Seit langem fordert die westliche Welt von China, seine Währung aufzuwerten. Als vor kurzem die Zentralbank Chinas eine etwas flexiblere Haltung signalisierte, zogen die internationalen Börsen subito um einige Prozente an. Dabei treiben die Herrschaften des Nationalen Volkskongresses ihre Spielchen mit Washington und anderen Regierungen. Notenbankchef Zhou Xiaochuan jedenfalls setzte als Zeichen des guten Willens den Referenzwert des an den Dollar gebundenen Yuan in zwei Schritten höher an – um lächerliche 0,4 beziehungsweise 0,3 Prozent. Doch der Westen lässt sich durch die homöopathische Politik einlullen.
Die Zentralregierung ist sich bewusst, dass eines Tages die Kapitalkontrolle fallen und der Yuan mit westlichen Währungen konvertibel sein muss. Denn für Chinas Konzerne erweist sich die fehlende Internationalisierung ihrer Währung zunehmend als Hindernis. Doch auch die Börse in Shanghai leidet darunter. Bis Ende der vierziger Jahre gehörte die Metropole noch zu den führenden Finanzplätzen Asiens, heute ist Shanghai höchstens zweitklassig. Die Stadtregierung allerdings will an die alte Grösse anknüpfen, und zwar bis spätestens 2020.
Bis der Yuan ein Eigenleben führen darf, werden noch Jahre vergehen. Die Regierung hat keine Eile, denn China befindet sich in kritischem Zustand: Die Wirtschaft wächst in beinahe schon beängstigendem und damit gefährlichem Tempo; der Immobilienmarkt zeigt alle Anzeichen einer Überhitzung; die Banken hocken auf einem Berg problematischer Kredite; in vielen Regionen gehen die Arbeiter auf die Strasse und fordern gerechtere Löhne. Und seit Anfang Jahr hat der Börsenindex Shanghai Composite 22 Prozent an Wert verloren. Da sind einschneidende Kurswechsel nicht angesagt. Doch wenn sich eines Tages abzeichnet, dass der Yuan den Marktkräften überlassen wird, ist ein Einstieg in chinesische Aktien angezeigt. Dann dürfen Dividendenpapiere aus dem Reich der Mitte in keinem Portfolio fehlen.
Rückschläge nutzen. Schlechte News haben in diesen Tagen weitaus stärkere Auswirkungen auf die Aktienkurse als positive Nachrichten. Das lässt sich an den Valoren von Roche ablesen. Als der Basler Pharmakonzern Mitte Juni bekanntgab, die Entwicklung des Diabetesmedikaments Taspoglutid werde bis zu 18 Monate länger dauern, verloren die Inhabertitel in wenigen Tagen rund sechs Prozent. Obwohl dieses Produkt ein Hoffnungsträger von Roche ist, war die Reaktion der Börse übertrieben. Wer als Anleger langfristig denkt, freut sich an solchen Chancen für einen Neueinstieg. Für mich zählen Roche zu jener Handvoll Schweizer Aktien, die ein absolutes Muss sind. Zu den aktuell gedrückten Preisen bieten die Genussscheine ein für 2011 geschätztes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,1. Und die Zeit, bis die Kurse wieder anziehen, lässt sich dank einer Dividendenrendite von knapp vier Prozent angenehm überbrücken.
Ölige Spekulation. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat nicht nur BP und Transocean, sondern auch andere Aktien der Branche mit in die Tiefe gerissen. Beispielsweise Halliburton: Seit der Explosion der Plattform Deepwater Horizon sind die Aktienkurse des US-Unternehmens bis zu 40 Prozent abgestürzt. Halliburton hat im Auftrag von BP am Bohrloch die abschliessende Zementabdichtung vorgenommen. Einige Experten vermuteten, dass wegen eines Risses im Zementmantel Öl und Gas ausgetreten sind und sich entzündet haben. Die Anhörungen vor dem US-Senat jedoch scheinen diesen Verdacht entkräftet zu haben.
Nun können die Aktien des hinter Schlumberger weltweit zweitgrössten Ölservicekonzerns wieder unter dem Aspekt der Aussichten beurteilt werden – und die sehen gut aus. Zwar kann sich auch Halliburton auf kurze Sicht den negativen Auswirkungen der Ölkatastrophe nicht entziehen. Längerfristig dürfte der Dienstleister aber vom Umweltdebakel profitieren. Einmal bringen die zu erwartenden Verschärfungen der Sicherheitsvorschriften bei Offshorebohrungen dem Konzern mehr Umsatz. Auch werden, speziell in den USA, die Öl- und Gasbohrungen auf dem Festland wieder verstärkt; ein Bereich, der zu den Spezialitäten von Halliburton gehört.
Die Bank Sarasin schätzt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2011 auf gegen zwölf, was im Branchenvergleich tief ist. Doch die Anlageformel, «Hohe Chancen gleich hohes Risiko» trifft auch bei Halliburton zu. Je schlimmere Ausmasse die Ölpest im Golf von Mexiko annimmt, desto intensiver wird nach Schuldigen gesucht. Ich mag nicht ausschliessen, dass Halliburton erneut auf den Radar des US-Senats geraten wird.
Turnaround. Die Wirtschaft zieht zwar nicht stark an; die schwärzesten Tage des Einbruchs liegen aber hinter uns. Jedenfalls gibt es immer mehr Unternehmen, die den Turnaround geschafft haben. Dazu zähle ich Schaffner; die mittelgrosse Firma im solothurnischen Luterbach, die international führend ist bei Komponenten, die den effizienten Betrieb der Elektronik bei Antriebssystemen, Autos, elektronischen Geräten oder der Telekommunikation sicherstellen. Ein lukratives Geschäft, das jedoch heftigen Zyklen unterliegt. So geschehen im Geschäftsjahr 2008/09: Der Umsatz brach um 27 Prozent ein, das Betriebsergebnis von 13,9 Millionen im Vorjahr kehrte sich in ein Minus von 9,2 Millionen Franken.
Der Wind hat gedreht. Für das erste Semester des laufenden Geschäftsjahres konnte CEO Alexander Hagemann deutlich bessere Zahlen melden. So zog der Umsatz spürbar an, auf der Ertragsseite wurden befriedigende bis gute Resultate eingefahren, der Auftragseingang stieg um mehr als 40 Prozent. Gut läuft das Geschäft in Asien. Vor allem die hohe Nachfrage aus China sorgt dafür, dass für das gesamte Jahr wieder erfreuliche Zahlen resultieren. Umsatz und Ertrag dürften sich laut Hagemann den Resultaten von 2007/08 annähern – und die waren super.
Der Turnaround spiegelt sich auch im Kursverlauf. Zwischen 2007 und Mitte 2009 stürzten die Aktien um 57 Prozent ab, seither haben die Titel rund 60 Prozent zugelegt. Doch die Namenaktien bieten angesichts eines für 2010/11 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 10,5 noch mehr Erholungspotenzial. Auch bleibt zu erwarten, dass Schaffner in absehbarer Zeit die Dividendenzahlungen wieder aufnimmt.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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