Als der Ölpreis vor drei Jahren erstmals über 100 Dollar stieg, entfachte dies in der Öffentlichkeit eine Riesenpolemik. Bereits ein Jahr später waren für die 159 Liter pro Fass Rohöl bloss noch gut 32 Dollar zu bezahlen – das Thema verschwand aus den Schlagzeilen. Inzwischen stehen die Notierungen fast unbemerkt wieder an der Schwelle zu 100 Dollar. Die Aufregung hält sich jedoch in Grenzen. Der Dollarzerfall hat die Verteuerung bisher weitgehend gedämpft. Nun aber bringen die steigenden Preise die Konsumenten allmählich ins Schwitzen. In der Schweiz kosten 100 Liter Heizöl wieder um die 90 Franken. Nur von Ende 2007 bis Ende 2008 lag der Preis darüber. Mit der Blockierung der Schifffahrt im Rhein dürften Heizöl und Benzin vorübergehend noch deutlich teurer werden. Getrieben wird der Preisanstieg diesmal weit weniger von Spekulanten, sondern er dürfte fundamental begründet sein. Neben der Wirtschaftserholung in den Industrieländern steigert der ungebändigte Energiehunger der aufstrebenden Schwellenländer, besonders Chinas und Indiens, die Nachfrage nach allen Rohstoffen, die zur Energieerzeugung dienen. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) löste China die USA bereits 2009 als weltweit grösster Verbraucher ab. So steigen im Gleichschritt mit dem Ölpreis auch die Kosten der anderen relevanten Energieträger wie Kohle oder Uran. Damit wächst die Bedeutung erneuerbarer Energiequellen etwa aus Solar- und Windanlagen sowie der Infrastruktur. «Nur durch das Zusammenspiel aller verfügbaren Energiequellen und Effizienzsteigerung ist die Versorgungssicherheit langfristig gewährleistet», sagt Roberto Cominotto, Portfoliomanager bei Swiss & Global Asset Management (siehe Interview «Ich rechne mit über 100 Dollar pro Fass»). Während die Verbraucher unter den Energiekosten ächzen, freuen sich Anleger über höhere Renditen. Neben Rohstoffanlagen haben sie dabei eine breite Palette an Finanzprodukten und Aktien von Firmen aus der Energieerzeugung und -versorgung zur Auswahl. In der folgenden Übersicht beurteilt BILANZ für jeden Sektor die Anlagechancen und -risiken. Kleine Ölfirmen im Vorteil. «Das Angebot hält mit dem wachsenden Verbrauch nicht Schritt», stellt Rohstoffanalyst Dominic Schnider von UBS Wealth Management Research fest. Die Länder ausserhalb des Opec-Kartells werden in diesem Jahr die Ölproduktion deutlich weniger stark steigern können als 2010. Die Opec-Länder hingegen werden zwar die Produktion deutlich ausweiten, aber zu einem höheren Preis. Experte Schnider erwartet deshalb einen Preisanstieg beim Erdöl von 15 bis 20 Prozent im laufenden Jahr. Davon profitieren besonders kleine Fördergesellschaften, ist Otto Waser, Energiespezialist und Anlagestratege beim Vermögensverwalter R&A Group, überzeugt: «Die Aktienkurse fokussierter Produzenten wie etwa Occidental Petroleum oder Apache reagieren deutlich sensitiver auf die Preisbewegungen von Rohöl als diejenigen von integrierten Konzernen. Sie werden nicht vom stagnierenden Raffineriegeschäft beeinflusst und weisen zudem meist hohe nachgewiesene Reserven sowie ein überdurchschnittliches Wachstum der Fördervolumen aus.» Direkt auf steigende WTI-Ölpreise setzen währungsgesicherte Zertifikate wie zum Beispiel jenes von Goldman Sachs (Valoren-Nr. 10 216 012). Eine deutlich aggressivere Variante ist der nicht währungsgesicherte Mini-Future Long (Valoren-Nr. 11 718 828) auf den Brent Crude Oil von der Royal Bank of Scotland. Mit diesem Hebelprodukt kann überdurchschnittlich an höheren Ölnotierungen partizipiert werden. Unterschreitet jedoch der Ölpreis die Schwelle von etwa 75 Dollar pro Fass, so wird das Produkt liquidiert, und der Anleger erleitet einen Verlust. Erdgasgewinn flüchtig. Als Referenzgrösse dient beim Erdgas in der Regel der Preis des «Henry Hub Natural Gas» an der New Yorker Warenterminbörse. Während die Gaspreise in Westeuropa stark reguliert sind, spielt an den Rohstoffbörsen in den USA der freie Markt. Ebenso flüchtig wie das Gas ist auch die Preisentwicklung. 2010 verdunsteten in den Depots der Anleger rund 21 Prozent der Gasinvestments. Für 2011 ist keine rasche Erholung in Sicht. Dank neuen Fördertechniken werden Vorkommen, die bisher nicht interessant waren, nun wieder rentabel. Damit steigt das Angebot. Zusätzlich drücken höhere Produktionskapazitäten bei verflüssigtem Erdgas (LNG) auf die Notierungen. Langfristig weist Erdgas jedoch durchaus Potenzial auf, da die Umweltbelastung im Vergleich zu Kohle, dem primären Konkurrenten in der Energienutzung, deutlich geringer ist. Wegen der hohen Preisschwankungen sollten Anleger jedoch nicht direkt auf den Gaspreis spekulieren, sondern Aktien von günstig bewerteten Firmen aus diesem Segment ins Auge fassen. Besonders interessant erscheint da der weltgrösste Gasproduzent Gazprom. Die Russen sind mit etwa 30 Prozent Anteil der Marktführer in Westeuropa. Die Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2011 von gerade mal 4,7 bewertet. Kohle bleibt heiss. Noch vor wenigen Jahren galt Kohle als Auslaufmodell. Besonders in westlichen Ländern ist die Energiegewinnung aus Kohlekraftwerken wegen der starken Umweltbelastung durch Kohlendioxid verpönt. Dennoch stieg der Anteil von Kohle am weltweiten Primärenergieverbrauch wieder auf 28 Prozent. Im Jahr 2000 hatte der Wert noch bei 24 Prozent gelegen. Vor allem die aufstrebenden Länder in Asien setzen auf den schwarzen Rohstoff. In China werden rund 80 Prozent der landesweiten Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken gewonnen – dafür verbraucht das Riesenreich über die Hälfte der weltweit geförderten Kohle. Überschwemmungen wie jüngst in Australien, dem global wichtigsten Kohleexporteur, haben für weitere Preissteigerungen bei Kokskohle gesorgt. Die Förderung dürfte auf Monate hinaus behindert bleiben und das Angebot entsprechend knapp. Trotz gestiegenen Kursen bleiben Aktien im Kohlesektor weiterhin interessant. Eine diversifizierte Anlagemöglichkeit bietet dazu der ETFX DAXglobal Coal Mining Fund (DE000A0Q8NB0 in Euros) von ETF Securities. Im zugrunde liegenden Index enthalten sind nur Unternehmen, die mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes in Kohlebergbau, Kohletransport oder mit Bergbauzubehör erzielen. Zudem muss die Marktkapitalisierung 500 Millionen US-Dollar überschreiten. Rentable Stromaktien. Für Privatanleger bietet der Strombereich ein vergleichsweise schwieriges Umfeld. Zwar ist in den vergangenen Jahren eine Vielzahl europäischer Strombörsen entstanden, dennoch sind beim Handel von Kassa- und Termingeschäften die professionellen Stromhändler unter sich. Besser als direkt in den komplexen Strommarkt investieren Anleger in ausgesuchte Unternehmen, die zudem eine solide Dividendenrendite aufweisen. Ein Beispiel dafür ist die französische Electricité de France, die neben beträchtlichem Kurspotenzial eine anständige Dividendenrendite von rund vier Prozent bietet. Zum grossen Thema werden vor allem aber Modernisierung und Ausbau der Stromnetze. Die Internationale Energieagentur schätzt den Investitionsbedarf für die Infrastruktur bis 2030 auf mehrere Billionen Dollar. Dringlich wird die Erneuerung wegen des Booms von Wind- und Solarkraft. Dieser Strom muss über weite Distanzen zu den Verbrauchern transportiert werden. Intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids, helfen, Produktion und Verbrauch aufeinander abzustimmen. Zudem sorgen sie nicht nur für die Strombelieferung, sondern dienen auch zur Datenübertragung. Zugang zu diesem Wachstumssektor finden Anleger zum Beispiel mit dem Indexzertifikat auf den S-Box Smart Grid Performance Index (Valoren-Nr. 10  778  283) mit unbeschränkter Laufzeit der Bank Vontobel. Der Index setzt sich aus 15 nach ihrer Liquidität gewichteten Unternehmen zusammen, die operativ in der Smart-Grid-Branche tätig sind. Allerdings enthält das Produkt auch einige wenig gehandelte Titel. Dadurch ergibt sich eine recht grosse Abweichung von Kauf- und Verkaufskursen, die für Anleger das Produkt verteuern kann. Uran strahlt wieder. Satte 38 Prozent hat der Uranpreis 2010 zugelegt und zählt damit zu den Spitzenreitern im Energiesektor. Massgebend für Anleger sind die stark schwankenden Preise von Uranoxidkonzentrat. Bis 2013 dürfte sich das Pfund (454 Gramm) von derzeit 60 auf 75 US-Dollar verteuern, erwartet die Credit Suisse. Als Grund nennen die Analysten die steigende Nachfrage nach Kernenergie. Laut Statistiken der International Atomic Energy Agency (IAEA) wurden 2010 weltweit fünf Atomkraftwerke in Betrieb genommen, und 65 sind im Bau. Die Renaissance von Nuklearstrom geht allerdings vor allem in Asien und Osteuropa vonstatten, in Westeuropa stösst die vergleichsweise saubere Stromgewinnung wegen der problematischen langfristigen Entsorgung nuklearer Abfälle auf massiven Widerstand. Treibende Kraft im Uranmarkt bleibt China, das alle Energiequellen ausschöpfen und zugleich die Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke lindern muss. Laut Schätzungen der australischen Bank Macquarie will das Land der Mitte seine Uranvorräte von derzeit 17 500 auf 36 000 Tonnen im Jahr 2020 ausbauen, was rund zwei Dritteln einer weltweiten Jahresproduktion entspricht. Sowohl bei Uran als auch bei Unternehmen in diesem Bereich sollten nur erfahrene Anleger investieren. Neben Währungsrisiken ist die Wertschwankung wegen des begrenzten Marktes hoch und ziemlich unberechenbar. Für langfristig orientierte Investoren bietet die Société Générale mit dem Indexzertifikat URAX (DE000SGOURX5D in Euros) einen diversifizierten Aktienkorb von Produzenten. Investiert wird in die zehn weltweit grössten Unternehmen, die sich mit dem Abbau oder der Weiterverarbeitung von Uran beschäftigen. Darin sind aber auch Bergbaukonzerne wie BHP Billiton und Rio Tinto prominent vertreten, bei denen Uran nur einen geringen Teil zum Umsatz beiträgt. Windig und bewölkt. Auch wenn die staatlichen Förderungen in vielen Ländern reduziert werden, steigt die Bedeutung von erneuerbaren Energiequellen weiter an. Die Internationale Energieagentur rechnet damit, dass sich deren Anteil am Energiemix in den nächsten 25 Jahren auf 14 Prozent verdoppeln wird. Auch in diesem Markt ist China prominent vertreten. Ende 2010 hat die Volksrepublik mit einer Windkraftkapazität von 41,8 Gigawatt (GW) die USA übertrumpft, mit 40,2 GW bisher die Nummer eins der Welt. Allerdings können die Chinesen mehr als 30 Prozent der sauberen Energie wegen fehlender Stromnetze noch nicht nutzen. Für Anleger haben sich die Investments in diesem Segment im vergangenen Jahr jedoch nicht ausbezahlt. Der WilderHill New Energy Global Innovation Index, der die Kursentwicklung von 100 Unternehmen aus dem Bereich «saubere Energien» abbildet, verlor 14,6 Prozent. Allgemein gut lief es für Firmen aus dem Bereich Energieeffizienz, während Solar- und Windkraftunternehmen unter sinkenden Margen litten und im Schnitt 26 respektive 37 Prozent an Wert einbüssten. Im verschärften Wettbewerb favorisieren die Analysten der Credit Suisse Unternehmen mit starker Positionierung, hohem technischem Know-how und soliden Wachstumsperspektiven. Dazu zählen sie etwa die US-Firma First Solar und die Schweizer Meyer Burger. Anleger sollten aber mit einer breit gefächerten Anlage die starken Wertschwankungen abfedern. Eine Möglichkeit dazu bietet der SAM Smart Energy Fund (Valoren-Nr. 1 666 258), der einen langjährigen Leistungsausweis präsentiert.
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