Anfang Juni 2009 meldete General Motors (GM) offiziell die wirtschaftliche Zahlungsunfähigkeit an und begab sich unter Gläubigerschutz Chapter 11. Der einst weltgrösste Autoproduzent war bankrott. Die Medien stimmten Grabgesänge an und liessen so die amerikanische Industrie-Ikone nochmals im Scheinwerferlicht auftreten.
Aus und vorbei? Mitnichten. Die «Leiche» lebt – und wie! Die bankrotte General Motors Corporation wurde umformiert zur Motors Liquidation Company, diese wurde redimensioniert sowie zu einem guten Teil entschuldet – und als General Motors Company frisch gegründet. Die neue GM hat nur ein Problem: Die Nachfrage nach Neuwagen ist plötzlich derart gross, dass die «junge» Firma mit der Produktion nicht mehr nachkommt; die Händler verlangen händeringend nach weiteren Fahrzeugen. GM will nun den Ausstoss deutlich steigern. So sollen im dritten und vierten Quartal zusätzlich 60 000 Fahrzeuge die Produktionsstrassen verlassen, ja 1350 entlassene Arbeiter wieder neu eingestellt werden.
Das «Wunder von Detroit» hat seine Wurzeln in good old Germany. Der durchschlagende Erfolg der in Deutschland angebotenen Abwrackprämie hat die US-Regierung dazu bewogen, dasselbe Programm im eigenen Land einzuführen: Wer sein spritsaufendes Automobil verschrottet und dafür einen sparsamen Neuwagen kauft, erhält bis zu 4500 Dollar aus dem Staatssäckel. Wenn die Regierung einmal keine Abwrackprämie mehr bezahlt, dürfte es mit der überbordenden Nachfrage vorbei sein. Das GM-Management gibt sich dennoch optimistisch. «Ich bin sehr zuversichtlich für die neue, schlanke GM», meinte jedenfalls der Schweizer GM-Vizepräsident Bob Lutz in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Der Zukunftsglaube ist derart gross, dass der Autoproduzent jüngst die US-Börsenaufsicht SEC wissen liess, man wolle bis im Juli 2010 wieder an den Aktienmarkt gehen.
Nur dürfen die Altaktionäre, die Dutzende von Milliarden verloren haben, keinen Cent erwarten. Ganz anders dagegen die Eigentümer der neuen GM; 60,8 Prozent der Anteile hält die US-Regierung, 17,5 Prozent gehören der Autoarbeitergewerkschaft UAW, weitere 11,7 Prozent besitzen der kanadische Staat sowie die Provinz Ontario, die restlichen rund
10 Prozent befinden sich in den Händen der Obligationäre der alten GM. Sie alle dürfen dereinst ihre Aktien an der Börse versilbern und so ihre Verluste abbauen.
Langfristig attraktiv. «Der Halbjahresbericht von Schindler ist wenig erfreulich ausgefallen. Halten Sie an Ihrer Einschätzung fest, dass die Aktien langfristig interessant sind?», so hat mir ein Leser geschrieben. Ein wenig erfreuliches Resultat? Da bin ich anderer Meinung. Zwar ist der Umsatz in den ersten sechs Monaten 2009 tatsächlich um elf Prozent zurückgegangen. Anderseits meldete Präsident Alfred Schindler ein um 13 Prozent höheres Ebit. Und letztlich zählt nicht der Umsatz, sondern was in der Kasse als Gewinn hängen bleibt. Doch der Spätzykliker Schindler bekommt die Rezession zunehmend zu spüren; so hat der Auftragseingang um 17 Prozent abgenommen. Dennoch bescheinige ich den Titeln unter langfristigen Aspekten immer noch Kurspotenzial – allerdings weniger als auch schon. Denn trotz den jüngsten Kursabschlägen sind die Valoren seit meiner Empfehlung von Mitte April um rund 20 Prozent im Wert gestiegen.
Kleines Spiel. 27 Prozent Gewinnmarge, und dies in wirtschaftlich mageren Zeiten. Was die meisten Manager nicht einmal zu träumen wagen, hat Escor im ersten Halbjahr 2009 ohne weiteres geschafft. Der Schönheitsfehler: Escor ist eine Klitsche, dem Gewinn von 0,6 Millionen steht ein Umsatz von gerade mal 2,2 Millionen Franken gegenüber. Das von Christian Vollmer geleitete Unternehmen aus Düdingen hat die guten Zeiten längst hinter sich.
Als sich die Schweizer noch vor nervös blinkenden Geldspielautomaten drängelten und sich die Fränkli mit dem Segen der öffentlichen Hand aus der Tasche ziehen liessen, verbuchte der führende Produzent ebendieser Automaten riesige Umsätze. Dann kam die gesetzliche Beschränkung auf noch ein bis zwei Automaten pro Lokal, und bei Escor ging das wunderbare Businessmodell baden. Seither klingeln die Kassen beim Kasino- und Spielgerätebetreiber nur noch leise.
Ungeachtet der Umsatzkupierung sind die Escor-Aktien an der Börse geblieben – und fristen dort ein trauriges Dasein. Zwar ist eine Dividendenrendite von 4,8 Prozent verführerisch. Allerdings ist der Handel dünn, nicht selten kommt gar kein bezahlter Kurs zustande. Wer nur schon ein Minipaket von einigen hundert Escor-Aktien über den Markt verkaufen will, benötigt dazu viele Tage, das plötzliche Angebot drückt auf den Preis. Die Folge sind extreme Kursausschläge. Solche Valoren haben an der Schweizer Börse nichts verloren. Allerdings hat die Börsenleitung kaum eine Handhabe, diese Titel auf ausserbörsliche Plattformen zu verbannen.
DouBle Dip in aller Munde. Unter den Konjunkturexperten in Europa und den USA ist dieser Tage ein Wort gross in Mode: Double Dip. Gemäss diesem auch als W-Formation bekannten Modell folgt dem Konjunkturabschwung ein Aufschwung, der jedoch nicht lange anhält und von einem erneuten Einbruch abgelöst wird. Die Aktienmärkte reagieren dementsprechend mit starken Baisse-, Hausse- und erneuten Baissephasen – weshalb sich viele Anleger vor dem Double Dip fürchten. Wer jedoch als Investor in den letzten zwei Jahren seine Anlagestrategie auf die Konjunkturszenarien der Ökonomen abgestellt hat, war schlecht beraten. Das Gros der Auguren hat den Konjunktureinbruch viel zu spät erkannt, und nach der noch vor wenigen Monaten geäusserten Meinung mancher Experten müssten wir uns eigentlich bereits wieder mitten in einem starken Aufschwung befinden.
Die jüngsten Umfrageergebnisse der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich zeigen ein anderes Bild: Konjunkturell geht es anhaltend abwärts, obwohl der Absturz etwas an Tempo eingebüsst hat. Wir haben also nicht einmal den ersten Dip ausgestanden, und schon wird die Gefahr eines zweiten beschworen. Sind die Ökonomen zu pessimistisch oder die Aktionäre zu optimistisch? Die Frage ist müssig. Weitaus wichtiger ist: Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen, verfolgen Sie in aller Ruhe Ihre Anlagestrategie.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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