Stefan Schörghuber (41) ist Vorstandsvorsitzender der Schörghuber Unternehmensgruppe. | ||
Diese gliedert sich in die Unternehmensbereiche Bauen, Immobilien, Flugzeugleasing, Getränke und Hotels. Die Erfolgsstory der Schörghubers begann in den Nachkriegsjahren, als der 1920 geborene Josef Schörghuber eine grosse Wiese in München kaufte und auf ihr das Stadtviertel Arabellapark errichten liess. Nach seinem Tod übernahm Sohn Stefan 1995 das Unternehmen. Nach einer Konsolidierungsphase setzte er in den beiden letzten Jahren auf Expansion und Internationalisierung. Der grosse Schritt im Hotelbereich war das Joint Venture der Schörghuber Unternehmensgruppe mit dem amerikanischen Partner Starwood Hotels & Resorts. Anfang 2002 übertrug Schörghuber dieses Modell auf den Biersektor. Gemeinsam mit Heineken und der deutschen Karlsberg-Brauerei will er in Kürze den deutschen Biermarkt anführen. Schörghuber zählt laut «Manager Magazin» zu den wohlhabendsten Deutschen. In der Schweiz besitzt er neben den vier Davoser Hotels Seehof, Waldhuus, Derby und Bellavista das ArabellaSheraton Vitznauerhof in Vitznau und das ArabellaSheraton Neues Schloss in Zürich. |
BILANZ: Herr Schörghuber, uns fällt Ihr grosses Engagement in der Schweizer Hotellerie auf. Wie kommen Sie dazu, über 50 Millionen Franken in der Schweiz zu investieren?
Stefan Schörghuber: Es liegt nahe für uns, dort zu investieren, wo wir als Deutsche oder Bayern gerne hinfahren. Zudem sind in der Schweiz die kulturellen Rahmenbedingungen ähnlich, was uns das Verständnis erleichtert, was man hier will und braucht. Da wir unsere Hotels in der Regel ja nicht nur im Management- und Franchising-Vertrag betreiben, sondern meist auch Eigentümer sind und die gesamte Verantwortung inklusive jener für die Baumassnahmen tragen, ist es wichtig, an einem Ort zurechtzukommen – und da scheint uns der Faktor der kulturellen Mentalität von entscheidender Bedeutung.
Mit dem Kauf und der Erweiterung von gleich vier Hotels in Davos sind Sie der grösste Investor in der jüngeren Davoser Hotelgeschichte. Warum gerade Davos?
Vor Davos stand der strategische Entscheid, in der Schweiz Fuss zu fassen. Dabei war auch der Zufall im Spiel. Wir haben uns für Zürich interessiert und für ein paar Bergorte, die für den deutschen Markt von Interesse sind. Für Davos hat – neben dem WEF – einiges gesprochen. Das Stichwort «Lage, Lage, Lage» ist gegeben, Davos ist von Deutschland aus bequem zu erreichen, hat eine schöne Landschaft, die Schlagkraft einer Stadt, ein einzigartiges Ambiente, eine breit gefächerte Gastronomie – kurz: Das Gesamtangebot der Destination Davos überzeugte uns.
Werden Sie jetzt, da Klaus Schwab die Absicht geäussert hat, mit dem WEF definitiv in Davos bleiben zu wollen, Ihr Derby-Hotel als superluxuriöses Fünfsternhaus neu errichten?
Wir haben ganz sicher Ideen und Pläne für das «Derby». Aber zuerst wollen wir unsere bestehenden Hotelprojekte fertig stellen und richtig platzieren, ehe wir darangehen, dem «Derby» seinen neuen Platz in der Davoser Hotellerie zu verschaffen.
Wovon lassen Sie sich als Unternehmer leiten?
Wir investieren nur dort, wo wir der Meinung sind, dass die Lage, die Infrastruktur, das Marketing stimmen – und natürlich das Produkt.
