Steigende Lebenserwartung, scheinbar unaufhaltsam kletternde Gesundheitsausgaben sowie Quantensprünge in der medizinischen und biologischen Forschung sind nur einige der Schlagworte, die hinter den phänomenalen Kurssteigerungen einzelner Firmen aus der Gesundheitsbranche stecken. Mit Blick auf die nächsten zwanzig bis dreissig Jahre darf man denn auch davon ausgehen, dass dieser Bereich zu den grossen Gewinnern gehören wird.

Allein die Veränderung der Alterspyramide der Industrieländer mit einer 50- prozentigen Steigerung des Anteils der über 65-Jährigen wird die Nachfrage massgeblich anheizen. Denn Pensionierte weisen im Durchschnitt fünfmal höhere Gesundheitsausgaben als Erwerbstätige auf.

Bei all diesem Optimismus aus Anlegersicht gehen jedoch wesentliche Dinge meist vergessen. Einerseits ist der Bereich Healthcare (auf Deutsch: Gesundheitswesen) äusserst heterogen, was sich auch in den Anlagefonds und deren Performance widerspiegelt. Er reicht von der hochgejubelten, mit fantastischen Kurssteigerungen, aber ebenso atemberaubenden Risiken behafteten Biotechnologie bis zu eher konservativen Firmen für Spitalbedarf.

Dazwischen liegen Pharmamultis wie Novartis, Roche, Pfizer, Merck, GlaxoSmithKline, und wie sie alle heissen. Aber auch Medizinalfirmen wie Straumann, Disetronic und Phonak aus der Schweiz gehören dem Sektor Healthcare an. Andererseits rücken meist nur ganz besondere Segmente wie die Biotechnologie auf Grund ihrer spektakulären Kursausschläge in den Mittelpunkt des Interesses. Dies führt bei den Anlegern oft zu Konfusionen. Begriffe wie Healthcare, Pharma, Biotechnologie und Medizinaltechnik werden fälschlicherweise als Synonyme verwendet, was beim Investitionsentscheid zu ungewollten Verzerrungen in der Anlagestrategie und bezüglich des Risikos eines Portfolios führen kann.

Dabei ist die Situation nicht besonders kompliziert: Healthcare ist der Oberbegriff. Pharma, Biotechnologie und Medizinaltechnik sind einzelne Sektoren daraus. Für den Anleger besonders wichtig erscheint uns das Bewusstsein, dass die Biotechnologie nur einen sehr speziellen Sektor darstellt und verglichen mit dem Sektor Pharma ein Winzling ist. Zudem steckt die Biotechnologie in einer völlig anderen, viel jüngeren und risikobehafteten Entwicklungsstufe als die traditionelle Pharmabranche. Die meisten Biotech-Firmen sind einzig in der Forschung engagiert, haben den Charakter von Smallcaps oder gar Start-ups, und der Erfolg steht und fällt mit den Forschungsergebnissen. Oft haben Biotech- Firmen noch nie auch nur einen einzigen Franken erwirtschaftet und weisen hohe Burn-Rates (Kapitalverbrauch) auf, womit der Wert allein im Potenzial steckt, das letztlich niemand genau abschätzen kann. Dass solche Firmen riesige Chancen und damit auch entsprechende Risiken verkörpern, liegt auf der Hand. Investments in diesem Bereich sollten deshalb nur mit diesem Bewusstsein erfolgen und am ehesten mit gut diversifizierten Anlagefonds vorgenommen werden.

Ähnliches gilt für die Medizinaltechnik; auch dies ist ein Sektor, der verhältnismässig klein ist und hauptsächlich von mittleren und kleineren Unternehmungen dominiert wird, die sich oft in Nischen bewegen. Solche Firmen, die eine Nischenpolitik betreiben, scheitern nicht selten am eigenen Erfolg. Starkes Wachstum führt oft zum Verlassen der Nische, das heisst des Kerngeschäfts, was neben Margenerosionen oft ein erhebliches finanzielles Risiko darstellt. Damit weist auch die Medizinaltechnik hohe Chancen und Risiken auf.

Als dritter wichtiger Faktor muss die politische Brisanz angeführt werden. Ein Grossteil der Gesundheitskosten sowohl in Europa als auch in den USA werden durch staatlich kontrollierte Kassen bezahlt. Damit kann die gesamte Gesundheitsbranche immer wieder zum Spielball der Politik werden. Aber auch die Forschung löst immer wieder politische Kontroversen aus. So führte im Frühjahr 2000 die Rede des damaligen amerikanischen Präsidenten Clinton zu einem jähen Kursrückgang im Biotech-Sektor, und im Umfeld der Präsidentschaftswahlen gehörte die Pharmaindustrie zu denjenigen Sektoren, die im Fall einer Niederlage Gores am häufigsten als Gewinner genannt wurden. Die Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Interessen im Gesundheitswesen zählt sicherlich zu den negativen Einflussgrössen.

Wer sich nicht von diesem Wermutstropfen abschrecken lässt und, losgelöst von kurzfristigen Ausschlägen, das langfristige Potenzial des Gesundheitswesens nutzen möchte, sollte in der Diversifikation weit gehen. Ausschläge sind oft von Euphorie und Gier in einer Aufwärtsphase und von Pessimismus und Panik in einem Abwärtstrend geprägt. Angezeigt ist deshalb, in die gesamte Branche zu investieren und einen Healthcare-Fonds zu erwerben, der alle Sektoren abdeckt. Dass dabei der kurzfristige Performanceausweis weniger spektakulär ausfällt als bei Biotechnologiefonds, versteht sich von selbst.

Langfristig ist so von den eingangs erwähnten Grundtrends zu profitieren, ohne zu stark von den Kapriolen im Biotech-Sektor abhängig zu sein. Obwohl die Fonds auf den ersten Blick recht ähnlich strukturiert sind – so finden sich unter den zehn grössten Positionen bei den Fonds von «Zürich», Clariden, CS, Swissca, DWS, Robeco, UBS, BBL und Vontobel fast überall die gleichen Na- men –, sind die Performancedifferenzen nicht unerheblich. Der Grund liegt einerseits in der Sektorengewichtung und ganz besonders in der Titelselektion bei den mittleren und kleineren Gesellschaften. Der Fonds der «Zürich» brillierte hier ganz besonders, weist aber durch die tendenziell stärkere Gewichtung der Sektoren Biotech mit rund 25 Prozent und Medtech mit rund 13 Prozent des Fonds per Ende Januar 2001 auch ein höheres Risiko auf.
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