Charles Bernard Ecclestone (72) hat vor 32 Jahren die Formel 1 aufgebaut und ist seither ihr Alleinherrscher. Er besitzt alle Werbe- und TV-Rechte an der lukrativsten Sportart der Welt. An den Reisen der Rennteams verdient er ebenfalls mit. Auch die Einnamen aus der Bandenwerbung und der VIP-Lounge «Paddock Club» sollen zum Teil in die Taschen des gewitzten wie verschwiegenen Dealmakers fliessen.
Bereits als Kind, so geht die Legende, kaufte er alle Backwaren in der Umgebung der Schule auf, um sie zu Monopolpreisen weiterzuverhökern. Später handelte er erfolgreich mit Immobilien, Motorrädern und Autos. Er fuhr selber (erfolglos) Formel-3-Rennen, kaufte 1971 den Brabham-Rennstall und baute in der Folge als Präsident des von ihm gegründeten Konstrukteurverbandes Foca seine Machtstellung auf.
Vor Jahren überschrieb Ecclestone seine Formula One Holding seiner Frau Slavicza, einem kroatischen Ex-Topmodel. Inzwischen gehören 75 Prozent des Imperiums den Gläubigerbanken des konkursiten Filmhändlers Leo Kirch. Trotz Mehrheitsverkauf hat Ecclestone bei seinem Unternehmen das Heft nie aus der Hand gegeben. Ecclestone wohnt in einer prunkvollen Villa im Londoner Stadtteil Chelsea. In Gstaad besitzt er ein Chalet. Sein Vermögen wird auf vier bis fünf Milliarden Franken geschätzt.
BILANZ: Bernie Ecclestone, ist Michael Schumacher ein Fluch oder ein Segen für die Formel 1? Bernie Ecclestone: Ein Segen! Er ist ein Superstar! Einer, der jedes Rennen so dominiert, dass die ganze Formel 1 todlangweilig geworden ist und die Zuschauer wegbleiben. Es ist schade, dass die Saison nicht in der letzten Kurve des letzten Rennens entschieden worden ist. Aber so ist es nun mal. Und es ist mir lieber, Michael gewinnt sechs Weltmeisterschaften in Folge, als dass am Schluss noch ein Team wie Minardi Weltmeister wird. Muss Michael Schumacher erst gegen einen Baum fahren, bevor die Formel 1 wieder spannend wird? Muss er nicht. Wir haben auf die nächste Saison die Regeln etwas modifiziert: Die Punktevergabe wurde geändert, die Teams haben mehr Freiheiten bei der Reifenwahl usw. Ich persönlich glaube aber, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. Mit der Formel 1 läuft nichts falsch, sie ist seit Jahrzehnten äusserst erfolgreich. Was passiert, wenn das nicht reicht und Ferrari weiterhin dominiert? Gibt es dann übernächste Saison noch mal neue Regeln? Falls die Änderungen nicht funktionieren, gehen wir noch mal über die Bücher. Man darf nie aufhören, etwas zu ändern. Seit Monaten liest man im Wirtschaftsteil der Zeitungen mehr über die Formel 1 als im Sportteil … Das war schon immer so! Sport ist ein Geschäft, und das grösste Geschäft sind wahrscheinlich die Olympischen Spiele. Aber die schaffen es, ihre Finanzzahlen aus den Schlagzeilen fernzuhalten. Dabei verschleudern die mindestens 30 Prozent ihres Budgets! Die Team von Alain Prost und Arrows sind pleite, Jordan schrammt knapp am Konkurs vorbei. Noch nie gab es in der 32-jährigen Geschichte der Formel 1 eine Periode, die so schwierig war wie jetzt. Es ist nicht die Formel 1, die in der Krise steckt, sondern die ganze Weltwirtschaft geht durch eine Rezession. Wir sind davon nicht isoliert. Wenn die Unternehmen und damit die Sponsoren leiden, leiden unsere Teams. Dafür dominieren die reichen Teams wie Ferrari oder Mercedes die Formel 1 immer stärker. Das haben sie