in den Kursen ein Aufschwung eingepreist. «2017 ist daher besonders stark von den Resultaten der Firmen und ihren Prognosen abhängig», sagt Roger Fischer. Der gross gewachsene 53-Jährige schaut über seine Lesebrille hinweg, bereits auf dem Sprung zum nächsten Firmentermin. Gemeinsam mit Erhard Lee hat er 2004 den Fonds AMG Substanzwerte Schweiz auf den Markt gebracht. Die Lancierung hat sich gerechnet: Der Fonds ist inzwischen mehr als 500 Millionen Franken schwer und muss sich in der Zehn-Jahres-Sicht mit einem Plus von 130 Prozent nur einem BlackRock-Fonds geschlagen geben.

Wegen starker Zuflüsse wurde die Ausgabe von Fondsanteilen zuletzt beschränkt. Mitverantwortlich für die starke Performance: Fischer setzt bei schwachen Titeln auf fallende Kurse, eine Kunst, die langfristig Wettbewerbsvorteile bringt.

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