Das Aufatmen ist gross, nachdem US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend eine 90-tägige Zollpause angeordnet hat. Die amerikanischen Aktienmärkte zogen deutlich an, die stärkste Performance legte der Nasdaq mit einem Zuwachs von 12,2 Prozent hin. Doch auch der Dow Jones (plus 7,9 Prozent) und der marktbreite S&P 500 (plus 9,5 Prozent) schlossen markant höher. Und am Donnerstagvormittag machte auch die Schweizer Börse nach mehreren verlustreichen Tagen Boden gut. Gemessen am Swiss Market Index legte sie 4,5 Prozent zu.

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Schon bald aber mahnten Fachleute zur Vorsicht. Für eine Entwarnung sei es noch zu früh, bemerkte Dave Sekera, Chefstratege für den US-Markt des Analyseunternehmens Morningstar, am Mittwochabend kurz nach Trumps Beschluss.

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Die US-Administration hatte die kurz zuvor in Kraft getretenen Strafzölle für fast alle Länder für die Dauer von 90 Tagen ausgesetzt hat – das gilt aber nicht für China, das nun mit einem 125-prozentigen Zoll belegt wird. Ausserdem bleibt ein allgemeiner 10-Prozent-Zoll.

Trotz der am gestrigen Mittwoch erfolgten Ankündigung, den reziproken Zollsatz für die meisten Länder auf 10 Prozent zu senken, «könnte die Eskalation zwischen den USA und China den Handel zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt dramatisch beeinträchtigen», sagt Mark Haefele, Anlagechef der UBS.

Er rechnet vor, wie hoch die Zollschranken nun tatsächlich sind: Alles in allem liege die effektive Zollrate der USA momentan bei 27 Prozent – verglichen mit 9 Prozent vor dem 2. April, an dem Trump die Zollerhöhungen verkündet hatte. Ohne den Handel mit China betrage der effektive Zollsatz 11 Prozent, so Haefele. Die Handelsschranken sind also noch immer relativ hoch.

Die Marktvolatilität werde in den kommenden Wochen erhöht bleiben, da die Investoren die sich rasch verändernden Entwicklungen bei den Zöllen mitverfolgen und Schlüsse für das Wachstum, die Inflation, die Zentralbankpolitik und die Finanzmärkte ziehen.

Der Volatilitätsindex Vix lag am Donnerstagvormittag bei rund 37 und stieg tendenziell an. Dies, nachdem er in den vergangenen Tagen auf rund 60 geklettert war – so hoch wie beispielsweise während der globalen Finanzkrise Ende der Nullerjahre. Werte wie die aktuellen – rund 37 – sind jedoch höher, als man sie über längere Strecken der Coronajahre 2020 bis 2022 gesehen hatte.

Verhandlungen: Ausgang ist ungewiss

In einem Beitrag auf der Plattform «Truth Social» warf Trump China mangelnden Respekt gegenüber den globalen Märkten vor. Das Reich der Mitte werde früher oder später einsehen, dass es weder nachhaltig noch akzeptabel sei, die USA und andere Länder auszunutzen.

Laut dem US-Präsidenten haben aber mehrere Dutzend Länder Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten angebahnt oder sind deswegen bei den USA zumindest vorstellig geworden. Zu diesen Ländern gehört offenbar auch die Schweiz.

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Bundespräsidentin Karin Keller Sutter hat, wie sie schreibt, mit Donald Trump telefoniert und «die Haltung der Schweiz zum bilateralen Handel und Möglichkeiten, die Ziele der USA zu adressieren, erläutert». Man sei übereingekommen, die Gespräche im Interesse beider Länder fortzusetzen.

In diesen Gesprächen werden beide Seiten das Beste für sich herausholen wollen. Der Ausgang ist Stand heute ungewiss. 

«Kommt es tatsächlich zu einer Einigung und wie sieht diese aus?», fragt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank in einer Analyse vom Donnerstagmorgen und mit Blick auf die Gespräche zwischen den verschiedenen Ländern und den USA. Die Hoffnung sei, dass es nun zu Verhandlungen komme, die einen eskalierenden Handelskrieg verhindern. «Für das globale Unternehmerlager bleiben vorerst die Unsicherheiten gross», so Gitzel.

Es sei nun keineswegs so, dass sich der Zollstreit in Wohlgefallen aufgelöst habe. Doch: «Zumindest ist die Chance einer Verhandlungslösung mit den wichtigsten US-Handelspartner, mit Ausnahme von China, gestiegen.»