Was wird passieren, falls die Zahlen von Nobel Biocare weiterhin enttäuschend ausfallen?, fragte BILANZ vor drei Monaten. «Der Verwaltungsrat sieht nicht unbegrenzt zu», antwortete Präsident Heino von Prondzynski. Woraus BILANZ folgerte: «Die Zeit von CEO Domenico Scala bei Nobel Biocare läuft ab.» Vor wenigen Tagen wurde gemeldet, Scala werde das Unternehmen per Ende April verlassen – selbstverständlich aus eigenem Antrieb. Doch auch der Satz «Der Verwaltungsrat dankt Domenico Scala für sein eindrückliches Engagement für Nobel Biocare» vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass Prondzynski und die anderen Aufseher über ihn den Stab gebrochen haben. Die Zahlen, die Scala für 2010 präsentierte, waren denn auch grottenschlecht: Der Umsatz sank einmal mehr, die Margen schmolzen erneut, vom Gewinn blieb nicht einmal mehr die Hälfte übrig, die Dividende musste geschnitten werden. Konkurrent Straumann vermochte für dasselbe Jahr zwar ebenfalls keinen berauschenden, dennoch einen deutlich besseren Leistungsausweis vorzulegen. Prondzynski musste handeln. Neue Besen sollen bekanntlich besser kehren. Ob Scala-Nachfolger Richard Laube, der zuletzt die Nestlé-Division Ernährung geleitet hat, der richtige Mann ist, muss sich erst weisen. Er hat zwei Vorteile: Das Geschäft mit Dentalimplantaten scheint nun endlich anzuziehen. Zudem kann es mit Nobel Biocare nur noch aufwärtsgehen. Negativ stimmen mich die Hahnenkämpfe im Verwaltungsrat. Scalas Abgang wurde einer Tageszeitung gesteckt, mit einiger Wahrscheinlichkeit von einem Verwaltungsrat. Auch sonst scheint es um die Stimmung in diesem Gremium nicht besonders gut bestellt zu sein. Für Prondzynski ist der Frühlingsputz noch nicht zu Ende. Die Aktien von Nobel Biocare kann man vorderhand getrost links liegen lassen, Straumann bieten bessere Kurschancen.
Verzweifelt. Jahrelang war Nokia im Geschäft mit Mobiltelefonen das Mass aller Dinge. Doch über die letzten Jahre kamen kaum noch aufregende neue Geräte aus den Werkstätten des finnischen Unternehmens, während die Konkurrenz, vor allem Apple, kräftig zulegte. So erodierten die Marktanteile. Bei den Smartphones dürfte Nokia nicht einmal mehr 30 Prozent des Markts kontrollieren, während es einst gut 60 Prozent waren. Das Management hat bislang keine Strategie gefunden, diese Verluste zu stoppen. Auch der im vergangenen Herbst als Konzernchef geholte Stephen Elop, ehemals bei Microsoft, konnte das Ruder nicht herumreissen. Inzwischen scheint die Verzweiflung am Hauptsitz in Espoo so gross zu sein, dass Nokia mit der ebenfalls unter den Erfolgen des iPhone von Apple leidenden Microsoft zusammenspannt: Die Finnen setzen künftig auf die Handysoftware der Amerikaner. Finanzanalysten können den Schritt kaum beurteilen. Dafür war das Verdikt der Börse umso klarer; innert dreier Tage büssten die Nokia-Aktien ein Fünftel an Wert ein. Die Titel allerdings sind nur visuell ein Schnäppchen. Ich warte einmal ab, wie sich die Situation entwickelt.
Risikofreude gefragt. Jüngst wurden aus einem Werkhof in Rapperswil-Jona 70 Meter Hochspannungsleitungen geklaut. Eine Heidenarbeit; das Kabel war über 900 Kilogramm schwer und musste von den Dieben in kleine Stücke geschnitten werden. Doch die Schinderei lohnte sich, hat das darin enthaltene Kupfer doch einen Wert von rund 9000 Franken. Auch aus anderen Regionen meldet die Polizei Mopsereien des roten Metalls. Solche Diebstähle sind ein Gradmesser für die Preisentwicklung von Kupfer. Und die ist beachtlich: Allein seit vergangenem Sommer stiegen die Notierungen um 60 Prozent, im Januar wurden neue Rekordmarken gesetzt. Kupfer ist nach Eisen und Aluminium das am häufigsten verwendete Industriemetall, findet vor allem in Elektronikartikeln und als Kabel, aber auch in der Bauindustrie Verwendung. Und ist damit ein gutes Konjunkturbarometer: Brummt die Wirtschaft, steigen die Kupferpreise. Bereits zeichnen sich Engpässe ab, die International Copper Study Group sieht für 2011 ein Defizit von einigen hunderttausend Tonnen. Für Rohstoffexperten ist es eine ausgemachte Sache, dass der Kupferpreis weiter nach oben zeigt. Dem Anleger bieten sich Möglichkeiten wie Exchange-Traded Funds, Indexzertifikate oder Exchange-Traded Commodities an. Allerdings sind Kupferspekulationen nur etwas für risikofreudige Investoren.
Kupfer und Kohle. Ich halte wenig von Direktinvestments in ein einziges Basismetall. Wenn schon, dann lege ich mein Geld in einem Warenkorb an. Noch lieber sind mir Engagements in Unternehmen, denn da lassen sich Markt- und Nachfrageentwicklungen etwas besser abschätzen. Zu den grossen Minenkonzernen zählen Freeport McMoRan, Bougainville Copper, First Quantum Minerals, Copper Mountain Mining und Kazakhmys aus Kasachstan mit Hauptsitz in London. Die Bank Vontobel hat jüngst ein interessantes Instrument lanciert: Das Indexzertifikat auf dem Solactive Copper Mining Performance Index umfasst die zehn grössten Unternehmen aus dem Kupferbergbau. Am besten gefällt mir Xstrata. Der schweizerisch-britische Konzern mit Sitz in Zug gehört zu den fünf grössten Bergbaukonzernen der Welt. Kupfer ist zwar umsatz- und ertragsmässig der wichtigste Teil, wird aber ergänzt von weiteren Rohstoffen. Diese Diversifikation mindert das Risiko. Nach zwei Jahren mit erodierenden Gewinnen sowie stark fallenden Aktienkursen hat die Firma für 2010 wieder ein Top-Ergebnis geliefert; dank höheren Rohstoffpreisen stiegen Umsatz und Ebit um 34 respektive 78 Prozent. Auch die Xstrata-Titel haben sich erholt; seit Sommer 2010 haussierten sie um rund 60 Prozent, liegen aber immer noch um mehr als die Hälfte unter den alten Rekordkursen. Es bleibt also genug Raum nach oben. Und den will CEO Mick Davis (Bild) so rasch als möglich ausfüllen. Über die nächsten zwei, drei Jahre werden die Minenkapazitäten vor allem im Bereich Kupfer und Kohle stark ausgebaut. Das verspricht weitere Gewinnschübe. Mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,4 bieten die Valoren zusätzliches Potenzial.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm: bahnhofstrasse@bilanz.ch