«Schauen Sie, das ‹Dolder› hat eine Fläche von 40 000 Quadratmetern. Am Zürichberg ergibt das einen Wert von 1,2 Milliarden. Warum also sollte ich es verkaufen?» Diese Rechnung machte «Dolder»-Hotelier Urs Schwarzenbach kürzlich im «Tages-Anzeiger». Zusammen mit dem rund 470 Millionen Franken teuren Umbau der Nobelherberge würde das hoch über Zürich gelegene Schlosshotel einen Wert von gegen 1,7 Milliarden repräsentieren. Nur die Anleger wollen diesen traumhaften Wert partout nicht sehen.
Die Dolder-Aktien werden an der OTC-X ausserbörslich gehandelt. Von den ausstehenden 24 000 Titeln hält Schwarzenbach gut 90 Prozent, in den Rest teilen sich etwa 500 Anleger. Zum letztbezahlten Kurs von 3240 Franken, der knapp über dem Mehrjahrestiefst liegt, bewertet die Börse das «Dolder» mit läppischen 78 Millionen. Damit sind diese Werte Substanzperlen par excellence: Die Börsenkapitalisierung entspricht gerade mal 4,7 Prozent des Verkehrswerts. Ausser der im Nebenamt als Devisenhändler tätige Schwarzenbach habe sich bei seiner Kalkulation verhauen. Nach seiner Einschätzung repräsentiert ein Quadratmeter am Zürcher Nobelberg 30 000 Franken. Laut Immobilienspezialisten ist eine marktnahe Schätzung dieser Lage schwierig; der vom «Dolder»-Chef genannte Quadratmeterpreis jedoch sei «jenseits von gut und böse». Damit ist das «Dolder Grand» weitaus weniger wert, als sein Besitzer meint.
«Ich verstehe eigentlich auch heute noch nichts von Hotels», diktierte Schwarzenbach dem «Tages-Anzeiger». Das trifft auch auf das Immobiliengeschäft zu. BILANZ fragte ihn im Frühling, wie er die explodierenden Preise an der Zürcher Goldküste beurteile. Seine Antwort: «International gesehen sind die Preise an der Goldküste noch immer günstig, wenn man die Lebensqualität einberechnet, sogar superbillig.» Alles andere denn superbillig sind die Dolder-Aktien, ja mit Blick auf die mageren Übernachtungszahlen höchst unattraktiv.
Auf Shoppingtour. Jahrelang kroch Valora durchs Tal der Tränen; die Handelsgruppe wurde umstrukturiert, neu ausgerichtet, das Management wurde ersetzt – mit wenig greifbaren Erfolgen. Der Umsatz stagnierte, der Gewinn blieb unbefriedigend. Die Aktien verloren über die letzten zehn Jahre gegen ein Fünftel ihres Wertes, während das Börsenbarometer SPI um gut zehn Prozent zulegte. Im vergangenen Jahr fielen endlich bessere Resultate an; zwar sank der Umsatz minim, dafür stieg der Gewinn. Hinter der Ertragserholung steht indes vor allem der harte Sparkurs des Managements und weniger ein Markt, der bessere Margen zuliesse.
Ich glaube noch nicht an eine definitive Trendwende. Die Firma sieht sich in diesem Jahr einigen Problemen ausgesetzt, der Gewinn dürfte sich wieder leicht zurückbilden. CEO Thomas Vollmoeller hat einen Expansionskurs eingeläutet und sich dafür von den Aktionären einen dicken Batzen an Kapital genehmigen lassen. Bis in fünf Jahren soll der Umsatz um zwei Drittel zulegen. Erste Einkäufe wurden schon in den Korb gelegt, so die schwedische Scandinavian Cosmetics, die einen Umsatz von 75 Millionen Franken erwirtschaftet.
Einen Akquisitionskurs einzuschlagen, nur um aus der Wachstumsfalle zu fliehen, ist nicht ungefährlich. Schon oft haben Manager dabei überhastet zugekauft. Wenn es Vollmoeller schafft, ertragsstarke Unternehmen in die Valora-Familie einzugliedern, geht der Plan auf. Doch auch dann werden sich die Valoren kaum zu Kursheulern entwickeln; das Basisgeschäft bietet einfach zu wenig Fantasie. Dafür eignen sich die Titel für konservative Investoren – zumal Valora eine attraktive Dividendenrendite von 4,4 Prozent bieten.
Argwöhnische Anleger. Zuerst sah es nur nach einem schwachen Start aus. Inzwischen ist klar: Das Börsendébut von Glencore ging ziemlich in die Hose. Die Valoren, in London erstmals am 24. Mai gehandelt, notierten seither zeitweise bis zu 13 Prozent unter ihrem Emissionspreis. Die Investoren zeigen sich gegenüber dem Rohstoffkonzern reserviert. So wurde das Resultat fürs erste Quartal, von CEO und Hauptaktionär Ivan Glasenberg an einer Telefonkonferenz vorgetragen, enttäuscht aufgenommen. Für mich unverständlich: Der Umsatz stieg um 39, der Gewinn um 47 Prozent.
Die Börsenstimmung ist generell nicht allzu gut, ich weiss. Nur stehen die Glencore-Titel unter zusätzlichem Druck. Und das liegt nicht nur am unglücklichen Timing fürs Börsendébut; auch der Emissionspreis war zu hoch angesetzt. Zudem vermute ich, dass der Baarer Konzern für viele Anleger eine Black Box ist. Das in meinen Augen attraktive Geschäftsmodell – Rohstoffförderung sowie -handel aus einer Hand – stösst nicht überall auf Begeisterung. Auch lässt sich mancher Anleger von der Expansionsfreude des Unternehmens abschrecken; mit eigenen Aktien bezahlte Akquisitionen bewirken nun einmal eine Verwässerung. Glencore sind unterbewertet, doch für einen Einstieg ist keine Eile geboten.
Ausbruch. Auch eine andere Aktie hat über die letzten Jahre nicht mit stetem Kursaufschwung von sich reden gemacht: jene der Bank Sarasin. Seit Anfang Februar büssten die Titel über ein Fünftel ihres Wertes ein. Den Aktionären geht langsam die Geduld aus. Denn Sarasin-Kurssetzer Joachim Strähle ist zwar ein fleissiger Sammler von Kundengeldern. Über die letzten fünf Jahre stiegen die verwalteten Vermögen um beinahe zwei Drittel, und ich bin sicher, dass der Sarasin-CEO bis 2015 die von ihm versprochenen 150 Milliarden Franken erreicht. Nicht mitzuhalten mit diesem Wachstum vermochten dagegen die Erträge. Das Geldhaus vom Basler Rheinknie erwirtschaftet im Vergleich zur Konkurrenz eher mickrige Erträge; der im letzten Jahr angefallene Gewinn lag weit unter dem 2007 erzielten Resultat. Herr Strähle, richten Sie Ihr Augenmerk mehr auf die Profitabilität und weniger auf das Bolzen von Kundenvermögen!
Gegenwärtig hat der CEO sowieso andere Probleme: Er möchte die Bank über ein Management Buyout loskaufen. Nur will die Mehrheitsaktionärin, Rabobank, nichts davon wissen – zumindest vorderhand nicht. Bis sich die Fronten geklärt haben, sehe ich keinen Grund, in Sarasin-Titel einzusteigen. Zumal sie mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,4 nicht überaus günstig bewertet sind.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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