Am 20. November 2012 stimmten im Theater Casino Zug 90 Prozent der Aktionäre von Xstrata der Übernahme durch Glencore zu. Dass es dazu zweier Anläufe bedurfte, war Ivan Glasenberg zu dem Zeitpunkt ziemlich egal; der Glencore-CEO hat jahrelang auf diese Heirat hingearbeitet. Der gebürtige Südafrikaner mit rotem Pass ist Sieger auf der ganzen Linie. Wollte er beim ersten Angebot die Macht noch abtreten, darf Xstrata-Chef Mick Davis jetzt für gerade mal sechs Monate den neuen Konzern leiten; danach übernimmt Glasenberg das Ruder.

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Die Entmachtung hat Unruhe in die Teppichetage der Xstrata getragen. Für noch grössere Verärgerung sorgten die eigenen Aktionäre; an der Generalversammlung liessen sie überraschend ein dickes Bonusprogramm platzen. Rund 70 Xstrata-Manager hätten 144 Millionen Pfund kassieren sollen, damit sie nicht abspringen. Diese Gefahr ist real, denn im Rohstoffgeschäft sind Spitzenleute rar. Den Reigen eröffnet hat Trevor Reid; der enge Vertraute von Davis war als Finanzchef des neuen Konzerns vorgesehen, nun wird er in einigen Monaten abspringen.

Skepsis herrscht auch unter den Anlegern vor. Seit der Verlobung vermochten die Glencore-Aktien lediglich rund vier Prozent zuzulegen. Dabei haben die Valoren beim Fusionsgeplänkel massiv an Wert verloren. Und gegenüber dem Höchst beim Going public vor eineinhalb Jahren notieren sie immer noch gut ein Drittel tiefer. Langfristig bin ich positiv gestimmt für Glencore. Doch ich warte einmal ab, welche Auswirkungen die Fusion auf das Unternehmen zeitigt.

Gefährliche Gerüchte. Gerüchte seien für die Aktienmärkte wie das Salz für die Suppe, so heisst es. Stimmt, denn ohne Gerüchte wären die Börsen nur ein langweiliger Umschlagplatz für Wertpapiere. Dass dagegen einzelne Akteure Gerüchte gezielt streuen, um Kurse in die Höhe zu treiben oder Verkaufswellen auszulösen, ist die Kehrseite der Medaille. Eine neue, gefährliche Dimension hat diese Gerüchtestreuerei jüngst angenommen. Ende November meldete der Internet-Pressedienst PRWeb, dass der US-Suchmaschinenbetreiber Google für 400 Millionen Dollar den Wireless-Betreiber ICOA übernommen habe. Die Mitteilung löste in der Branche Kopfschütteln aus, denn Google unterhält bereits eine Partnerschaft mit Boingo Wireless.

An der Börse ging derweil die Post ab. Der Kurs des Penny-Stocks ICOA explodierte innert einer Sitzung um das Vierfache. Als sowohl Google wie auch ICOA den angeblichen Deal als Internet-Ente entlarvten, fiel der Kurs wieder in sich zusammen. Wer wie viel an diesem Bluff verdient hat, ist noch nicht geklärt. PRWeb führt als Grund für die Falschmeldung einen Identitätsmissbrauch an. Zu hoffen bleibt, dass sich solch raffiniert in Szene gesetzte Täuschungsmanöver nicht häufen.

Luxuriöse Performance. Nach Jahren magerster Renditen erfreut der Schweizer Aktienmarkt die Anleger seit Herbst 2011 wieder mit steigenden Kursen. Als Starperformer brillieren vor allem die Luxusgüterkonzerne Richemont sowie Swatch Group. Ich habe beide Valoren über die letzten Jahre immer wieder empfohlen, letztmals im September des Vorjahres. Alleine über diese Zeitspanne waren mit Richemont 80 Prozent und mit Swatch 50 Prozent zu verdienen. (Man möge mir die Selbstbeweihräucherung verzeihen, aber etwas Eigenwerbung muss sein.) Die Konzerne sind unter den Top Ten der Schweizer Unternehmen mit der grössten Börsenkapitalisierung zu finden. Ja Richemont gehört inzwischen zu den 50 wertvollsten Unternehmen Europas und wurde vor wenigen Tagen in den Börsenindex Stoxx Europe 50 aufgenommen.

Weitaus mehr interessiert, wie es mit diesen Papieren weitergeht. Beide Konzerne präsentieren sich in einer beneidenswerten Verfassung – Schuldenkrise hin, Frankenstärke her. Richemont hat im ersten Halbjahr Umsatz und Betriebsgewinn um ein Fünftel gesteigert, Swatch wies 25 Prozent mehr Gewinn aus. Beide Konzerne werden auch über die kommenden Jahre auf Wachstumskurs steuern, und dies bei anhaltend hoher Rentabilität. Die Aktien bleiben damit attraktiv. Allerdings sind sie nach den Kurssteigerungen relativ teuer; sie weisen ein geschätztes Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 16 auf. Damit eignen sich die Titel in erster Linie für längerfristig disponierende Anleger. Und wer schon vor Monaten eingestiegen ist, sollte sich überlegen, einen Teil der saftigen Kursgewinne zu realisieren.

Kellerkind. Ich beobachte das Börsengeschehen nun seit über drei Jahrzehnten. In dieser Zeit sind viele Unternehmen neu an die Märkte gekommen, andere mussten ihre Titel dekotieren lassen. Und nicht wenige Valoren wandelten sich vom Highflyer zum Kellerkind. Beispielsweise Meyer Burger. Die Valoren des Thuner Solarkonzerns stiegen zwischen Anfang 2009 und Frühjahr 2011 auf den sechsfachen Wert – seither schmierten sie um über 80 Prozent ab. Das Unternehmen leidet unter den enormen Überkapazitäten der Solarindustrie sowie am von chinesischen Anbietern ausgelösten Preiskampf. Seit Monaten hat CEO Peter Pauli Negatives zu verkünden. So eine Entlassungswelle – gut jeder vierte Mitarbeiter erhält den blauen Brief. Der Umsatz wird 2012 nicht einmal die Hälfte des Vorjahreswerts erreichen, die Ertragsrechnung dürfte tiefrot ausfallen.

Es gibt kaum einen Finanzanalysten, der bei Meyer Burger nicht zum Verkauf rät. Unter normalen Umständen wäre dies eine ausgezeichnete Einstiegsgelegenheit für einen Contrarian, also einen Anleger, der gegen die allgemeine Meinung der Marktteilnehmer handelt. Bei Meyer Burger allerdings ist Abwarten angesagt. Zuerst muss sich zeigen, dass die ergriffenen Massnahmen fruchten. Doch da haben sich die Investoren wohl bis 2014 zu gedulden. Ausser ein chinesischer Konkurrent wirft ein Auge auf das Schweizer Unternehmen; Meyer Burger wird von der Börse noch mit 350 Millionen Franken bewertet.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.