2011 wird nicht als Jahr der tollen Unternehmensresultate in den Köpfen hängen bleiben. Dennoch sind viele bislang veröffentlichte Ergebnisse von Schweizer Firmen weitaus besser ausgefallen, als man es mit Blick auf die Konjunkturabkühlung und die Frankenstärke erwarten konnte. Keine positive Überraschung bereit halten dagegen die führenden Hersteller von Zahnimplantaten. Straumann meldete jüngst 6 Prozent weniger Umsatz und einen Gewinneinbruch um 46 Prozent. Die Anleger liessen sich von der Bemerkung des obersten Zahnschlossers Beat Spalinger, wonach sich die Basler Firma zum fünften Mal in Folge besser gehalten habe als der Markt, nicht beruhigen und schickten die Aktien in den Keller. Noch schlechter erging es den Papieren von Konkurrent Nobel Biocare. Als die Nummer zwei der Branche einen weiteren Gewinnrückgang um 13 Prozent bekanntgab, rauschten die Titel um über 20 Prozent in die Tiefe.

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Die Erosion der beiden Unternehmen, die einst zu den Börsenstars zählten, geht ungebremst weiter. Dazu gesellt sich ein rasanter Imageverlust – vor allem bei Nobel Biocare. Der Amerikaner Richard Laube, der die Firma seit Mai 2011 leitet, hat bisher keine grossen Stricke zerrissen. Doch trotz mageren Erträgen kassiert die Geschäftsleitung eine deutlich höhere Entschädigung. 1,6 Millionen Franken streicht der gescheiterte Ex-CEO Domenico Scala für ein zwölfmonatiges Konkurrenzverbot ein. Sonderbar mutet auch an, dass der erst zur Wahl in den VR vorgeschlagene Michel Orsinger bereits an sechs Sitzungen teilgenommen hat und sich dafür mit rund 10 000 Franken entlöhnen liess – pro Sitzung, wohlgemerkt.

Das Geschäft mit Dentalimplantaten ist fraglos ein Wachstumsmarkt. Dennoch dürfen weder Straumann noch Nobel Biocare mit einer schnellen Erholung rechnen. Ein Einstieg bei den Aktien kann also ruhig auf die lange Bank geschoben werden.

Schlagseite. «Wenns zwöitelet, so drettelets»: Ich hoffe für die italienische Reederei Costa Crociere, dass diese Redensart unserer Altvorderen nicht zutrifft. Bekanntlich forderte im Januar die Havarie der «Costa Concordia» vor der italienischen Insel Giglio mindestens 25 Todesopfer, im Februar trieb das Schwesterschiff «Costa Allegra» nach einem Brand manövrierunfähig im Indischen Ozean. Auch wenns nicht «drettelet», hat die Firma bereits einen gewaltigen Imageschaden erlitten. Die Genueser Costa Crociere gehört zum Konzern Carnival, der von Florida und London aus eine Flotte von rund 100 Kreuzfahrtschiffen über die Weltmeere dirigiert.

Ein einträgliches Geschäft: 90 000 Angestellte verschifften 15,8 Milliarden Dollar Umsatz. An Gewinn blieben 1,9 Milliarden hängen, was einer Nettomarge von zwölf Prozent entspricht. Die beiden auch in den USA medial breit ausgewalzten Zwischenfälle jedoch haben ebenso dem Ansehen der Mutter geschadet, die an der New York Stock Exchange kotierten Aktien gerieten in den Tiefenrausch. Zu Unrecht, meinen Touristik-Finanzanalysten; sie empfehlen, zu den tiefen Kursen an Bord zu gehen. Zwar sind die Aussichten im Kreuzfahrtgeschäft tatsächlich sehr gut. Ich erwarte aber, dass die Havarien einen Rattenschwanz an Klagen nach sich ziehen werden. Um das Renommée der italienischen Costa Crociere scheint es jedenfalls derart schlecht bestellt zu sein, dass sich die Mutter Carnival angeblich überlegt, den Markennamen einzustampfen.

Alles neu. Manchmal staune ich ob der Zuversicht einiger Kollegen. So in Sachen Von Roll. Da titelte eine Finanz- und Wirtschaftszeitung im August: «Von Roll setzt neue Akzente.» Rund zwei Monate später lautete der Titel: «Von Roll definiert den neuen Weg.» Und jüngst hiess es: «Von Roll definiert die Strategie neu.» Tönt gut. Nur sieht die Realität anders aus. Die Firma ist eine ewige Baustelle. Ja ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch der seit gut einem Jahr als neuer Chef amtierende Matthias Oppermann nicht so genau weiss, wohin die Reise eigentlich gehen soll.

Die Zahlen für die ersten neun Monate waren enttäuschend, obwohl die Pressemitteilung mit «Positive Geschäftsentwicklung» überschrieben war. Und die gegen Ende März zu erwartenden Jahresergebnisse dürften ebenso wenig berauschend sein. Die Realität schlägt sich auch im Aktienkurs nieder; über die letzten zweieinhalb Jahre haben die Valoren zwei Drittel ihres Werts eingebüsst. Von Roll sind mir nicht einmal eine heisse Spekulation wert.

Apples Dominanz. Der amerikanische Technologiekonzern Apple ist nicht aufzuhalten. Obwohl die Finanzanalysten ihre Gewinnerwartungen laufend in die Höhe schrauben, weiss das Unternehmen immer wieder zu überraschen. So hat CEO Tim Cook für das letzte Quartal 73 Prozent mehr Umsatz und eine Gewinnexplosion um 118 Prozent gemeldet. Das hat den Dauerhöhenflug der Aktien noch verstärkt. Jüngst durchbrach die Börsenkapitalisierung die Schallmauer von 500 Milliarden Dollar. Damit wird Apple höher bewertet als Microsoft und IBM zusammen.

Die Superhausse macht nicht alle glücklich. Viele Wall-Street-Analysten beklagen, dass Indizes völlig verzerrt würden. Der amerikanische UBS-Chef-Aktienstratege Jonathan Golub hat kurzerhand einen neuen Index kreiert, den «S&P 500 ex-Apple». Damit trat der UBS-Mann eine breite Debatte los. Eine Diskussion übrigens, die beileibe nichts Neues ist. Schon früher wurde beklagt, dass die dominante Börsenkapitalisierung einzelner Unternehmen – damals waren es Exxon, IBM oder GM – die Aussagekraft von Aktienindizes minderte. Auch die Schweiz kennt das Problem: Konzerne wie Nestlé, Novartis oder Roche beeinflussen die Entwicklung der wichtigsten Börsenindizes übermässig.

Investoren ist diese akademische Debatte piepegal. Sie wollen nur eines wissen: Setzt Apple den Höhenflug fort? Die Chancen stehen gut. Ich habe Apple über die letzten Jahre immer wieder empfohlen, zuletzt im Mai 2011. Seither waren mit diesen Aktien nochmals 60 Prozent zu verdienen. Dennoch sind die Valoren mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,5 nicht zu teuer. Vorsichtige Anleger sollten einen Teil der Kursgewinne ins Trockene bringen.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch