Was sind die Lehren aus dem Gamestop-Hype? Gabe es wirklich eine Verschwörung gegen Kleinanleger mit Handelsstopp bei Robinhood? Haben die Kleinanleger mit dem Gamestop-Coup wirklich jene getroffen, die sie treffen wollten? Und wie geht es mit der Gamestop-Aktie weiter? 
Antworten auf diese Fragen hier: 

1. Was so hoch geht, kommt oft auch wieder runter

Gestern, am Montag 1. Februar 2021 hat die Aktie von Gamestop einen Drittel an Wert verloren. Trotzdem scheinen viele Anleger vom weiteren Anstieg der Aktie überzeugt. Darauf weisen einerseits die Kommentare im Reddit-Forum hin, andererseits auch eine kleine, persönliche Umfrage von mir auf Twitter.

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Gemäss dieser glauben noch immer 40 Prozent (von 30 Antwortenden), dass die Gamestop-Aktie von derzeit 225 Dollar bis Ende Februar auf 1000 Dollar steigen wird. Dagegen sind 50 Prozent sind der Meinung, dass die Aktie bis dahin auf 20 Dollar fallen wird. Das zweite Szenario schätze ich als wahrscheinlicher ein.

2. Kühl durchgerechneter Coup, der hohe Gewinne gebracht hat

Vor ziemlich genau 145 Tagen erschien der erste Beitrag im Reddit-Forum zum Coup mit Gamestop. Dort wird genau erklärt, wie alles ablaufen wird. Es ist ein genialer Coup, bis ins Detail durchgeplant.

Die Motivation, der Wall Street eine Lektion zu erteilen, wird aus dem Beitrag aber nicht wirklich ersichtlich, sondern es ist einfach eine kühl durchgerechnete Strategie, die in einem Short Squeeze endet. Dann müssen Short Seller Aktien kaufen und treiben die Kurse noch weiter nach oben, was jenen hohe Gewinne beschert hat, die frühzeitig beim Coup dabei waren - wer erst spät eingestiegen ist, wird verlieren.

3. Hedge Funds gehören zu den Gewinnern

Wer Gamestop-Aktien zu Preisen von 300 und mehr Dollar gekauft hat, weil er Wall Street eine Lektion erteilen wollte, dürfte im Rückspiegel irgendwann erkennen, dass er einige wenige Reich gemacht hat.

Darunter übrigens auch einige Hedge Funds, die schon bald auf den fahrenden Zug nach oben bei Gamestop aufgesprungen sind und mitverdient haben. Es gibt sogar Gerüchte, dass Hedge Funds den Short Squeez mitorchestrierten. Auf jeden Fall haben sogenannte Hochfrequenzhändler verdient. Ihr Geschäft ist es genau, auf solche Preis-Züge aufzuspringen und dabei mitzuverdienen.

Das können sie, weil sie schneller als alle anderen Marktteilnehmer handeln können, eben hochfrequent, tausende Trades im Zeitraum eines Augenzwinkerns.

Fazit: Unter den Hedge Funds gibt es zwar Verlierer, aber auch viele Gewinner.

4. Keine Verschwörung gegen Kleinanleger

Die Trading-Plattform Robinhood hat die Käufe von Gamestop-Aktien nicht gestoppt, weil sie Hedge Funds helfen wollte, sondern weil sie ums Überleben kämpfte. Das hat auch Elon Musk herausgefunden als er gestern den Chef von Robinhood in einer Diskussion auf der Talk-Plattform Clubhouse in die Mangel genommen hat. Ein solcher Ansturm auf eine Aktie kann unerwartete Folgen haben (etwas, das ihm Ursprungspost zum Coup nicht vorhergesehen wurde). Da muss ich etwas ausholen, um das zu erklären und vereinfachen: Wenn über Robinhood Aktien gekauft werden, muss Robinhood sozusagen einen Kredit bei einem Broker aufnehmen.

Dabei wissen die Broker, dass diese Kredite meist nicht voll von Kundengeldern gedeckt sind, sondern dass die Kunden auch mit Krediten von Robinhood Aktien kaufen können.

Weil nun sehr viele Robinhood-Kunden zu sehr hohen Kursen in Gamestop-Aktien investierten, die von Kreditgebern nicht als solide eingeschätzt wurden, forderten die Kreditgeber zusätzliche Sicherheiten, also sehr viel zusätzliches Kapital von Robinhood. Das hatte Robinhood nicht.

Deswegen konnten die Aktien nicht mehr gehandelt werden. Das ist etwas, das nicht nur Kleinanlegern passieren kann, sondern auch grossen Hedge Funds, dass Kreditgeber, wenn sie eine waghalsige Strategie bemerken, mehr Sicherheiten, mehr Kapital fordern.

5. Was die Kleinanleger getan haben ist Marktmanipulation

Wenn Aktien nicht wegen ihres Wertes gekauft werden, sondern nur um jemanden in die Enge zu treiben, dann gilt das in den USA als Marktmissbrauch, und wird «Cornering» genannt. Als solches müsste es von Behörden untersucht werden.

Denn es macht die Märkte kaputt, und die Regulatoren müssen ja eigentlich dafür sorgen, dass diese möglichst gut funktionieren. Es mag schon Cornering gegeben haben, aber so offensichtlich, so laut, so öffentlich noch kaum je.

Aber ich denke, in diesem Fall dürften Regulatoren beide Augen zudrücken, aus politischen Gründen.

6. Short Seller sind kaum die Bösen, sondern oft die Guten

Wer den Hollyood-Film «The Big Short» gesehen hat erinnert sich. In der Finanzkrise waren es Short Seller, die den Skandal um die zu Schrottpapiere rund um US-Hypotheken aufdeckten, die sogenannten Subprimepapiere.

Sie stellten sich gegen das Establishment der Wall Street, die mit diesen Papieren handelten und Milliarden verdienten. Sie deckten das auf, wiesen darauf hin, bevor noch mehr Leute geschädigt werden konnten. Darum werden die Short Seller im Film «The Big Short» als etwas schräge Helden gefeiert.

Short Seller decken oft Betrug auf, so etwa jenen um die Deutsche Firme Wirecard. Ohne Shortseller wäre das wohl noch lange nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Dann hätten noch mehr Kleinanleger und Pensionskassen Aktien der Betrugs-Firma gekauft, und wären zu Schaden gekommen.

Es ist damit höchst fraglich, ob jene, die beim Gamestop-Coup mitmachten, um der bösen Wall Street eine Lektion zu erteilen, wirklich die treffen, die sie treffen wollten.