Er ist ein Machtmensch par excellence: Sergio Marchionne, erster Chauffeur des neu verschmolzenen Autokonzerns Fiat Chrysler Automobiles (FCA). Wenn es darum geht, seine Ansprüche durchzusetzen, lässt der Wahlschweizer mit (Wochenend-)Sitz in Walchwil ZG seine Muskeln spielen. So wie jüngst bei Ferrari; mit den Resultaten der Sportwagen-Tochter unzufrieden, den finanziellen wie jenen in der Formel 1, entmachtete Marchionne kurzerhand Luca di Montezemolo und setzte sich selbst auf den Präsidentensessel. Sein Signal an die Aktionäre war klar: Er will mit aller Härte den angeschlagenen Autokonzern wieder auf Tempo bringen. Nach der Fusion mit Chrysler gibt der nun global siebtgrösste Autokonzern am 13. Oktober sein Börsendébut an der Wall Street, Mailand muss sich mit der Rolle des Zweitmarkts begnügen.
Für den Aktionär ändert dies nichts, sehr wohl aber für FCA: Der neue Konzern mit künftigem Firmensitz in den Niederlanden und Steuersitz in Grossbritannien holt sich mit dem Gang an die berühmteste Börse frisches Kapital. Und das ist nötig, damit Marchionne seine Reformpläne umsetzen kann. Der umtriebige Autokönig vom Zugersee will den Umsatz innert fünf Jahren um 60 Prozent anheben und den Gewinn verfünffachen. Viele Auto-Analysten setzen hinter dieses ambitiöse Ziel ein grosses Fragezeichen. Die Börse dagegen glaubt an Marchionne; seit Anfang August rückten die Aktien um gut 20 Prozent vor.
Die bislang grösste Leistung des Italo-Kanadiers war es, zwei unterschiedliche Kulturen miteinander zu verschmelzen. Was erstaunlich ist, denn da hat ein Bettler reich gefreit; Chrysler läuft es rund, das Unternehmen schwimmt in Geld, während Fiat einfach nicht aus der Krise kommen will. Trotz Vorbehalten gefallen mir die FCA-Aktien. Allerdings sind sie risikofreudigen Investoren mit einem langen Anlagehorizont vorbehalten.
Stetiges Wachstum
Seit der Unternehmer und Investor Michael Pieper als Hauptaktionär bei Forbo eingestiegen ist, ging es mit den Aktienkursen zuerst zögerlich, dann steil aufwärts; über die letzten fünf Jahre hat sich der Kurs versiebenfacht. Dennoch zeigte Pieper nie ein Interesse daran, seine saftigen Gewinne zu realisieren – oder den Hersteller von Bodenbelägen, Kunststoffbändern sowie Antriebs- und Leichtfördertechnik zu übernehmen. Vor kurzem stiess er sogar Aktien ab, damit seine Beteiligung nach einem Rückkaufprogramm der Firma nicht über ein Drittel steigt und er damit ein Übernahmeangebot machen muss.
Für Pieper ist Forbo ein Langfristengagement. Die Beteiligung dürfte auch künftig anständige Renditen abwerfen. Für das erste Semester hat der Mischkonzern gute Resultate vorgelegt, auch mittelfristig sind die Aussichten rosig. Forbo lockt nicht mit gewaltigen, dafür stetigen Wachstumsraten – nicht so sehr beim Umsatz, dafür beim Ertrag. Mit einem für 2015 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14,3 bieten die Valoren eine Einstiegsmöglichkeit für auf Solidität bedachte Investoren.
Kurze Schwäche
Noch vor wenigen Jahren lag OC Oerlikon auf dem Sterbebett. Doch gegen Ende des letzten Jahrzehnts setzte der Technologiekonzern zu einem Turnaround an, wie ihn die Schweiz noch selten gesehen hat. Der Umschwung lässt sich an der Entwicklung des Aktienkurses ablesen; über die letzten vier Jahre hat sich der Preis zeitweise beinahe vervierfacht. Doch seit April scheint die Euphorie verflogen zu sein, die Papiere büssten gegen 20 Prozent ein. Nicht nur die Anleger, auch die Finanzanalysten zeigen sich über den weiteren Kursverlauf verunsichert.
Die Resultate für das erste Semester dieses Jahres vermitteln denn auch ein durchzogenes Bild. Der Bestellungseingang ging leicht zurück. Dafür stiegen Umsatz und Ertrag, doch schmolz die Ebit-Marge. Konzernchef Brice Koch hält an seinem Jahresziel fest: ein 10 Prozent höherer Bestellungseingang, 15 Prozent mehr Umsatz, eine Ebit-Marge um die 10 Prozent. Speziell die Ertragsprognose scheint etwas gar konservativ auszufallen. Auch mittelfristig sieht es erfreulich aus für den Technologiekonzern. Helvea erwartet für die nächsten drei Jahre ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 18 Prozent. Mit einem für 2015 geschätzten KGV von 14,3 bieten die Aktien noch Kurspotenzial.
Steuertrick
Im August gab Burger King bekannt, für 11,4 Milliarden Dollar die kanadische Kaffee- und Donut-Kette Tim Hortons zu übernehmen. Die Meldung löste in den USA eine Welle der Empörung aus. Denn Burger King nutzt den Grosseinkauf, um Steuern zu sparen; das Unternehmen wird den Hauptsitz nach Kanada verlegen. Firmen in den Vereinigten Staaten werden mit einer Steuerquote von 40 Prozent zur Kasse gebeten, im Nachbarland liegt dieser Satz bei 26,5 Prozent. Burger King ist zwar bloss eines von vielen US-Unternehmen, das solche Deals für Steuertricks nutzt. Nur hat der Auszug des uramerikanischen Burger-Braters in politischen Kreisen eine heftige Diskussion ausgelöst. Unter medialen Druck gekommen sind auch die Väter der Übernahme: der US-Investor Warren Buffett, der die Akquisition grösstenteils finanziert, sowie der Brasilien-Schweizer Jorge Lemann, dessen Private-Equity-Firma 3G Burger King beherrscht.
Aus der Fusion entsteht die global drittgrösste Fast-Food-Kette mit 23 Milliarden Dollar Umsatz und rund 18 000 Filialen in 100 Ländern. Grosser Profiteur ist Burger King. Das Geschäft mit Hamburgern läuft lange nicht mehr so heiss wie auch schon. Durch die Übernahme holen sich die Amerikaner neuen Wachstumsschub und können dem Erzfeind McDonald's, ja sogar Starbucks besser Paroli bieten. Börsianer und Finanzanalysten spenden den Hochzeitsplänen Beifall, die Aktien schossen innert Tagen um 20 Prozent in die Höhe. Schon zuvor strebten diese Titel steil nach oben. Inzwischen wird Burger King mit einem geschätzten KGV von 34,4 für dieses und 27,1 fürs nächste Jahr bewertet. Damit sind mir diese Aktien zu teuer, tolle Aussichten hin oder her.
*Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.