Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Patrik Lang*: Auch im neuen Jahr steht die Zinspolitik der US-Notenbank Fed im Vordergrund. Nachdem diese zu Beginn des Jahres überraschend eine Pause im Zinserhöhungszyklus in Aussicht gestellt hatte, kam es an den Aktienmärkten zu einer Aufwärtsbewegung. Darüber hinaus bleiben der Handelskonflikt zwischen den USA und China, sowie zunehmend schwache Wirtschaftsdaten aus China, wichtige Themen an der Börse. In den kommenden Wochen dürften die Unternehmensergebnisse verstärkt in den Fokus der Anleger geraten. Analysten hatten ihre Schätzungen zuletzt wie üblich nach unten korrigiert. Aufgrund der mittlerweile moderaten Prognosen erwarten wir eher positive Überraschungen.
Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Wir erwarten eine gute Berichtssaison und sehen eine moderat positive globale Konjunkturentwicklung. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass die Aktienmärkte sich in einem Bodenbildungsprozess befinden. Das gilt auch für den Schweizer Aktienmarkt. Wir gehen davon aus, dass der SMI in den nächsten drei Monaten leicht über dem aktuellen Niveau liegen wird.
Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Wir sehen den SMI am Jahresende bei 9300 Punkten. Einschliesslich Dividende entspräche dies einem Potential von etwa 8 Prozent.
Die Euphorie um Bitcoin ist längst verflogen. Hat die digitale Währung eine Überlebenschance?
Seit dem Höchststand von Dezember 2017 ist der Bitcoin-Kurs um rund 80 Prozent gefallen. Die Euphorie um Kryptowährungen im Allgemeinen und spezifisch Bitcoin haben im vergangenen Jahr einen kräftigen Dämpfer erhalten. Das gleiche gilt für das Thema Blockchain. Nach unserer Einschätzung werden die Risiken hinsichtlich Kryptowährungen weiterhin unterschätzt. Unseres Erachtens müssen zunächst technologische, wirtschaftliche und regulatorische Herausforderungen überwunden werden, bevor Kryptowährungen den Status eines sicheren Zahlungssystems und Wertaufbewahrungsmittel erreicht haben.
Der US-Budgetstreit zieht sich weiter in die Länge, der amerikanischen Regierung droht die Zahlungsunfähigkeit. Hat der Konflikt bereits Auswirkungen auf die US-Konjunktur?
Die Haushaltssperre hat mittlerweile dazu geführt, dass 800'000 Staatsbedienstete kein Gehalt erhalten. Sofern der Budgetstreit bis Ende März anhält, könnte die Haushaltssperre das Bruttoinlandsprodukt der USA um etwa 0,3 Prozentpunkte belasten. Allerdings ist zu beachten, dass einige Staatsbedienstete staatliche Unterstützung erhalten. Andere können auf Ersparnisse oder vergünstigte Kredite zurückgreifen. Vor diesem Hintergrund könnten die Beeinträchtigungen geringer als befürchtet ausfallen. Die Haushaltsperre sollte gesamtwirtschaftlich verkraftbar sein, auch an den Kapitalmärkten sind keine Verwerfungen zu erwarten.
Die US-Grossbanken haben diese Woche ihre Jahreszahlen präsentiert, nächste Woche legt die UBS Zahlen vor. Kann das Schweizer Institut mit den amerikanischen Konkurrenten mithalten?
Die US-Banken haben bisher gute Zahlen publiziert. Besonders gut läuft in den USA das Kreditgeschäft, zudem haben die US-Banken ihre Kosten gut im Griff. Im Vergleich dazu erwarten wir bei der UBS eher mässige Resultate, nicht zuletzt weil das Kreditgeschäft in der Schweiz und Europa kaum wächst und unter Margendruck leidet. Es ist davon auszugehen, dass der wichtige Bereich Vermögensverwaltung das Schlussquartal der UBS belastet hat: die Passivität der Kunden dürfte sich negativ auf die Profitabilität ausgewirkt haben. Hinzu kommt, dass die UBS weiterhin ein Kostenproblem mit sich trägt. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eher keine positiven Überraschungen.
Brasiliens Börse ist seit dem Amtsantritt von Präsident Jair Bolsonaro im Höhenflug. Wird die Euphorie von Investoren über den Machtwechsel im Schwellenland anhalten?
Die Euphorie ist darauf zurückzuführen, dass zu den Prioritäten des neuen Präsidenten eine Reduzierung der öffentlichen Schuldenlast mithilfe einer Reform des Pensionssystems gehört. Die Tatsache, dass Bolsonaro sich derzeit grosser Beliebtheit erfreut und seine Partei vor Kurzem bekannt gab, dass sie Rodrigo Maia als Sprecher des Repräsentantenhauses unterstützen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass seine Reformen vom Kongress gebilligt werden. Für die alles entscheidende Rentenreform benötigt er jedoch eine qualifizierte Mehrheit im Kongress, was wiederum schwierig werden kann. Letztendlich hängt die Nachhaltigkeit der Preisentwicklung davon ab, ob die neue Regierung ihr Reformprogramm durchsetzen kann.