immer, da hat sich nichts geändert. Doch, der Graben wird immer grösser. Manche Teams haben halt Zugang zu mehr Geld. Also geben sie auch mehr aus. Und theoretisch fahren sie dann auch schneller. Welche Chancen geben Sie in diesem Rennzirkus langfristig dem Sauber-Team? Ihr Vorteil ist, dass sie von Ferrari unterstützt werden, auch wenn das viel Geld kostet. Die Motoren sind also gut, die Autos auch nicht schlecht. Es hängt davon ab, ob sie die richtigen Fahrer und Manager finden. Und wie sehen Sie die Chancen? Generell wird es zunehmend schwieriger werden, die Werkteams wie BMW, Mercedes oder Ferrari zu schlagen. Aber dahinter kann es immer auch gute, unabhängige Teams geben. Sauber, würde ich sagen, ist «the best of the rest». Die Formel 1 setzt jährlich über vier Milliarden Dollar um. Kann sie überhaupt noch wachsen? Nein, ich glaube, wir haben jetzt ein Niveau erreicht, auf dem sie stabil bleiben wird. Vielleicht könnte man die einzelnen Rennen noch attraktiver machen wie beispielsweise durch die neuen Regeln. Es gibt noch viele andere Ideen. Aber ansonsten ist das Plateau erreicht. Das Tabakwerbeverbot in Europa wird Sie Hunderte Millionen von Werbegeldern kosten. An Stelle der Tabakfirmen stehen genug andere Werbepartner bereit. Aussserdem werden zukünftig vermehrt Rennen ausserhalb von Europa stattfinden. Warum sind wir eigentlich alle so davon fasziniert, dass ein paar Autos immer schneller im Kreis fahren? Es ist wie beim 100-Meter-Sprint: Es ist ein Kampf, Mann gegen Mann. Eher ein Kampf Maschine gegen Maschine. Beim Sprint dagegen ist es die reine Muskelkraft, die zählt. Ich sage Ihnen mal was: Unsere Top-Driver sind einiges fitter als die anderen Fahrer, körperlich und mental. Aber was die Faszination der Formel 1 angeht: Es ist nicht nur das Sportliche. Es ist auch der Glamour, die Faszination der Technik. Wenn Sie ein Drehbuch der Unterhaltung schreiben müssten und es gäbe die Formel 1 nicht, würden Sie sie wahrscheinlich erfinden. Sie gelten als der mächtigste Mann im gesamten Sportbusiness. Was bedeutet Ihnen Macht? Das einzig Gute daran ist, dass Sie Sachen erledigt bekommen, so, wie Sie es wollen. In dem Moment, wo ein Komitee etwas in die Hand nimmt, hat man nichts als Ärger. Ich bin Unternehmer. Ein guter Unternehmer trifft viele Entscheidungen, macht sicher auch ein paar Fehler, aber er trifft mehr richtige als falsche Entscheide. Komitees machen keine Fehler, denn sie treffen erst gar keine Entscheidungen. Muss die Macht an der Spitze von einem Milliardenunternehmen wie der Formel 1 nicht demokratischer verteilt sein und besser kontrolliert werden? Wie denn? Und von wem? Ich sehe nicht, was mit der Formel 1 schlecht sein soll! Macht, wenn sie nicht kontrolliert wird, führt häufig zu Korruption. Deswegen hat die Gesellschaft in fast allen relevanten Bereichen Instrumente zur Kontrolle der Macht entwickelt. Die Spitzen der grossen Sportverbände wie IOK, Fifa oder eben Formel 1 entziehen sich dem sehr geschickt. In dem Moment, wo man mit solchen Sachen anfängt, hat man nichts als Probleme! Warum? Es ist wie im Krieg! Wenn Sie der Kommandant sind und vor jeder Entscheidung sagen: Moment, ich muss erst noch mit meinem Verwaltungsrat diskutieren, ob wir die Kanone jetzt laden oder nicht und ob wir sie dann abfeuern oder nicht – wenn Sie das tun, sind Sie tot, bevor der Kampf