Nur wenige Frauen arbeiten im Finanzgeschäft und noch weniger im Fondsmanagement. Warum das? «Weil die meisten Frauen nicht gern Risiken eingehen», meint Mónica Mastroberardino. Die gebürtige Argentinierin verwaltet bei Vontobel Asset Management den Euro Plus Bond und den Eastern European Bond.

Patrick Odier, Partner der Genfer Privatbank Lombard Odier, vermutet noch andere Ursachen. «Frauen spielten während langer Zeit fast nur eine einzige Rolle: Sie waren Assistentinnen. Das ändert sich nun langsam. Immer mehr Frauen werden in Zukunft Führungspositionen im Finanzbereich einnehmen.» Aber wenn sie sich überhaupt für eine Laufbahn in der Bankwelt entscheiden, ziehen sie in der Regel die Vermögensverwaltung vor, wo persönliche Beziehungen zu den Kunden eine grössere Rolle spielen als im Fondsmanagement.

Der Weg zur Fondsmanagerin führt häufig über die Ausbildung zur Finanzanalystin. Aber auch in der Fondsanalyse sind die Frauen in der Schweiz noch eine kleine Minderheit. Und von ihnen sind noch weniger bereit, später die enorme Verantwortung als Fondsmanagerinnen zu übernehmen.

Eine, die diese Verantwortung schätzt, ist Regula Schaub Atukeren. Sie managt bei der Zürcher Kantonalbank seit Anfang 1997 die Fonds Zinsertrag und Fremdwährungsobligationen. Wieso folgte sie damals dem Ruf ins Fondsmanagement? «Einerseits erlaubt mir der Job, näher am Marktgeschehen und aktiv im Portfoliomanagement zu sein. Anderseits kann ich in der Erarbeitung der Anlagestrategie meine Kenntnisse aus dem Studium der Volkswirtschaft und aus der Finanzanalyse einsetzen. Eine Strategie umzusetzen und für das Resultat verantwortlich zu sein, ist immer wieder eine neue und spannende Herausforderung.»

Einstieg über die Finanzanalyse
Ähnlich begründet Regina Reinert, Managerin des Swissrent und des Eurorent bei der Bank Hofmann, ihren Wechsel ins Fondsmanagement. «Im Research wird das Fundament der Anlagestrategie erabeitet. Die Tätigkeit im Fondsmanagement erlaubt demgegenüber, die eigenen Ideen und Strategien direkt umzusetzen und Marktopportunitäten ausfindig zu machen. Der Erfolg ist damit direkt messbar.»

In letzter Zeit haben sich aber auch neue Türen zum Fondsmanagement geöffnet. So verlangt die Komplexität von Branchenfonds nach vertieftem Fach-Know-how im jeweiligen Bereich. Natalie Flury beispielsweise ist von Haus aus Biologin und Biochemikerin. Heute bringt sie ihr Wissen als Analystin und Co-Fondsmanagerin des Aktienfonds Biotechnologie bei der Clariden Bank ein.

Die Unternehmenswelt aus eigener Erfahrung zu kennen, erweist sich generell als Vorteil. «Die praktische Berufserfahrung in verschiedenen Wirtschaftszweigen nützt mir in den täglich anfallenden Entscheidungen, die eine kritische Haltung und schnelles Handeln erfordern», bestätigt Michaela Hayer. Sie übernahm im Oktober 1998 das Management des damals eben lancierten und heute milliardenschweren UBS Equity Fund Euro Countries.

Praxis in der Unternehmswelt
Auch die Maschinenbauingenieurin Elizabeth von Werra hatte verschiedene Managementpositionen in der Industrie inne, bevor sie 1999 den Schritt in die Bankenwelt machte. Heute managt sie den Darier Hentsch Industrial Leaders.

Eine der wichtigsten Ursachen für die Überzahl der Männer im Fondsmanagement sind die familiären Verpflichtungen der Frauen. Ausgerechnet in einem Lebensabschnitt, in dem Frauen über die nötige Erfahrung verfügen, um eine verantwortungsvolle Position zu übernehmen, erwacht der Kinderwunsch. Das bedeutet, die Karriere zu bremsen oder sich vorübergehend vom Berufsleben zu verabschieden. Die Befragten sind mehrheitlich der Meinung, Kinder und eine Karriere als Fondsmanagerin liessen sich fast nicht verbinden. Theoretisch wäre das wohl möglich, in der Praxis scheiterten solche Versuche aber. Charlotte Schmid-Stary, Co-Managerin des Lombard Odier Life Sciences Fund, hat es probiert. «Ohne perfekte Organisation geht es nicht. Nachdem ich mein Baby bekommen hatte, rannte ich dauernd zwischen dem Büro und zu Hause hin und her. Das war ein unglaublicher Stress.»

In Tat und Wahrheit lässt die Belastung einer Fondsmanagerin keine Teilzeit- und keine Telearbeit zu – selbst wenn es dank Handy und Laptop möglich ist, von zu Hause aus zu kaufen und zu verkaufen, Studien im Internet zu lesen, Kunden oder Broker anzurufen. Corina Albertini, Fondsmanagerin bei der BSI, hat erfahren, «dass der Job den ganzen Tag die volle Aufmerksamkeit verlangt. Jeden Tag kann etwas Wichtiges passieren, ein Markt verrückt spielen, eine gute oder schlechte Nachricht eintreffen, die den Wert eines Titels beeinflusst.» Gleicher Meinung ist Michaela Hayer. «Diese verantwortungsvolle Aufgabe kann ich mir realistischerweise nicht als Teilzeitjob vorstellen, wenn man sie qualitativ gut machen möchte.» Auch sie investiert täglich mehrere Stunden in die Informationsverarbeitung.

Die Gesprächspartnerinnen fordern deshalb von ihren Arbeitgebern mehr Flexibilität. Anne-Sophie Borgeaud, Managerin des Lombard Odier Immunology, hat sich dafür stark gemacht. «Ich bleibe einen Tag pro Woche zu Hause, um mich anhand von Studien rund um die Biotechnologie besser zu informieren. Dafür muss ich mich konzentrieren können. Und das geht nur bei absoluter Ruhe.» Nicht alle Banken bieten diese Flexibilität. Lombard Odier fördert auf diese Weise die Frauen bewusst, und so ist es kein Wunder, dass der Frauenanteil in deren Kader sehr hoch ist.

Entscheidet sich eine Fondsmanagerin, mehrere Jahre der Familie zu widmen, hat sie wesentlich mehr Mühe, wieder einzusteigen, als andere berufstätige Frauen. Will sie weder auf die Familie noch auf die Karriere verzichten, kann sie sich auf keine der beiden Aufgaben richtig konzentrieren. Fondsmanagerinnen müssen ihr Privatleben opfern, wenn sie Erfolg haben wollen. Davon sind die Gesprächspartnerinnen überzeugt. «Unser Beruf ist hart und ein Stress», bekräftigt Corina Albertini. Bis anhin als Managerin des BSI Multieuropa tätig, bereitet sie derzeit die Lancierung eines globalen Technologiefonds vor.

Ein Job für starke Frauen
Der Hindernisse sind viele, die den Frauen den Weg zum Management eines Fonds versperren. Aber wie haben es die wenigen geschafft, die ihr Ziel erreichten? Sie haben viele Opfer gebracht. «Um Erfolg zu haben, müssen Frauen eine ungeheure Energie aufwenden, viel mehr als die Männer», sagt Patrick Odier. «Ist eine Frau neu im Job, wird ihr anfangs oft nicht so viel zugetraut. Nach den ersten Erfolgen gibt sich das», führt Elizabeth von Werra aus. «Natürlich finden sich immer Männer, die uns spüren lassen, dass wir ‹nur› Frauen sind», weiss Mónica Mastroberardino. «Die muss man einfach ignorieren.»

Ausharren ist nicht immer leicht, aber «immer mehr Frauen zeigen den Männern die Zähne», sagt Anne-Sophie Borgeaud. Die Kehrseite der Medaille: «Wer mich nicht kennt, empfindet mich oft als aggressiv. Manche Männer bekommen es sogar mit der Angst zu tun», hat Corina Albertini erfahren. «Es ist, als hätte ich eine zweite Persönlichkeit entwickelt, die gegen aussen hart wirkt. Dennoch wahre ich meine frauliche Seite.» Um in einer Männerwelt Erfolg zu haben, sagt Sylvie Howald, Fondsmanagerin des Pictet Valfrance, sei das Annehmen gewisser männlicher Verhaltensweisen fast unausweichlich.

Keine Frage des Geschlechts
Es bleibt die Frage, ob es im Management eines Fonds einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. «Fundamentale Unterschiede bestehen keine, höchstens kleine Nuancen», bringt es Michelle Michel, Managerin des UBS Equity Fund Canada, auf den Punkt. So sind sich denn die Befragten auch einig, dass die Art des Fondsmanagements nicht durch das Geschlecht, sondern weitgehend durch Anlagestil und -philosopie der Fondsgesellschaft bestimmt wird.

Die Nuancen kommen im Umgang mit Risiken zum Ausdruck. «Wir lassen uns eine Situation sehr gut durch den Kopf gehen, bevor wir riskante Positionen eingehen», führt Silvia Marengo an. Sie hat kürzlich das Management des Clariden Euro High Yield Bond übernommen. Tatyana Davidoff, die bei der UBS unter anderem den UBS Equity Fund Natural Resources verwaltet, ergänzt: «‹Heisse Tipps› nehmen Frauen viel weniger zum Anlass, Transaktionen zu tätigen.» Auch das gewisse Quäntchen Intuition ist den Frauen wohl nicht abzusprechen. Qualitäten also, die sich auf Investitionen durchaus vorteilhaft auswirken können.
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