Es war ein schwieriges Jahr für Unternehmenskredite. In den letzten zwölf Monaten sind die Renditen in allen Unterkategorien gestiegen, angetrieben durch steigende Zinsen zur Bekämpfung der Inflation und eine Verringerung der Liquidität, da die Zentralbanken ihre Stimulierungsmassnahmen zurücknehmen. Eine Situation, die durch die geopolitischen Probleme mit dem Russland/Ukraine-Konflikt noch verschärft wurde. Infolgedessen haben sich Billionen von Vermögenswerten mit negativer Rendite sowie Null- und/oder Negativzinsen in den positiven Bereich verschoben.
Auch wenn es für die Anleger in festverzinslichen Wertpapieren ein schmerzhafter Weg war, hat dieses stark veränderte Anlageumfeld den Anlegern in festverzinslichen Wertpapieren eine Rückkehr der Erträge beschert. Diese höheren Gesamtrenditen bieten den Anlegern nun Schutz vor künftiger Volatilität und das Potenzial für attraktive Erträge.
Relativ gesehen hat sich die Rendite europäischer Investment-Grade-Anleihen am stärksten verändert (0,62 Prozent per 31. Dezember 2021 gegenüber 3,81 Prozent per 30. November 2022) und erscheint im Vergleich zu US-amerikanischen (1,59 Prozent per 31. Dezember 2021 gegenüber 2,63 Prozent per 30. November 2022) und Schwellenländeranleihen (1,83 Prozent per 31. Dezember 2021 gegenüber 3,21 Prozent per 30. November 2022) besonders günstig. Dies wird noch deutlicher, wenn man den «Spread to Worst»-Aufschlag gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt betrachtet, der derzeit rund 50 Prozent höher ist.
Tatjana Greil-Castro ist Portfolio Managerin und Co-Head of Public Markets bei Muzinich & Co.
Fokus auf Qualität
Angesichts einer derartigen Entwicklung der Renditen und damit der Preise könnte man meinen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für eine Umschichtung in Kreditpapiere ist. Doch wie würde sich ein solches Umfeld auf die Anlageklasse auswirken, da eine Rezession immer mehr zu befürchten ist? In der Vergangenheit hatten Investment-Grade-Anleihen ein relativ geringes Ausfallrisiko (0,14 Prozent laut Moody’s per 31. Dezember 2021). Es wird erwartet, dass es auch in Zukunft niedrig bleiben wird.
Die Ausfallrate bei europäischen Hochzinsanleihen ist seit 2009 niedrig geblieben – etwa 70 Prozent des Universums bestehen aus Anleihen mit BB-Rating, die in der Vergangenheit eine niedrige Ausfallrate aufwiesen und eine grosse sektorale Diversifizierung bieten. Dadurch wird das Ausfallrisiko wahrscheinlich breiter gestreut, da die Sektoren unterschiedlich auf wirtschaftliche Abschwünge reagieren.
Angesichts der zunehmenden Rezessionsrisiken ist es jedoch wichtig, sich auf die qualitativ hochwertigeren Kreditsegmente zu konzentrieren, um Spreads und Renditen zu erzielen, ohne dabei das Kreditrisiko wesentlich zu erhöhen. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu vor zwölf Monaten, als die Anleger gezwungen waren, in das risikoreichere Ende des Kreditspektrums zu gehen, um die Rendite zu erzielen. Die Verlängerung der Duration würde zwar die Gesamtrenditechancen erhöhen, wenn es zu einer Markterholung kommt, sie würde aber im Falle einer Zinsvolatilität auch zu stärkeren Drawdowns führen. Angesichts der unsicheren Aussichten können Anleger daher immer noch vom Carry profitieren, ohne ihr Durationsrisiko zu erhöhen, indem sie nur auf das kurze Ende des Marktes zugreifen.
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Kredit versus Aktien
Letztes Jahr um diese Zeit, als die Renditen im Investment-Grade-Bereich sehr niedrig waren (0,6 Prozent), wurde den Anlegern im Vergleich zu den Dividendenrenditen von Aktien (2,6 Prozent) nur ein geringer Ausgleich geboten. In der Vergangenheit lagen die Aktienrenditen über den Investment-Grade-Renditen, aber jetzt haben sie sich einander angenähert. Das unterstreicht das attraktive Risiko-Ertrags-Verhältnis von Investment-Grade-Anleihen.
Auf der Grundlage der aktuellen Preise bieten Unternehmenskredite eine überzeugende Anlagemöglichkeit. Dabei bieten europäische Investment-Grade-Anleihen den überzeugendsten Wert. Auf diesen Niveaus gleicht der Preis die Auswirkungen potenzieller Kreditverluste aus, wobei die Möglichkeit eines guten Carry, einer guten Konvexität und eines starken Pull-to-Par besteht.