überhaupt losgegangen ist. Sie brauchen jemanden, der sagt: So machen wir es! Formel 1 ist Krieg? Sie braucht jedenfalls keine Demokratie. Das Problem der Formel 1 ist, dass sie schon viel zu demokratisch ist. Man kann schon heute die Regeln nicht verändern, ohne dass jeder damit einverstanden ist. Das ist idiotisch! Ist die Formel 1 also nur deshalb ein Erfolg, weil Sie die Zügel alleine in der Hand haben? Dass ich die Zügel alleine in der Hand halte, stimmt eigentlich gar nicht. Es gibt eine Formel-1-Komission, durch die alle relevanten Entscheide abgesegnet werden müssen. Ich habe dort nur eine Stimme von 26. Wenn also jemand mit den richtigen Ideen kommt, werden wir uns damit auseinander setzen. Aber im Tagesgeschäft muss man schnelle Entscheide treffen. Das gilt auch bei den anderen Sportverbänden. Schauen Sie sich das IOK an: Herr Samaranch hat dort über viele Jahre einen fantastischen Job gemacht. Die Olympischen Spiele sind das, was sie sind, wegen ihm. Er war ein Typ, der nach dem Motto gehandelt hat «Seid vernünftig und macht es so, wie ich es will». Und das hat funktioniert. Die Rennteams fühlen sich bei der Verteilung des Formel-1-Geldkuchens benachteiligt und drohen deshalb damit, eine eigene Weltmeisterschaft aufzuziehen. Dann wäre es mit Ihrer Macht vorbei. Ich glaube nicht, dass sie das tun werden. Es gibt keinen Grund dazu. Selbst wenn sie einen eigenen Wettbewerb aufzögen und alle Einnahmen für sich behielten, wäre das noch immer weniger als das, was sie jetzt verdienen. Abgesehen davon, sind diese Einnahmen nur ein kleiner Teil des Budgets der Rennställe: bei Ferrari vielleicht 10 bis 15 Prozent. Vor drei Jahren haben Sie 50 Prozent, letztes Jahr weitere 25 Prozent ihres Imperiums verkauft. Heute liegen diese Anteile bei den Gläubigerbanken des konkursiten Filmrechtehändlers Leo Kirch. Bedauern Sie im Nachhinein den Entscheid, Ihr Lebenswerk aus der Hand gegeben zu haben? Ich denke, im Rückblick hätte ich es vielleicht nicht tun sollen. Aber damals war der Entscheid der richtige – aus steuerlichen Gründen. Ich hatte Mitte der Neunzigerjahre eine Bypass-Operation. Wäre mir etwas passiert, hätte meine Frau, die nicht britische Staatsbürgerin ist, 40 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssen. Deswegen habe ich ihr die Aktien überschrieben. Die Anteile gingen weiter an eine Genfer Treuhandgesellschaft, die dann den Grossteil an eine amerikanische Bank verkauft hat. Ich konnte das nicht verhindern. Von da sind sie Aktien über EM.TV zu Leo Kirch gegangen. Und jetzt wird das Unternehmen zu 75 Prozent von Leuten gehalten, die da eigentlich nichts zu suchen haben. Denken Sie daran, die Anteile zurückzukaufen? Nein. Warum nicht? Warum sollte ich? Ich habe die Kontrolle ja sowieso. Ich treffe die täglichen Entscheidungen. Sie sind heute 72 Jahre alt, haben Geld, Macht und Prestige – warum setzen Sie sich nicht einfach zur Ruhe? Weil mir das, was ich tue, Spass macht. Ganz einfach. Und wenn man etwas aufbaut, kommt man irgendwann zu dem Punkt, an dem man merkt, kein anderer kann das so gut wie man selbst. Dann ist es falsch zuzuschauen, wie die Sachen schief gehen, wenn man jemand anderen ranlässt. Was bedeutet Ihnen Geld? Nichts. Ich habe keines. Wie bitte? In unserer Liste der 300 Reichsten der Schweiz belegen Sie mit vier bis fünf Milliarden Franken einen Spitzenplatz. Ich