Das Börsenjahr 2011 wird nur wenigen Anlegern angenehm in Erinnerung bleiben. Immerhin kamen die Schweizer Investoren mit einem blauen Auge davon; die Börsenindizes SMI und SPI sind um knapp acht Prozent gefallen. An anderen Aktienmärkten dagegen fielen die Einbussen weitaus schmerzhafter aus – sieht man einmal von New York ab.

Seit mehreren Jahren ziehe ich Bilanz über meine Leistung als Börsenbeobachter und Tippgeber. 2009 und 2010 habe ich sehr gut abgeschnitten; jeweils zwei Drittel der Kaufempfehlungen haben die entsprechenden Benchmarks teilweise deutlich geschlagen. Meine Selbstbeweihräucherung für alte Leistungen hat einen simplen Grund: Für 2011 gibts wenig zu loben. Im vergangenen Jahr habe ich bis Ende September – eine spätere Bilanzierung macht wenig Sinn – 26 Aktien zum Kauf empfohlen. Davon trugen nur gerade neun Valoren Kursgewinne ein, zwölf Titel schnitten besser ab als die zugrunde liegenden Benchmarks. Das sind knapp die Hälfte aller Tipps, ein unbefriedigendes Resultat (siehe «Performance-Check» rechts).

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Heftige Verluste. Die performanceträchtigste Empfehlung war Apple; die Papiere des US-Konzerns, seit wenigen Monaten von Tim Cook geleitet, haben einen Gewinn von 21 Prozent abgeworfen. Erfreulich auch die Entwicklung von Carl Zeiss Meditec: Während die Papiere seit April 14 Prozent zulegten, verlor die Benchmark in derselben Periode 20 Prozent. Nicht wenige Empfehlungen dagegen trugen dem Anleger teilweise heftige Kursverluste ein. Zum Kauf von Meyer Burger riet ich im März, wies auf die hohe Bewertung hin und empfahl viel Geduld; dennoch ist die Kurskorrektur um rund die Hälfte ernüchternd. Nach dem Ausstieg von Edgar Oehler bei Arbonia-Forster legte ich diese Valoren risikofreudigen Investoren ans Herz. Doch obwohl die Aktien bereits arg gebeutelt waren, verloren sie seither nochmals 41 Prozent. Enttäuschend auch die Performance von Gategroup (–51 Prozent), Komax (–39 Prozent) oder Adecco (–35 Prozent).

Silberstreifen. Weitaus besser gelegen bin ich dagegen mit Aktien, bei denen ich vom Einstieg abriet respektive zum Verkauf riet. So habe ich immer wieder vor MondoBiotech gewarnt, letztmals im Mai. Seither haben die Valoren neun Zehntel ihres Werts verloren. Auch mit Warnungen bei CS Group, UBS, Nobel Biocare, Ascom, Nokia oder Cytos bin ich goldrichtig gelegen: Diese Aktien büssten zwischen 34 und 45 Prozent ein. Charles Vögele verloren seit meiner Bemerkung, bei dieser Firma seien «nur die Cruz-Schwestern sexy, nicht aber die Aktien», 57 Prozent; auch der frisch eingewechselte CEO Frank Beeck vermochte den Abwärtstrend bislang nicht zu stoppen. Gefreut hat mich die Empfehlung für Silber. Im Oktober 2009 habe ich zum Einstieg in dieses Edelmetall geraten, was einen dicken Gewinn zur Folge hatte. Im April 2011, kurz vor dem Allzeithöchst, schrieb ich: «Versilbern Sie mindestens die Hälfte der Silberposition.» Seither ist der Preis um ein Drittel gefallen.

Renditen mit Fast Food. Was ist vom Börsenjahrgang 2012 zu halten? Die Analyse überlasse ich gerne meinen Kollegen aus dem Ressort Invest (siehe «So investieren Sie richtig» auf Seite 72). Klar ist: Auch dieses Jahr dürfte, zumindest in den ersten Monaten, kaum grosse Euphorie aufkommen. Solange es an den Märkten rappelt, halte ich mich an Blue Chips mit hoher Dividendenrendite. Zudem bevorzuge ich defensive Werte von gut finanzierten Firmen mit erstklassiger Marktposition und guter Verankerung in Wachstumsmärkten. Dazu gehören Konzerne, die vom Durst in den Schwellenländern profitieren: der Bierbrauer AB InBevbeispielsweise, aber auch der Softdrinkgigant Coca-Cola oder der Instant-Kaffeekocher Starbucks.

Über ein beinahe krisensicheres Geschäftsmodell verfügen Fast-Food-Multis wie McDonald’s. Grossen Appetit habe ich auf die Aktien von Yum Brands. Die 1997 durch die Abspaltung von PepsiCo entstandene Schnellimbisskette, die Marken wie Taco Bell, Pizza Hut, Long John Silver’s oder Kentucky Fried Chicken unter demselben Dach beherbergt, unterhält global gegen 39 000 Lokale. Davon führt Yum Brands lediglich ein Fünftel selbst, die Mehrheit wird von Franchisenehmern bewirtschaftet, womit das Risiko spürbar abnimmt. Die US-Firma ist vor allem in Schwellenländern, und da insbesondere in China, erfolgreich. Ein grosser Trumpf gegenüber der Konkurrenz ist das Multibranding-Konzept – zwei oder mehr Restaurants der verschiedenen Marken bieten im selben Restaurant ihre Speisen an. Das schmeckt auch der Börse. Über die letzten Jahre hat sich der Aktienkurs vervierfacht. Zwar sind die Valoren inzwischen recht teuer; langfristig denkende Investoren können jedoch beruhigt hineinbeissen.

Ein Konzern gibt Gas. Mit Autoaktien sind die Investoren über die letzten Monate schlecht gefahren. Unter Abgabedruck stehen Fiat, Peugeot, Renault, Honda oder Toyota. Auch die Valoren der deutschen Daimler bekunden Mühe. Dabei ist es um den Hersteller von Automobilen und LKW weitaus besser bestellt als um den Grossteil der Konkurrenten. Das Autohaus mit Marken wie Mercedes, Maybach oder Smart fährt wieder auf der Überholspur. Bereits für 2010 konnte Konzernchef Dieter Zetsche Rekordzahlen vorlegen, und auch für das vergangene Geschäftsjahr wird ein Superresultat erwartet. Die Analysten prognostizieren einen Umsatz von 105 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von gegen 9 Milliarden. Das dürfte den Aktionären wohl eine höhere Ausschüttung eintragen.

Dennoch kommen die Valoren nicht so recht in Fahrt. Ich kann es verstehen, dass die Anleger mit Blick auf die wenig rosigen Konjunkturaussichten gerade von zyklischen Aktien die Finger lassen. Die Prognosen von Daimler dagegen sind im Vergleich zur Branche gut. Zwar erwartet das Management im europäischen Markt für Personenwagen leichte Rückgänge, weltweit dagegen sollte der Absatz von PKW wie auch von Trucks zunehmen. 2012 dürfte ein minimes Umsatzwachstum und einen geringfügigen Ertragsrückgang bringen. Wer auf den Aufschwung setzen will, ist mit Daimler gut beraten. Die Aktien bieten mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 6,9 eine gute Einstiegsmöglichkeit. Noch besser gefällt mir die Dividendenrendite von knapp sechs Prozent. In unsicheren Börsenzeiten ist das ein angenehmes Ruhekissen.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch