Lässt sich vom Äusseren eines Kochs auf seinen Stil schliessen? Kocht ein zarter, scheuer Koch besonders fein, subtil und produktbewusst, während sein wohlbeleibter, leutseliger Kollege geradezu verschwenderisch mit Aromen, Geschmacksnuancen und Portionengrössen umgeht? Nach einem Essen bei Beat Amrein im luzernischen St. Erhard möchte man die Frage spontan bejahen. Der Mann hat die Postur eines Schwingers, und er kocht, wie dies wohl ein Schwinger täte, besässe er neben sportlichem auch lukullisches Talent.
Beat Amrein arbeitet grosszügig, angriffig, mit Mut zum Risiko. Er scheut das Würzen nicht und auch nicht die Vermählung verschiedener Produkte. Er bedient sich optimistisch bei unterschiedlichen Kochtraditionen. Er übt seinen Beruf mit Kopf, Bauch und viel Herz aus. Kurz: Er bewegt sich in der Küche wie ein Schwingerkönig im Sägemehlring.
Als Amuse-Bouche kommt eine kleine Zwiebelquiche auf den Tisch. Darauf folgt ein Turm von einem Avocado-Salat, mariniertem Thunfisch und Fenchelcarpaccio. Zuoberst thront eine gebratene Gamba. Man vertilgt den nahrhaften Teller mit Genuss und grossem Appetit. Der Zwischengang passt zur noch winterlichen Jahreszeit: hausgemachte Safranravioli mit Jakobsmuscheln und Lauch, luftig und deftig in einem. Als Pièce de Résistance werden Koteletts und Rücken von einem Walliser Lamm auf Gemüsecouscous und Knoblauchjus gereicht. Wunderbar zart und reich an Geschmack das Lamm; subtil gewürzt und abgeschmeckt das Couscous. Vom Amarettiparfait mit Orangen und Schokoladensauce hätte man gerne mehr genascht, wären da noch Kapazitäten übrig geblieben.
Trotz allem: Ohne seine Frau Romy bliebe Beat Amrein eine halbe Portion. Von vergleichsweise zierlicher Gestalt, mit blondem Bubikopf und Mandelaugen eilt sie durch die verschiedenen Räume des «Mostkrugs» – die gemütlich-behäbige Beiz und das helle, elegante Säli mit sporadisch wechselnder Kunst an den Wänden.
Romy treibt ihrem Beat die Flausen von Selbstzufriedenheit und Bequemlichkeit aus und hält den Laden zusammen und in Schwung. Dabei wird sie dank ihrem Schneid, ihrer Direktheit und ihrer Herzlichkeit von den Gästen geliebt.
Die Amreins wirten seit Januar 2002 mit Augenmass und Selbstbewusstsein in St. Erhard. Vorher hatten sie eine längere Auszeit eingeschaltet, in der Welt und in andern Betrieben geschnuppert und dabei an Reife zugelegt. Ein gut ausgebildeter Realitätssinn bewahrt sie vor dem Abheben in gastronomische Sphären, die auf dem Land und im Luzernischen im Speziellen die Gefahr des Absturzes in sich tragen. Wer Lust auf eine Bratwurst und ein Bier verspürt, fühlt sich bei ihnen so zu Hause wie die Gourmets und Gourmands.
Besonders wohl fühlt sich der Weinliebhaber im «Mostkrug». Die helvetische Winzerschaft ist darin in einer Breite und einer Tiefe vertreten wie in nur ganz wenig anderen Schweizer Restaurants. Und es handelt sich dabei nicht etwa um Krethi und Plethi – die Betriebe lesen sich wie ein Eliteverzeichnis. Es ist ein Steckenpferd von Beat und Romy geworden, die unterschiedlichen Weinregionen zu besuchen und mit Trouvaillen heimzukehren, für die ein gerüttelt Mass Überzeugungsarbeit zu leisten war.
Doch Schweizer Wein besitzt noch immer nicht den Glamour, der ihn in den Wirtschaften von alleine verkaufen lässt. Auch beim Gast ist Überzeugungsarbeit zu leisten. Romy Amrein tut dies mit Charme und Geschick, und ihr gemütvoller Mann ist dafür besorgt, dass seine schmackhaften Gerichte auch zu diesen raren einheimischen Tropfen passen.
Gasthaus zum Mostkrug
Beat und Romy Amrein-Egli,
Kantonsstrasse 1,
6212 St. Erhard bei Sursee LU,
Telefon 041/921 19 49,
Fax 041/921 19 63,
bramrein@bluewin.ch,
Business-Lunch 43 Franken, Abendmenü 80 Franken
sonntags und montags sowie vom 18. bis zum 27. April geschlossen.