BILANZ: Wie geht es weiter an den Aktienmärkten?

Alex Hinder: Ich gehe davon aus, dass sich die Aufwärtsbewegung fortsetzen wird. Für Aktien spricht, dass die Geldpolitik wichtiger Notenbanken expansiv bleiben wird und das Zinsniveau damit mindestens noch zwölf Monate nahe bei null bleibt. In diesem Umfeld bieten Aktien im Vergleich zu Obligationen relativ hohe Renditen, bei meist noch moderaten Bewertungen.

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Erwarten viele Investoren immer noch einen Eurokollaps und scheuen deshalb Aktien?

Ja, viele Anleger misstrauen den Märkten. Doch insgesamt ist das Finanzsystem deutlich stabiler geworden. Banken haben mehr Eigenkapital, und Risiken wurden zurückgefahren, zudem ist der europäische Rettungsschirm mit 500 Milliarden Euro robust alimentiert. Natürlich fehlen wegen der rigiden Sparmassnahmen noch Wachstumsimpulse, aber der eingeschlagene Weg dürfte, Strukturreformen vorausgesetzt, in die richtige Richtung führen.

Worin liegt das grösste Risiko für Ihr optimistisches Szenario?

Das grösste Problem für die Aktienmärkte liegt 2013 in den USA und der sogenannten «fiscal cliff» und eben nicht mehr in Europa. Der US-Kongress muss über die Verlängerung auslaufender Steuersenkungspakete und mögliche Ausgabenkürzungen befinden. Sollten sich die Befürworter einer rigiden Fiskalpolitik durchsetzen, könnte die daraus folgende massive Steuererhöhung das US-Wirtschaftswachstum praktisch auf null sinken lassen. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich die Politiker der Gefahr bewusst sind und eine vernünftige Lösung erzielt wird.

Sie favorisieren also europäische Aktien gegenüber US-Papieren?

US-Aktien sind nach der vergleichsweise guten Performance der letzten drei Jahre etwas teurer bewertet als jene in Europa. Der Bewertungsabschlag zeigt sich etwa darin, dass die durchschnittliche Dividendenrendite in Europa etwa 4 Prozent beträgt und in den USA nur rund 2,5 Prozent. Sollte sich die Krise in Europa weiter beruhigen, hat der europäische Markt viel Aufholpotenzial.

Welche Sektoren favorisieren Sie?

Der Bankensektor könnte sich überdurchschnittlich erholen. Nehmen Sie etwa die UBS: Die Bank senkt ihre Kosten massiv und passt ihr Geschäftsmodell dem neuen Umfeld an – mehr Vermögensverwaltung und weniger Investment Banking. Das ist der einzig richtige Weg. Ein weiterer Favorit sind US-Immobilien: Der Markt hat Boden gefunden und zieht wieder an. Befeuert wird der Sektor von den tiefen Zinsen und der US-Notenbank, die derzeit jeden Monat rund 40 Milliarden Dollar in den Kauf von mit Hypotheken besicherten Wertpapieren fliessen lässt.