Die Aktien des Biotech-Start-ups Idorsia glänzen mit einer Verdoppelung des Kurses – obwohl erst im Sommer 2017 an die Börse gekommen. Die Kapitalisierung stellt sich auf stolze 3,2 Milliarden Franken. Dabei hat die Firma noch kein Medikament auf den Markt gebracht, damit rechnen Analysten frühestens in drei bis vier Jahren. Auch finanziell sieht es eher verhangen aus: Für 2019 prognostiziert Vontobel einen Umsatz von gerade einmal 30 Millionen, und dies bei einem geschätzten Nettoverlust von über 400 Millionen.
Woher also beziehen die Aktien ihre Fantasie? Die Anleger setzen auf zwei Namen: Jean-Paul (62) und Martine Clozel (61), er VR-Präsident, sie Forschungschefin. Das Ehepaar steht für höchst erfolgreiches Unternehmertum. Es brachte bereits die von ihm mitgegründete Biotechfirma Actelion zur Blüte und versilberte die Firma jüngst für 30 Milliarden Dollar an den US-Konzern Johnson & Johnson. Für sein Aktienpaket kassierte das Duo 1,5 Milliarden.
Geduldig und risikofreudig
Aus dem Verkauf herausgelöst und in Idorsia überführt wurden gegen ein Dutzend Wirkstoffe in der Entwicklungsphase. Die Amerikaner haben für deren Entwicklung eine Milliarde eingeschossen und halten 9,9 Prozent der Aktien. Die Clozels kontrollieren mehr als ein Viertel. Sollte bei Idorsia einmal finanzielle Not herrschen, dürfte auch das reiche Ehepaar einspringen, um das Jungunternehmen aus Allschwil BL durch schwere Zeiten zu bringen.
Ausschlaggebend jedoch ist die Pipeline. Im Frühstadium befinden sich Medikamente gegen Bluthochdruck, Schlaflosigkeit oder Epilepsie. Zudem winken Lizenzgebühren. Und auf dem Gebiet der Krebsimmuntherapie forscht Idorsia mit ihren Hunderten von Wissenschaftlern neu zusammen mit Roche. Wer Geduld aufbringt und Risiken nicht scheut, für den sind die Aktien eine attraktive Wette auf die Zukunft.
Wachstumsstark: VAT
Zwar schon etwas länger am Aktienmarkt als Idorsia, doch nicht weniger beeindruckend in Sachen Performance präsentiert sich VAT. Die Aktien haben seit dem Börseneinstand im Frühjahr 2016 auf das Dreifache zugelegt. Das auf Vakuumventile spezialisierte Unternehmen profitiert vom Boom in der Halbleiter- und Displayindustrie, denn die VAT-Produkte werden für die Herstellung von Flachbildschirmen, Mikrochips und Solarmodulen benötigt.
Das Wachstum der im St. Galler Rheintal beheimateten Firma ist beeindruckend; für 2017 erwarten Analysten einen um 30 Prozent höheren Umsatz und einen fast doppelt so hohen Gewinn. Die Zuwachsraten werden sich zwar etwas abschwächen, bleiben aber auch über die nächsten Jahre beeindruckend. Der neue CEO Michael (Mike) Allison (54) übernimmt ein gut geöltes Unternehmen.
Grösster Trumpf ist die Ertragsstärke; die Ebitda-Marge stellt sich auf über 30 Prozent, der Reingewinn erreicht gut ein Fünftel des Umsatzes. Bei solchen Zahlen vermag es kaum zu verwundern, dass die Aktien kein Geheimtipp mehr sind. Nur hat die Performance das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2018 auf 29 hochgetrieben. Das ist zwar teuer, doch nicht überteuert für einen Wachstumswert. Allerdings sind die Valoren mit einigen Risiken belastet; wenn der Halbleitermarkt einbricht, ist auch das Kursfeuerwerk bei VAT vorbei.
Begrenztes Kurspotenzial bei Metall Zug
Jahrelang klimperte viel Cash in der Kasse der Metall Zug, zuletzt mehr als 500 Millionen Franken. Dass da irgendwann eine grössere Übernahme kommt, war klar. Dennoch vermochte die Meldung von Ende Dezember zu überraschen: Das Zuger Unternehmen erwirbt 70 Prozent von Haag-Streit.
Ein Kaufpreis wurde nicht genannt, doch kann man davon ausgehen, dass Metall Zug tief in die Tasche greifen musste. Immerhin waren etwa 40 Unternehmen an einer Übernahme interessiert, auch aus China. Denn Haag-Streit ist eine Perle der Medizinaltechnik; die Berner Firma vertreibt Produkte und Dienstleistungen für Diagnose und Chirurgie, vor allem in der Augenheilkunde und der Mikrochirurgie. Bei einem Umsatz von gegen 200 Millionen resultiert eine Ebitda-Marge von knapp 16 Prozent.
Haag-Streit poliert die Gewinnmarge der Zuger auf – das wars aber auch schon. Metall Zug ist in drei Bereichen tätig: Haushaltapparate ( V-Zug, Sibir, Gehrig), Desinfektionsanlagen und Systeme für die Kabelverarbeitung. Von Synergien keine Spur. Und jetzt kommt ein viertes Gebiet dazu. Das bedeutet Integrationskosten, zusätzliche Arbeit – und kaum Synergien. Die Börse beklatschte die Akquisition; waren die Aktien im Herbst nach einer Gewinnwarnung abgestürzt, so haben sie sich mit der angekündigten Übernahme wieder etwas erholt. Ich bleibe skeptisch. Die Aktien sind solide, doch kein Brüller. Im Klartext: Das Kurspotenzial ist begrenzt.
Ballast weg bei Arbonia
Der Niedergang der einst stolzen AFG Arbonia-Forster erstreckte sich über Jahre. Bis 2015 Franke-Besitzer und Multimilliardär Michael Pieper (71) als Aktionär einstieg. Der Industrielle hat dem aus der Spur geworfenen Unternehmen aus Arbon eine Schlankheitskur verschrieben. Über die letzten Wochen wurden die Condecta-Gruppe, die Forster Profilsysteme sowie Immobilien in Altstätten abgestossen. Entrümpelt wurde auch der Firmenname, von AFG Arbonia-Forster zum schlankeren Brand Arbonia.
Mittlerweile dürften die Säuberungen zu Ende sein. Die Firma hat sich von einem wild zusammengewürfelten Bauzulieferer zu einem klar strukturierten Unternehmen mit den Geschäftszweigen Gebäudetechnik, Türen und Fenster gewandelt. Nun liegt es am CEO und VR-Präsidenten Alexander von Witzleben (54), die Gruppe neu zu positionieren.
An der Börse ist die erfolgreiche Umstrukturierung kaum beachtet worden, die dividendenlosen Titel stehen seit vergangenem Frühling sogar unter leichtem Abgabedruck. Das kann kaum verwundern. Einmal haben die Aktien bereits 2016 zwei Drittel an Wert zugelegt. Ausserdem sind die Valoren mit einem für das laufende Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 29 bereits hoch bewertet und eskomptieren damit einiges der erfreulicheren Zukunft. Vorderhand sehe ich keinen Grund, in Arbonia einzusteigen.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch
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