habe fast nichts. Ich verdiene weniger als ein Team-Manager in der Formel 1, ein Drittel von dem, was Ferrari-Chef Jean Todt kassiert. Meine Frau hingegen ist sehr reich. Wie viel Geld brauchen Sie zum Leben? Wohl nicht mehr als Sie. Wofür gibt ein Mann Geld aus? Für ein Hemd, Schuhe, einen Anzug. Die Leute von Boss sind sehr nett zu mir, die geben mir die Hemden. Die Socken bekomme ich von Falke. Anzüge hingegen kaufe ich, das heisst, ich muss sie massschneidern lassen, weil mir die Massenware nicht passt (Ecclestone ist 1,59 Meter klein, Anm. d. Red.). Und Schuhe kaufe ich. Aber die ganze Familie gibt wenig Geld aus. Meine Frau fliegt nur mit der Billig-Airline Ryan Air. Meine Kinder warten auf den Schlussverkauf, bevor sie neue Klamotten kaufen. Das klingt ja fast geizig. Wenn Sie das so nennen wollen, okay. Wenn man es auf die harte Tour lernen musste, was es heisst, Geld zu verdienen, dann lernt man auch den Wert zu schätzen. Ich bedaure, dass meine Kinder das nicht mussten. Deswegen versuche ich Ihnen klarzumachen: Wenn du das kaufst, musst du so und so viele Stunden dafür arbeiten. Und Gott sei Dank haben sie das aufgenommen und sind nicht verschwenderisch. Ganz im Gegenteil. Dann ist es für Sie wichtiger, Geld zu verdienen oder Geld zu haben? Richtig. Wenn man als Geschäftsmann auf einem bestimmten Niveau angelangt ist, dann interessiert man sich nicht mehr für das Geld. Dann will man nur noch wissen, ob man einen guten Job macht. Schumacher hat es einfach: Er ist Weltmeister geworden. Also weiss er, dass er einen super Job gemacht hat. Und die anderen Teams wissen, dass sie jämmerliche Arbeit geleistet haben. Wie soll ich am Ende des Jahres wissen, ob ich einen guten Job gemacht habe? Indem ich Geld verdient habe! Gibt es eigentlich eine vertragliche Form der Absicherung zwischen Ihnen und Ihrer 28 Jahre jüngeren Frau? Nein. Und wenn sie sich in einen hübschen, jungen Fahrer verliebt? Dann muss ich halt ein hübsches, junges Mädchen finden. Was passiert mit der Formel 1, wenn es Sie eines Tages nicht mehr gibt? Sie wäre wahrscheinlich besser. Sie wäre von einem dieser Komitees geleitet. Jeder mag diese Komitees. Also müsste es der Formel 1 nachher besser gehen. Vielleicht bin ich ja falsch gelegen, und die Komitees haben Recht. Sie werden es ja dann sehen.
BILANZ: Bernie Ecclestone, ist Michael Schumacher ein Fluch oder ein Segen für die Formel 1? Bernie Ecclestone: Ein Segen! Er ist ein Superstar! Einer, der jedes Rennen so dominiert, dass die ganze Formel 1 todlangweilig geworden ist und die Zuschauer wegbleiben. Es ist schade, dass die Saison nicht in der letzten Kurve des letzten Rennens entschieden worden ist. Aber so ist es nun mal. Und es ist mir lieber, Michael gewinnt sechs Weltmeisterschaften in Folge, als dass am Schluss noch ein Team wie Minardi Weltmeister wird. Muss Michael Schumacher erst gegen einen Baum fahren, bevor die Formel 1 wieder spannend wird? Muss er nicht. Wir haben auf die nächste Saison die Regeln etwas modifiziert: Die Punktevergabe wurde geändert, die Teams haben mehr Freiheiten bei der Reifenwahl usw. Ich persönlich glaube aber, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. Mit der Formel 1 läuft nichts falsch, sie ist seit Jahrzehnten äusserst erfolgreich. Was passiert, wenn das nicht reicht und Ferrari weiterhin dominiert? Gibt es dann übernächste Saison noch mal neue Regeln? Falls die Änderungen nicht funktionieren, gehen wir noch mal über die Bücher. Man darf nie aufhören, etwas zu ändern. Seit Monaten liest man im Wirtschaftsteil der Zeitungen mehr über die Formel 1 als im Sportteil … Das war schon immer so! Sport ist ein Geschäft, und das grösste Geschäft sind wahrscheinlich die Olympischen Spiele. Aber die schaffen es, ihre Finanzzahlen aus den Schlagzeilen fernzuhalten. Dabei verschleudern die mindestens 30 Prozent ihres Budgets! Die Team von Alain Prost und Arrows sind pleite, Jordan schrammt knapp am Konkurs vorbei. Noch nie gab es in der 32-jährigen Geschichte der Formel 1 eine Periode, die so schwierig war wie jetzt. Es ist nicht die Formel 1, die in der Krise steckt, sondern die ganze Weltwirtschaft geht durch eine Rezession. Wir sind davon nicht isoliert. Wenn die Unternehmen und damit die Sponsoren leiden, leiden unsere Teams. Dafür dominieren die reichen Teams wie Ferrari oder Mercedes die Formel 1 immer stärker. Das haben sie immer, da hat sich nichts geändert. Doch, der Graben wird immer grösser. Manche Teams haben halt Zugang zu mehr Geld. Also geben sie auch mehr aus. Und theoretisch fahren sie dann auch schneller. Welche Chancen geben Sie in diesem Rennzirkus langfristig dem Sauber-Team? Ihr Vorteil ist, dass sie von Ferrari unterstützt werden, auch wenn das viel Geld kostet. Die Motoren sind also gut, die Autos auch nicht schlecht. Es hängt davon ab, ob sie die richtigen Fahrer und Manager finden. Und wie sehen Sie die Chancen? Generell wird es zunehmend schwieriger werden, die Werkteams wie BMW, Mercedes oder Ferrari zu schlagen. Aber dahinter kann es immer auch gute, unabhängige Teams geben. Sauber, würde ich sagen, ist «the best of the rest». Die Formel 1 setzt jährlich über vier Milliarden Dollar um. Kann sie überhaupt noch wachsen? Nein, ich glaube, wir haben jetzt ein Niveau erreicht, auf dem sie stabil bleiben wird. Vielleicht könnte man die einzelnen Rennen noch attraktiver machen wie beispielsweise durch die neuen Regeln. Es gibt noch viele andere Ideen. Aber ansonsten ist das Plateau erreicht. Das Tabakwerbeverbot in Europa wird Sie Hunderte Millionen von Werbegeldern kosten. An Stelle der Tabakfirmen stehen genug andere Werbepartner bereit. Aussserdem werden zukünftig vermehrt Rennen ausserhalb von Europa stattfinden. Warum sind wir eigentlich alle so davon fasziniert, dass ein paar Autos immer schneller im Kreis fahren? Es ist wie beim 100-Meter-Sprint: Es ist ein Kampf, Mann gegen Mann. Eher ein Kampf Maschine gegen Maschine. Beim Sprint dagegen ist es die reine Muskelkraft, die zählt. Ich sage Ihnen mal was: Unsere Top-Driver sind einiges fitter als die anderen Fahrer, körperlich und mental. Aber was die Faszination der Formel 1 angeht: Es ist nicht nur das Sportliche. Es ist auch der Glamour, die Faszination der Technik. Wenn Sie ein Drehbuch der Unterhaltung schreiben müssten und es gäbe die Formel 1 nicht, würden Sie sie wahrscheinlich erfinden. Sie gelten als der mächtigste Mann im gesamten Sportbusiness. Was bedeutet Ihnen Macht? Das einzig Gute daran ist, dass Sie Sachen erledigt bekommen, so, wie Sie es wollen. In dem Moment, wo ein Komitee etwas in die Hand nimmt, hat man nichts als Ärger. Ich bin Unternehmer. Ein guter Unternehmer trifft viele Entscheidungen, macht sicher auch ein paar Fehler, aber er trifft mehr richtige als falsche Entscheide. Komitees machen keine Fehler, denn sie treffen erst gar keine Entscheidungen. Muss die Macht an der Spitze von einem Milliardenunternehmen wie der Formel 1 nicht demokratischer verteilt sein und besser kontrolliert werden? Wie denn? Und von wem? Ich sehe nicht, was mit der Formel 1 schlecht sein soll! Macht, wenn sie nicht kontrolliert wird, führt häufig zu Korruption. Deswegen hat die Gesellschaft in fast allen relevanten Bereichen Instrumente zur Kontrolle der Macht entwickelt. Die Spitzen der grossen Sportverbände wie IOK, Fifa oder eben Formel 1 entziehen sich dem sehr geschickt. In dem Moment, wo man mit solchen Sachen anfängt, hat man nichts als Probleme! Warum? Es ist wie im Krieg! Wenn Sie der Kommandant sind und vor jeder Entscheidung sagen: Moment, ich muss erst noch mit meinem Verwaltungsrat diskutieren, ob wir die Kanone jetzt laden oder nicht und ob wir sie dann abfeuern oder nicht – wenn Sie das tun, sind Sie tot, bevor der Kampf überhaupt losgegangen ist. Sie brauchen jemanden, der sagt: So machen wir es! Formel 1 ist Krieg? Sie braucht jedenfalls keine Demokratie. Das Problem der Formel 1 ist, dass sie schon viel zu demokratisch ist. Man kann schon heute die Regeln nicht verändern, ohne dass jeder damit einverstanden ist. Das ist idiotisch! Ist die Formel 1 also nur deshalb ein Erfolg, weil Sie die Zügel alleine in der Hand haben? Dass ich die Zügel alleine in der Hand halte, stimmt eigentlich gar nicht. Es gibt eine Formel-1-Komission, durch die alle relevanten Entscheide abgesegnet werden müssen. Ich habe dort nur eine Stimme von 26. Wenn also jemand mit den richtigen Ideen kommt, werden wir uns damit auseinander setzen. Aber im Tagesgeschäft muss man schnelle Entscheide treffen. Das gilt auch bei den anderen Sportverbänden. Schauen Sie sich das IOK an: Herr Samaranch hat dort über viele Jahre einen fantastischen Job gemacht. Die Olympischen Spiele sind das, was sie sind, wegen ihm. Er war ein Typ, der nach dem Motto gehandelt hat «Seid vernünftig und macht es so, wie ich es will». Und das hat funktioniert. Die Rennteams fühlen sich bei der Verteilung des Formel-1-Geldkuchens benachteiligt und drohen deshalb damit, eine eigene Weltmeisterschaft aufzuziehen. Dann wäre es mit Ihrer Macht vorbei. Ich glaube nicht, dass sie das tun werden. Es gibt keinen Grund dazu. Selbst wenn sie einen eigenen Wettbewerb aufzögen und alle Einnahmen für sich behielten, wäre das noch immer weniger als das, was sie jetzt verdienen. Abgesehen davon, sind diese Einnahmen nur ein kleiner Teil des Budgets der Rennställe: bei Ferrari vielleicht 10 bis 15 Prozent. Vor drei Jahren haben Sie 50 Prozent, letztes Jahr weitere 25 Prozent ihres Imperiums verkauft. Heute liegen diese Anteile bei den Gläubigerbanken des konkursiten Filmrechtehändlers Leo Kirch. Bedauern Sie im Nachhinein den Entscheid, Ihr Lebenswerk aus der Hand gegeben zu haben? Ich denke, im Rückblick hätte ich es vielleicht nicht tun sollen. Aber damals war der Entscheid der richtige – aus steuerlichen Gründen. Ich hatte Mitte der Neunzigerjahre eine Bypass-Operation. Wäre mir etwas passiert, hätte meine Frau, die nicht britische Staatsbürgerin ist, 40 Prozent Erbschaftssteuer zahlen müssen. Deswegen habe ich ihr die Aktien überschrieben. Die Anteile gingen weiter an eine Genfer