Japan hechelt dem grossen Wirtschaftsaufschwung seit Jahren hinterher Wenn Sie diese Zeilen lesen, weile ich bereits in Japan. Ich reise so alle eineinhalb bis zwei Jahre ins Land des Lächelns – und wundere mich jedes Mal, wie geschäftig es überall zu- und hergeht, wie die Japaner in altbekannter Manier Überstunden leisten, meist unbezahlt, auch am Samstag ins Büro hetzen, auf einen Teil ihrer Ferien verzichten – selbstverständlich zugunsten ihres Arbeitgebers. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich, dass vieles Fassade ist. Japan geht es zwar recht gut, doch das Land hat sich nie mehr richtig erholt von den Folgen der gewaltigen Spekulationsblase, die Anfang der neunziger Jahre platzte. Was damals in Japan folgte, war ein verlorenes Jahrzehnt, geprägt vom geringsten Wirtschaftswachstum aller OECD-Länder sowie von einer zerstörerischen Deflation. Japan ist in den letzten zwei Jahren wieder etwas forscher gewachsen, doch hinkt das Land den USA und Europa hinterher. Dennoch ist Japans Börse Mitte März unversehens zu frischem Leben erwacht, hat innert weniger Wochen um beachtliche 20 Prozent haussiert – und plötzlich ist die halbe (Investoren-)Welt heiss auf Nippons Aktien, die vorher niemand haben wollte. Auch Börsenauguren zuhauf empfehlen die Titel. Unter allen ins Feld geführten Kaufgründen kann ich nur ein zugkräftiges Argument ausmachen: Japanische Aktien sind mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 günstig bewertet. Eine Unterbewertung alleine reicht jedoch nicht aus, die Börse ausdauernd zu beflügeln. Aktien können noch so billig sein: Wenn ein kräftiges Wirtschaftswachstum und damit die Aussicht auf höhere Unternehmenserträge fehlen, hält sich die Nachfrage nach Dividendenpapieren in Grenzen. Eine Konjunkturbelebung allerdings ist nicht auszumachen. Sogar Finanzminister Fukushiro Nukaga spricht von einer Stagnation. Diverse Frühindikatoren deuten nun sogar auf eine klare Abschwächung der Wirtschaft hin. Bereits in den vergangenen Monaten wurden die Gewinnprognosen für Unternehmen zurückgenommen, weitere Korrekturen sind zu erwarten. Auch sonst sind kaum positive Nachrichten zu vernehmen. Und als exportorientierte Nation wird Japan die globale Konjunkturabkühlung überdurchschnittlich stark zu spüren bekommen. Es wäre erfreulich, wenn das Inselreich endlich wieder aus dem Kriechgang herausfinden würde. Ich befürchte jedoch, Japan wird in diesem und wohl auch im nächsten Jahr weiterhin einem spürbaren Wirtschaftsaufschwung hinterherhecheln. Aktien von japanischen Unternehmen bergen für meinen Geschmack zu hohe Risiken. Holcim-Aktien: Zu Unrecht in den Keller geprügelt «Ende 2007 haben Sie die Holcim-Aktien zum Kauf empfohlen. Doch seither ist der Kurs stark gefallen. Nun verliere ich langsam die Nerven. Soll ich den Schaden begrenzen und aussteigen?» Ich verstehe den Ärger des Lesers. Der enttäuschende Kursverlauf von Holcim ist erstaunlich. Sicher, an den Börsen herrscht seit Monaten Jammerstimmung. Die Papiere des Schweizer Zementkonzerns dagegen stehen überdurchschnittlich unter Druck: Seit Anfang dieses Jahres haben sie 36 Prozent an Wert verloren, der Börsenindex SMI dagegen büsste «nur» 20 Prozent ein. Der Verkaufsdruck lässt sich teilweise erklären. So hat sich das konjunkturelle Umfeld etwas bewölkt. Zudem bekommt Holcim als mächtiger Energieverbraucher die stark gestiegenen Preise für Erdöl, Gas oder Strom zu spüren; von den Herstellungskosten entfallen gut zwei Fünftel auf die Energie. Dennoch hat die Börse in meinen Augen überreagiert. Dafür sind die Titel heute billig zu haben. Auch wenn ich die Gewinnschätzung für 2008 reduziere, stellt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf interessante 7,3. Wer Geduld hat und Blue Chips bevorzugt, ist mit Holcim gut beraten, zumal das Warten auf bessere Zeiten, sprich Kursgewinne, durch eine attraktive Dividendenrendite von 4,3 Prozent verkürzt wird. Miese Performance von Euro-08-Anlagen Das grösste Fussballfest der Schweiz ist vorbei. Nun wird analysiert, bilanziert, lamentiert. Letztgenanntes auch von Anlegern, die sich von den euphorisch klingenden Finanzprodukten verleiten liessen, sich allzu früh als Performance-Sieger sahen. «Chance auf 18,2 Prozent Ertrag bei nur 18 Monaten Laufzeit», warb etwa die österreichische Erste Bank. Sie hat einen Aktienkorb von 15 Sponsoren der Euro 08 zusammengestellt, darunter UBS und Swisscom, einen komplizierten Auszahlungsmodus darübergestülpt und noch einen Bonus mit Aussicht auf einen Sieg Österreichs über Deutschland – wie einst in Córdoba – angehängt. Das Wunder von Córdoba, von dem sich das Produkt den Namen geliehen hat, ist auf dem Fussballfeld ebenso ausgeblieben, wie das Performance-Wunder wohl auch für die Anleger nicht in Erfüllung gehen wird. Ja, diese können sogar froh sein, wenn sich die Verluste dank dem Kapitalschutz im Rahmen halten. Noch schlimmer ergeht es jenen Investoren, die sich das Zertifikat der Basler Kantonalbank ins Depot gelegt haben. Auch hier wird auf einen besonderen Effort von 15 Aktien gewettet, die mit grosszügiger Interpretation etwas mit der Euro 08 zu tun haben. Die Rendite des Zertifikates richtet sich nach der durchschnittlichen Performance dieses Korbes, der Schweizer Aktien wie Kudelski oder Jelmoli enthält. Die Anleger können nur hoffen, dass wenigstens der bisher in gerade mal zwei Monaten aufgelaufene Verlust von fast 40 Prozent bis in einem Jahr, dem Ende der Laufzeit, aufgeholt sein wird. In der Schweiz wurden glücklicherweise weiter gehende Spielereien der Finanzbranche eingeschränkt. Im Vorfeld der Fussballweltmeisterschaft 2006 war die Credit Suisse gebüsst worden wegen eines Produktes, das dem Córdoba-Zertifikat glich. Deshalb haben sich die Banken auf harmlosere Prognosen eingelassen. Allerdings ebenfalls mit nur mässigem Erfolg. Die Ökonomen der UBS zum Beispiel haben berechnet, welches Team Europameister werden sollte. Demnach hätte Tschechien den Pokal geholt, und die Schweiz wäre bis in die Halbfinals vorgestossen. Beide Mannschaften haben bekanntlich die Vorrunde nicht überstanden. Wenn die wirtschaftlichen Prognosen ähnlich windschief ausfallen, dann muss man sich über die aktuellen Probleme der Grossbank nicht weiter wundern.
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