Nutzniesser sind Unternehmen wie Roche Holding AG und L’Oreal SA, die sich durch stabile Gewinne auszeichnen, während volatilere Werte wie BMW AG und Statoil SA verstärkt verkauft wurden. Die Gruppe der Unternehmen mit den höchsten Bewertungen schlägt derzeit einen Korb mit den günstigsten Werten so deutlich wie nie zuvor, zeigen Daten von Morgan Stanley und Bloomberg. Gleichzeitig schnellten die Preisausschläge um 34 Prozent über ihren Dreijahres-Durchschnitt hoch und Aktien büssten vom Jahresanfang bis Börsenschluss am Dienstag elf Prozent ein.
Geringste Risiken werden gemieden
Angesichts der Anzeichen für eine Abschwächung in China und der Vorbereitungen der Federal Reserve auf eine Zinserhöhungen meiden Investoren zurzeit alles, was auch nur die geringsten Risiken birgt. Hinzu kommen Prognosen für ein schwächeres weltweites Wachstum, die einbrechenden Rohstoffpreise und niedrigere Prognosen für die Unternehmensgewinne. Das alles hat die Gewinne des Stoxx Europe 600 Index, die zeitweise 21 Prozent erreicht hatten, zunichte gemacht. Gleichzeitig muss für Sicherheit ein höherer Aufschlag gezahlt werden. Davon profitieren die höher bewerteten Aktien, die als sicherer wahrgenommen werden, sagt Yves Maillot, Leiter europäische Aktieninvestments bei Natixis Asset Management in Paris.
«Die Weltwirtschaft hat enttäuscht. Das hat viele Investoren überrascht und sie sind in die Defensive gegangen», sagt Maillot. «In diesem Umfeld will man Aktien mit grösserer Visibilität besitzen, mit positivem freiem Cashflow und weniger volatilen Geschäftsmodellen - und nicht auf stark zyklische Werte setzen.»
Bewertungen gehen auseinander
Zu den grössten Verlierern zählen die Rohstoffproduzenten und Autohersteller, die den Morgan Stanley Cheap-Stock Index in diesem Quartal um 18 Prozent haben absacken lassen. Die Unternehmen darin kommen jetzt auf eine mittlere Bewertung vom 13,1-fachen des prognostizierten Gewinns. Für die am höchsten bewerteten Aktien ging es hingegen lediglich 6,5 Prozent abwärts, sodass sie im Mittel auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19,9 kommen. Zum Vergleich: Beim Stoxx 600 liegt die durchschnittliche Bewertung bei 14,7.
Nachdem der Ausverkauf die günstigen Unternehmen in Relation zu den qualitativ als hochwertiger wahrgenommenen Aktien noch billiger gemacht hat, bieten die unterschiedlichen Bewertungen wertorientierten Fondsmanagern nun zusätzliche Optionen, sagt Dirk Thiels von KBC Asset Management. Seine Firma bevorzuge Konsumwerte.
«In Europa lässt sich derzeit eindeutig Wert finden», sagt Thiels, Leiter Investment Management bei KBC in Brüssel. Im vergangenen Monat stufte der Vermögensverwalter Aktien von Untergewichten auf Neutral hoch. «Die Bedenken wegen China sind sehr real, aber deutlich weniger wichtig als sich in den Abschlägen für günstige Aktien niederschlägt. Bei so volatilen Märkten ist das Timing entscheidend.»
Hohe Nervosität
Der Ausverkauf, der zyklische Werte sogar noch stärker betraf, wird bald Kaufgelegenheiten sichtbar machen, die zu günstig sind, um sie zu verpassen, sagt Tom Stubbe Olsen von European Value Partners in Zürich.
«Wir sehen, wie die Kurse von Unternehmen, an die wir glauben, absacken», erklärt Olsen, dessen 1,5 Milliarden Dollar schwerer Fonds in Aktien investiert, die er für unterbewertet hält. In diesem Quartal hat er den Markt geschlagen und damit begonnen, mehr Aktien zu kaufen. «Wertorientierte Investoren müssen geduldig sein - wir haben nur die Möglichkeit, die Volatilität für uns zu nutzen und das beste aus den unterschiedlichen Bewertungen zu machen. Alle sind zurzeit sehr nervös.»
(bloomberg/ccr)