Fast hätte es Sergio Pérez beim grossen Preis von Malaysia geschafft, mit seinem Sauber auf den ersten Platz zu fahren; gewonnen hat dann Ferrari-Fahrer Fernando Alonso. Der wirkliche Gewinner, und zwar bei jedem Rennen, ist ein anderer: Bernie Ecclestone, 81 Jahre alt, 158 Zentimeter gross, auf hochgewachsene Frauen fixiert – und der Zampano des Formel-1-Zirkus. Er greift gerne in die Trickkiste, wenn es gilt, aus seinem Lieblingssport noch mehr Geld zu pressen. Dabei hat er bereits ein Vermögen von drei bis vier Milliarden Franken gepresst.
Nur scheint das dem Briten aus Ipswich nicht zu reichen. Nun holt er zum finalen Schlag aus: Ecclestone lässt überall verlauten, der Finanzinvestor CVC Capital Partners liebäugle mit einem Börsengang der Formel 1, Goldman Sachs arbeite schon entsprechende Pläne aus. Locker zehn Milliarden Dollar soll das superschnelle Geschäft wert sein. Doch die Hauptaktionäre – CVC hält 63,4, Ecclestone direkt und indirekt 13,8 Prozent – wollen nicht alles an die Börse tragen, übrigens jene in Singapur. Denn Michael Schumacher, Lewis Hamilton oder Sebastian Vetteldrehen ihre Runden zunehmend in Asien.
Ich mag die Formel 1 – am Bildschirm, nicht im Depot. Wieso sollte CVC die Gans, die angeblich goldene Eier legt, schlachten respektive an die Börse geben? Hat der Königsrennsport den Höhepunkt überschritten? Die Teams jedenfalls holpern finanziell, abgesehen von Mercedes, Ferrari, McLaren und Red Bull, im ersten Gang über die Rennpiste. Sowieso haben diese ein gewichtiges Wörtchen beim IPO mitzureden; nur wollen sich die Teams nicht mehr mit Brosamen begnügen.
Wachstumskanone. Der seit Jahren grösste Schweizer Börsengang, nämlich jener des Handels- und Vertriebskonzerns DKSH, hat unter den Anlegern für Bluthochdruck gesorgt. Die Emission war um mehr als das Achtfache überzeichnet, der Ausgabepreis lag mit 48 Franken am obersten Ende der Preisspanne. Unter hohem Handelsvolumen schoss der Kurs auf 51 Franken; Tage später verkehrten die Titel wieder auf dem Ausgabepreis. Da hat wohl mancher Investor, der nur eine geringe Zuteilung erhielt, enttäuscht verkauft. An den Aktien selbst kann es nicht liegen. Das auf Asien ausgerichtete Zürcher Unternehmen verfügt über exzellente Aussichten. CEO Jörg Wolle erwartet für 2012 Rekordzahlen, und auch in den kommenden Jahren dürften die Rekorde purzeln. Mit einem für 2012 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwas über 18 sind die Valoren zwar stolz bewertet, langfristig bieten sie aber viel Kurspotenzial.
Dünnes Papier. Einst stellten die Papierkonzerne eine starke Fraktion an der Börse dar. Die Anleger hatten die Qual der Wahl unter Biber, Attisholz, Sihl, Industrieholding Cham und weiteren. Heute sind noch zwei Papieraktien kotiert – und beide Unternehmen schreiben trotz ansprechender Nachfrage rote Zahlen. Die Chemie + Papier Holding (CPH) vermochte 2011 nach drei rückläufigen Jahren zwar den Umsatz um ein Viertel auf 521 Millionen Franken zu steigern, doch blieb ein Verlust von 18 Millionen hängen. Der Produzent von Papier, Verpackungsfolien und Chemikalien hat die Flucht nach vorne angetreten; vor eineinhalb Jahren wurde in Perlen LU eine neue Maschine in Betrieb genommen, die im Vergleich zur alten Anlage das annähernd Dreifache an Zeitungspapier produziert – bei gleichen Fixkosten. Nur sinkt die Nachfrage seit Jahren. Der starke Franken erschwert die Situation zusätzlich. Für 2012 erwartet CEO Peter Schildknecht eine Verbesserung der operativen Resultate. Dennoch sind die Aktien nicht kaufenswert.
Der Spezialpapierhersteller Cham Paper versucht, mit einem Kahlschlag wieder auf feste Beine zu kommen. So werden in Cham die aktuell gut 300 Stellen bis Anfang 2014 auf noch 100 abgebaut, die Rohpapierherstellung wird nach Italien verlegt. CEO Peter Studer musste handeln; bei einem Umsatz von 309 Millionen Franken ist 2011 ein Verlust von 92 Millionen angefallen, das schlechteste Resultat in der 355-jährigen (!) Unternehmensgeschichte. Für 2012 ist wieder ein Gewinn budgetiert.
Weit interessanter ist ein Nebenaspekt der Redimensionierung: Nun wird ein riesiges Industrieareal frei. Auf 100 000 Quadratmetern will die Firma in Eigenregie Wohnungen und Gewerberäume erstellen. Das Areal steht zu einem Bruchteil seines Verkehrswerts in den Büchern. Wer als Anleger an der Hebung dieses Schatzes teilhaben will, braucht allerdings einen langen Atem: Präsident Philipp Buhofer rechnet mit einer Realisierungszeit von bis zu 20 Jahren.
Grundsolide. Die monatelange Suche nach einem neuen CEO hat die Aktien von Sulzer belastet. Doch was lange währt, wird endlich gut. Der im Februar an die Konzernspitze berufene Klaus Stahlmann jedenfalls ist eine gute Wahl; er kennt das Geschäft, war zuletzt Vorstandsvorsitzender der deutschen MAN Diesel & Turbo. Der 51-Jährige übernimmt ein solide aufgestelltes Unternehmen. Sulzer erzielte 2011 einen Umsatzzuwachs von zwölf Prozent, musste aber einen Gewinnrückgang von sieben Prozent einstecken. Dennoch ein respektables Ergebnis mit Blick auf die schwierigen Rahmenbedingungen. Jüngst hat der Winterthurer Industriekonzern neue Mittelfristziele vorgelegt. Bis ins Jahr 2015 wird mit einem jährlichen organischen Umsatzwachstum von sechs bis acht Prozent gerechnet. Die Ebit-Marge soll sich auf elf bis dreizehn Prozent belaufen, und die Rendite auf dem eingesetzten Kapital soll 20 Prozent übersteigen. Dabei handelt es sich zwar um ambitiöse Ziele, die aber nicht unrealistisch hoch angesetzt sind. Die Sulzer-Aktien sind zwar keine Börsenheuler. Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,8 bieten die Titel für langfristig disponierende Investoren jedoch eine grundsolide Anlage.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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