Viele meiner Bekannten werden in den nächsten Jahren pensioniert. Und nicht wenige sparen neben der ersten, der zweiten und der dritten Säule noch privat Geld für den dritten Lebensabschnitt an. Geld, das sie – mangels Alternativen – vor allem in Aktien investieren. Doch das Kursfeuerwerk an den Aktienmärkten verunsichert sie zunehmend. Und so werde ich mit Fragen wie «Sind solche Kursgewinne gesund?» oder «Wie lange kann diese Hausse noch andauern?» gelöchert.
Die Hausse wird bekanntlich durch die Zentralbanken genährt, die Hunderte von Milliarden an frischem Geld in die Märkte pumpen. Eigentlich soll damit die Wirtschaft unter Dampf gesetzt werden – nur heizt diese monetäre Politik in erster Linie die Spekulation an. Gerade Grossanleger zocken auf Teufel komm raus: Sie verschulden sich zusätzlich und hinterlegen Aktien als Sicherheit, um noch mehr Dividendenpapiere kaufen zu können. Das Resultat: Die Aktienkurse sind den Erwartungen auf steigende Unternehmensgewinne weit vorausgeeilt. Nicht wenige Börsen weisen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis auf, das im langjährigen Vergleich enorm hoch liegt. Hauptsächlich die US-Papiere sind inzwischen saftig bewertet.
Die Kurskorrektur wird dann einsetzen, wenn die Zentralbanken damit beginnen, ihre Geldschleusen zuzudrehen. Das wird wohl erst in einigen Monaten der Fall sein. Auf Janet Yellen, die am 1. Februar 2014 den Chefposten beim amerikanischen Zentralbankensystem Fed übernehmen wird, wartet ein diffiziler Job. Ihr europäischer Kollege Mario Draghi, Schleusenwärter bei der Europäischen Zentralbank, kann sich einer restriktiveren Geldpolitik der Amerikaner nicht entziehen. Vorsichtige Anleger sollten sich in den nächsten Monaten auf das Ende der Aktienhausse einstellen. Angezeigt ist eine Umschichtung im Portefeuille von zyklischen Titeln hin zu defensiven Werten, also zu Papieren von Unternehmen, die als relativ krisenresistent gelten.
Nahrhaft
Die Klassiker unter den defensiven Papieren sind die Nahrungsmittelhersteller. In dieser Branche ist die Umsatz- und Ertragsentwicklung stetig. Die Aktien sind entsprechend geringen Schwankungen unterworfen, weisen andererseits nur wenig Kursfantasie auf. Mein Favorit ist Nestlé. Die Valoren hinken der aktuellen Börsenhausse weit hinterher. Langfristig dagegen ist mit Nestlé gut Schokolade essen. Über die vergangenen zehn Jahre hat das Blue- Chip-Barometer SMI etwas über 50 Prozent gewonnen, die Papiere des weltgrössten Nahrungsmittelproduzenten dagegen haben sich im Wert mehr als verdoppelt – Dividenden nicht eingerechnet. Nestlé sind keine Börsenheuler, dafür nicht nur in schwierigen Börsenzeiten grundsolide Werte, die mit 3,1 Prozent zudem eine ansprechende Dividendenrendite abwerfen.
Gut gefällt mir auch Danone. Der französische Lebensmittel- und Getränkekonzern zählt zu den führenden Herstellern von Milchfrischprodukten und hält dank Marken wie Danone, Actimel oder Activia eine Top-Marktstellung. Bestens positioniert ist Danone auch im margenstarken Wassergeschäft (Evian, Volvic). Das in Paris domizilierte Unternehmen weist im Branchenvergleich überdurchschnittliche Umsatzzunahmen aus, denn gegen zwei Drittel der Verkäufe werden in Wachstumsländern erzielt. Die Valoren sind ähnlich bewertet wie jene von Nestlé, die Dividendenrendite ist minim geringer.
Spitzen-Duo
Ebenfalls den defensiven Aktien zuzurechnen sind die Pharmatitel. Da halte ich mich an heimisches Schaffen, denn die beiden Basler Konzerne präsentieren sich in einer beneidenswerten Form. Am meisten sagt mir Novartis zu. Das Unternehmen ist noch eine Spur innovativer als Roche. Zwar belastet der Patentablauf für das Blutdruckmittel Diovan zunehmend den Umsatz. Auf der anderen Seite sorgen neue Blockbuster für anziehende Verkäufe, so das Krebspräparat Afinitor oder Gilenya, eine wirksame orale Therapie von multipler Sklerose. Auch verfügt Novartis über eine breite und attraktive Produktpipeline, die für anhaltend starkes Wachstum und hohe Erträge sorgt.
Konkurrent Roche ist nicht weniger gut unterwegs. Die Umsatzfortschritte in diesem Jahr sind nicht zuletzt auf Medikamente gegen Brustkrebs zurückzuführen. Das Unternehmen spielt immer mehr seine Stärke im Geschäft mit Biotech-Krebspräparaten aus. In die Kapazitätssteigerung von Biopharmazeutika werden deshalb weitere 800 Millionen Franken investiert. Roche wie auch Novartis verfügen über eine rosige Zukunft, beide Papiere zählen zu den Darlings der Finanzanalysten. Novartis steht mit einem für nächstes Jahr geschätzten KGV von 13,8 und einer Dividendenrendite von 3,3 Prozent etwas besser da als Roche. Attraktiv sind beide Titel.
Stetiges Wachstum
Die Valoren von Galenica sind nur am Rand den defensiven Papieren zuzuordnen. Interessant sind sie allemal, und der konjunkturelle Einfluss ist wenig spürbar. Das Berner Unternehmen hat sich von einer Einkaufsorganisation für Apotheker zur Gesundheitsfirma mit den Bereichen Spezialitätenpharma, Apotheken-Retailgeschäft sowie Logistik-Dienstleistungen entwickelt. Spannend ist dabei das Geschäftsfeld Pharma – dieses erbringt zwar den geringsten Umsatzanteil, dafür den höchsten Gewinnbeitrag.
Hier lässt sich auch am meisten Wachstum generieren. Viel verspricht sich CEO David Ebsworth von der Lancierung des Eisenpräparats Injectafer in den Vereinigten Staaten; Galenica ist Weltmarktführer in der Behandlung von Eisenmangel. Die anderen Sektoren sind zwar weniger ertragskräftig, bringen dafür stetiges Wachstum ins Unternehmen.
Die Berner schaffen es seit Jahren, nicht nur den Umsatz, sondern vor allem die Gewinnmarge stetig auszubauen. Das gefällt den Anlegern. Alleine seit Anfang dieses Jahres haben die Aktien um rund 50 Prozent zugelegt. Inzwischen sind sie mit einem für 2014 geschätzten KGV von 18 relativ satt bewertet. Mittelfristig dagegen bleiben Galenica interessant. Zwar sind die Valoren mit etwas höheren Risiken behaftet als Nahrungsmittelaktien, dafür bringt der Pharmabereich Pep in die Valoren. Ein Wermutstropfen ist die magere Dividendenrendite von 1,4 Prozent.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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