Worauf basiert Ihr Zukunftsglaube an den Tourismus?
Die Hotellerie- und Tourismusindustrie ist aus verschiedenen Gründen ein grosser Wachstumsmarkt. Erstens nimmt die Weltbevölkerung immer noch zu. Zwar haben viele Menschen heute noch nicht das Einkommen zum Reisen, aber das wird sich in Zukunft positiv verändern. Zweitens bedeutet Tourismus in unserer Zivilisation heute nicht nur Ferienmachen oder die reine Tagung, sondern profitiert vom Customer-Relations-Management, das mittlerweile auch in Europa ein bekannter Begriff ist. Moderne Unternehmen pflegen ihre Kunden, führen sie an ihr Produkt heran, und der Tourismus bildet die Plattform dazu.
Ein Meilenstein in der Entwicklung Ihrer Hotelgruppe war die Partnerschaft mit Starwood Hotels & Resorts.
Wir haben seit vier Jahren ein Joint Venture mit Starwood Hotels & Resorts, die weltweit im oberen Segment rund 780 Hotels mit verschiedenen Marken betreiben. Dieses Joint Venture bringt uns internationale Präsenz und Zugang zum weltweiten Reservierungssystem von Starwood. Zudem können wir überall dort, wo wir Immobilien haben, insbesondere in unseren Kernmärkten Deutschland, Schweiz und Mallorca, die Marken ArabellaSheraton, Four Points und The Luxury Collection betreiben.
Welche Überlebenschancen räumen Sie den grossen gewachsenen Familienbetrieben ein, wie sie etwa in der Schweiz üblich sind?
Das gesamtheitliche Angebot einzelner herausragender Resort-Hotels lässt zu, dass diese auch in Zukunft erfolgreich sein können. Hotels, die in sich keine eigenständige Destination darstellen, können ohne Verbund oder Marketingpartner auf Dauer nicht mehr existieren, weil sie zu hohe Tour-Operator-Gebühren bezahlen und ihre Häuser zu bestimmten Zeiten mit anderen Zielgruppen füllen müssen. Wenn man da nicht die Möglichkeiten hat, mit Marketingpower und starkem Vertrieb an die Kunden heranzukommen, geht es einfach nicht mehr. Ein einzelnes Haus kann beispielsweise kaum bei Siemens vorsprechen und sagen, man habe für zwei Wochen attraktive Tagungskapazitäten. Das können nur Gruppen wie wir, weil wir genügend Marketingleute haben und mit Siemens so viele Geschäfte abwickeln, dass man von einem Gesamtangebot ausgehen kann. Ein einzelnes Hotel wird das finanziell nicht leisten, weil die Leute, die man hier für den gezielten Verkauf aufbieten müsste, viel zu teuer wären. Auch haben unabhängige Hotels nicht mehr das Geld und den zeitlichen Vorlauf, um eine Marke aufzubauen. Diese Zeiten sind einfach vorbei.
Wie viele Nächte verbringen Sie jährlich in Hotels?
Zu viele!
Wo könnte die Schweiz touristisch zulegen?
Man müsste wieder vermehrt aufs Marketing achten und in die Zukunft investieren. Das Wichtigste ist, dass sich die Schweiz wieder auf ihre unzähligen positiven Werte besinnt, die einem kaum ein anderes Land nehmen kann. Daraus muss man moderne, gesamtheitlich durchdachte Angebote kreieren.
Wie führen Sie Ihre Gruppe?
Die verschiedenen Unternehmensbereiche haben alle ein eigenes Management, das je nach Region wieder Tochtergesellschaften mit eigenem Management hat. Die Unternehmensgruppe insgesamt kontrolliert die Unternehmensbereiche in einem vierköpfigen Vorstand, wo jeder unterschiedliche Ressorts abdeckt. Jeder dieser vier Vorstände hat neben den zentralen Funktionen einen Unternehmensbereich, den er operativ betreut. Neben meiner Funktion als Vorsitzender des Zentralvorstandes der Schörghuber Unternehmensgruppe bin ich auch Vorsitzender des Aufsichtsrates im Unternehmensbereich Hotels.