Treuhandgesellschaft, die dann den Grossteil an eine amerikanische Bank verkauft hat. Ich konnte das nicht verhindern. Von da sind sie Aktien über EM.TV zu Leo Kirch gegangen. Und jetzt wird das Unternehmen zu 75 Prozent von Leuten gehalten, die da eigentlich nichts zu suchen haben. Denken Sie daran, die Anteile zurückzukaufen? Nein. Warum nicht? Warum sollte ich? Ich habe die Kontrolle ja sowieso. Ich treffe die täglichen Entscheidungen. Sie sind heute 72 Jahre alt, haben Geld, Macht und Prestige – warum setzen Sie sich nicht einfach zur Ruhe? Weil mir das, was ich tue, Spass macht. Ganz einfach. Und wenn man etwas aufbaut, kommt man irgendwann zu dem Punkt, an dem man merkt, kein anderer kann das so gut wie man selbst. Dann ist es falsch zuzuschauen, wie die Sachen schief gehen, wenn man jemand anderen ranlässt. Was bedeutet Ihnen Geld? Nichts. Ich habe keines. Wie bitte? In unserer Liste der 300 Reichsten der Schweiz belegen Sie mit vier bis fünf Milliarden Franken einen Spitzenplatz. Ich habe fast nichts. Ich verdiene weniger als ein Team-Manager in der Formel 1, ein Drittel von dem, was Ferrari-Chef Jean Todt kassiert. Meine Frau hingegen ist sehr reich. Wie viel Geld brauchen Sie zum Leben? Wohl nicht mehr als Sie. Wofür gibt ein Mann Geld aus? Für ein Hemd, Schuhe, einen Anzug. Die Leute von Boss sind sehr nett zu mir, die geben mir die Hemden. Die Socken bekomme ich von Falke. Anzüge hingegen kaufe ich, das heisst, ich muss sie massschneidern lassen, weil mir die Massenware nicht passt (Ecclestone ist 1,59 Meter klein, Anm. d. Red.). Und Schuhe kaufe ich. Aber die ganze Familie gibt wenig Geld aus. Meine Frau fliegt nur mit der Billig-Airline Ryan Air. Meine Kinder warten auf den Schlussverkauf, bevor sie neue Klamotten kaufen. Das klingt ja fast geizig. Wenn Sie das so nennen wollen, okay. Wenn man es auf die harte Tour lernen musste, was es heisst, Geld zu verdienen, dann lernt man auch den Wert zu schätzen. Ich bedaure, dass meine Kinder das nicht mussten. Deswegen versuche ich Ihnen klarzumachen: Wenn du das kaufst, musst du so und so viele Stunden dafür arbeiten. Und Gott sei Dank haben sie das aufgenommen und sind nicht verschwenderisch. Ganz im Gegenteil. Dann ist es für Sie wichtiger, Geld zu verdienen oder Geld zu haben? Richtig. Wenn man als Geschäftsmann auf einem bestimmten Niveau angelangt ist, dann interessiert man sich nicht mehr für das Geld. Dann will man nur noch wissen, ob man einen guten Job macht. Schumacher hat es einfach: Er ist Weltmeister geworden. Also weiss er, dass er einen super Job gemacht hat. Und die anderen Teams wissen, dass sie jämmerliche Arbeit geleistet haben. Wie soll ich am Ende des Jahres wissen, ob ich einen guten Job gemacht habe? Indem ich Geld verdient habe! Gibt es eigentlich eine vertragliche Form der Absicherung zwischen Ihnen und Ihrer 28 Jahre jüngeren Frau? Nein. Und wenn sie sich in einen hübschen, jungen Fahrer verliebt? Dann muss ich halt ein hübsches, junges Mädchen finden. Was passiert mit der Formel 1, wenn es Sie eines Tages nicht mehr gibt? Sie wäre wahrscheinlich besser. Sie wäre von einem dieser Komitees geleitet. Jeder mag diese Komitees. Also müsste es der Formel 1 nachher besser gehen. Vielleicht bin ich ja falsch gelegen, und die Komitees haben Recht. Sie werden es ja dann sehen.
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