Gerade haben Sie mit dem «Mardavall Spa & Resort» das teuerste Hotel eröffnet, das je auf Mallorca erbaut worden ist: über 800 000 Franken pro Zimmer, hochgerechnet auf die ganze Anlage. Werden Sie dort je einen Gewinn erzielen?
Das Hotel ist besser angelaufen als erwartet. Den höchsten Zimmerdurchschnittspreis auf Mallorca haben wir jedenfalls bereits erreicht. Dass wir nicht billig sind, mag zutreffen, aber der «Mardavall»-Gast erhält einen wahnsinnigen Mehrwert an Wellness, an Ambiente, an Tagungsmöglichkeiten. Das normale Zimmer misst rund 50 Quadratmeter und verfügt über wegweisende Hightech-Ausstattungen und riesige Bäder. Ich glaube, wenn unser Gast dieses Mehrwert-Gefühl hat und sich dabei auch noch wie zu Hause fühlt, dann wird er auch ein gutes Gefühl bei der Begleichung der Rechnung haben.
Wie läuft der Vorgang eines Hotelneubaus in Ihrer Gruppe ab?
Bevor wir zu bauen beginnen, überlegen wir uns von der Basis her, welche Möglichkeiten man für das geplante Hotel abdecken kann und will. Danach machen wir mathematische Spielchen, ob man jetzt mehr auf Tagungen, Wellness usw. setzt, und untermauern das Ganze mit ausführlichen Businessplänen, um dann eine Entscheidung treffen zu können. Viele meiner Mitbewerber bauen auch heute noch einfach drauflos. Sie wollen ein Hotel, haben ein Grundstück und eine Baugenehmigung, und wenn sie dann zur Hälfte fertig gebaut haben, suchen sie einen Hotelbetreiber und finden keinen namhaften, weil sich solche nicht ihr Image mit einem unstimmigen, nicht rentabel zu führenden Haus ruinieren wollen. Wir sagen: zuerst denken und dann handeln und nicht umgekehrt.
In welchem Rahmen bewegen sich die Renditen, die Sie erwarten?
Die müssen schon im zweistelligen Bereich sein. Sonst macht es keinen Sinn. Ein Hotel muss sich innerhalb von 20 Jahren gerechnet haben, weil spätestens dann das Produkt grundlegend verbessert werden muss. Und wenn man die Haustechnik betrachtet, worunter auch die heutigen Hightech-Badezimmer fallen, muss diese innert 15 Jahren ausgewechselt werden. Je nach Hotel und laufenden Investitionen liegt die Rendite zwischen 10 und 20 Prozent. Wenn man ein fantastisches Wellness-Center hat, muss die Rendite natürlich mehr nach oben gehen; wenn ein normales Schwimmbad reicht, dann kann sie nach unten gehen, aber man hat dafür auch nicht diese enormen Kosten am Hals.
Auch in Ihren anderen Unternehmensbereichen setzen Sie auf Expansion. Wie steht es derzeit im Bereich Flugzeugleasing?
Wir kaufen Flugzeuge und vermieten sie – derzeit mit einer Flotte von 28 Flugzeugen zwischen Brasilien und Australien. Das Geschäft läuft, unsere Wunschmieten erzielen wir momentan allerdings nicht.
Die Swiss könnte ein Kunde sein …
Wenn die Kreditfähigkeit vorhanden wäre.
In Ihrem Unternehmensbereich Immobilien setzen Sie auf Grundstücksentwicklung. Wie sieht da die Marktlage aus?
Nicht einfach, aber der Markt für interessante neue Produkte ist unverändert vorhanden.
Das Stadtviertel Arabellapark in München, mit dem Ihr Vater bekannt und reich geworden ist, steht dafür Modell, wie man Werte schaffen kann.
Den Arabellapark könnte man von der Systematik, von der Methode als Modell nehmen. Dass man heute nicht mehr so bauen würde, steht auf einem anderen Blatt. Unsere Aufgabe ist es nun, den Arabellapark in die heutige Zeit hinüberzumanövrieren. Das fängt mit einfachen Dingen an: Wo früher etwa eine ganz normale Kneipe stand, lockt heute ein trendiges Sushi-Restaurant.
Hatte Ihr Vater auch im Ausland diese Developer-Funktion?
Mein Vater engagierte sich zu 80 Prozent in Deutschland, den restlichen Teil vor allem auf Mallorca. Heute sind wir auch im Osten stark, in Ungarn, in Polen und in anderen Ländern. Diese Märkte sind mit modernen Projektentwicklungen ebenso wenig vertraut wie mit zeitgemässem Marketingdenken. Da haben wir einiges zu bieten. Wir kaufen Grundstücke, entwickeln sie gesamtheitlich, bebauen sie teilweise, und dann verkaufen wir sie.
Im Bierbereich ist Deutschland immer noch sehr zerstückelt. Man erwartet schon seit vielen Jahren eine starke Konzentration im Biermarkt. Als grossen Coup verbandelten Sie Ihre Paulaner Brauerei mit der führenden europäischen Braugruppe Heineken.
Wir sind dabei, mitzuhelfen, dass die Konzentration schneller geht. Wir haben seit Jahresanfang ein Joint Venture mit der Heineken-Gruppe, und vor kurzem haben wir bekannt gegeben, dass sich dieses Joint Venture noch an der deutschen Karlsberg-Brauerei beteiligt, sodass wir jetzt schon die Nummer drei in Deutschland sind. Gemeinsam wollen wir auch die internationale Präsenz der Marke Paulaner beschleunigen.
Ist diese Dynamik im deutschen Biermarkt ansteckend?
Die Strukturen sind in Deutschland so, dass man auf sehr viele mittelständische Brauereien trifft, die zum grossen Teil um ihre Zukunft bangen. Wie aufgeschlossen diese Familienbetriebe sind, wird man sehen. Kurz nach der Bekanntgabe unseres Joint Venture mit Heineken im Spätsommer 2001 haben in Deutschland jedenfalls viele darüber nachgedacht, was das alles bedeuten kann. Ende letzten Jahres wurde dann bereits die Brauerei Beck übernommen. Beck war eigentlich der Inbegriff eines Familienunternehmens mit 64 Gesellschaftern, die zuvor jedem versichert haben, es komme nie zu einem Verkauf. Karlsberg machte eine ähnliche Entwicklung durch, bevor die Verantwortlichen von sich aus zu uns gekommen sind. Die meisten Brauer sagen heute nach wie vor Nein zu jeder Partnerschaft, aber ich glaube, sie werden keine Wahl haben. 1300 Brauereien in Deutschland haben keine Chance ohne klare Strukturen.
Haben Sie sich zum Ziel gesetzt, die Nummer eins zu werden?
Das wird sich schnell geben. Wir wollen auf jeden Fall Marktführer auf dem deutschen Biermarkt werden. Dabei sind uns Marktanteile wichtiger als Umsatzzahlen. Viele Brauer meinen, dass Hektoliter gleich Rendite ist. Das sehen wir völlig anders.
Sie sind dabei, die Gesellschaften, die noch börsennotiert sind, von der Börse zu nehmen.
Ja, wir haben zum Beispiel gerade ein so genanntes Squeeze-out für unsere Bayerische Brau-Holding AG durchgeführt. Unsere Unternehmensgruppe hat es, Gott sei Dank, nicht nötig, sich der Börse ausliefern zu müssen. Wir können unser Wachstum in allen fünf Unternehmensbereichen aus eigener Kraft finanzieren.
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