Blitzquiz: Was hat geringere Renditen als Aktien oder Anleihen und beutelt seine Eigentümerinnen und Eigentümer stärker? Antwort: Gold – das aktuell in Dollar sein Allzeithoch anstrebt und dem ein weiterer Anstieg prognostiziert wird. Aber Vorsicht: Gute Goldrenditen erfordern ein ausgezeichnetes Markttiming. Ansonsten folgen lang anhaltende Schmerzen. Wenn Ihnen das Timing von Aktien nicht gelingt, die weitaus häufiger steigen als fallen, dann versuchen Sie es erst gar nicht mit Gold.

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Die neue Anziehungskraft des Goldes geht einher mit seinem Anstieg um 9,9 Prozent in Dollar bis Mitte April. Dadurch kehrte es auf einen Wert von über 2000 Dollar je Unze zurück. (Seit seiner Schwäche im Februar stieg es in Franken ebenfalls, und zwar um 5,6 Prozent.) Nach den Pleiten der Credit Suisse und der amerikanischen Regionalbanken im März, nach dem Bärenmarkt 2022 und der hartnäckigen, beängstigenden globalen Inflation betrachten viele diesen angeblich «sicheren Hafen» als verlockenden Schutz.

Bevor Sie jedoch Gold kaufen, versuchen Sie, sein Verhalten zu verstehen. Es ist ein Rohstoff ohne Erträge, Anpassungsfähigkeit oder Dividenden. Nachdem 1974 die letzten Spuren des Goldstandards verschwunden waren, betrug der jährliche Gewinn in Dollar 5,0 Prozent – 3,3 Prozent in Franken. Das klingt gut? Es übersteigt kaum die durchschnittliche Rendite einer zehnjährigen Schweizer Anleihe in diesem Zeitraum! Zehnjährige Schatzanleihen in den USA erzielten währenddessen eine Gesamtrendite von 6,7 Prozent (Ertrag plus Kursveränderungen). Der amerikanische S&P-500-Index erreichte jährlich 11,9 Prozent, die Aktien in der Schweiz 8,4 Prozent pro Jahr.

Über den Autor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 192 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Die geringen Goldrenditen ergäben Sinn, wenn sie kaum schwanken würden. Sie tun es aber. Schauen Sie auf die Einjahres-Standardabweichung in Dollar – ein Mass für die jährliche Renditeschwankung um den Durchschnittswert. Die Standardabweichung der US-Anleihen ist erwartungsgemäss niedrig, gerade einmal 8,3 Prozent. Bei den bekanntermassen volatilen US-Aktien beträgt sie, wenig überraschend, 15,2 Prozent. Am höchsten ist die Standardabweichung jedoch beim Gold: 18,6 Prozent.

Mit Gold lassen sich hohe Gewinne erzielen – sporadisch, mit zwischenzeitlich langer Stagnation und Rückgängen. Der jüngste Sprung über die Marke von 2000 Dollar verdeutlicht das. Er nähert sich nun dem Höchstwert von 2067 Dollar vom August 2020, hat sich also seitdem kaum verändert. Zeitgleich sind die Aktien um 29,4 Prozent gestiegen – ungeachtet des im Jahr 2022 gefallenen Markts. Oder ein noch deutlicheres Beispiel: Am 21. Januar 1980 erreichte Gold den Höchstwert von 1358.21 Franken. Erneut wurde dieser Wert am 12. Mai 2010 erreicht – dreissig Jahre lang lag es brach.

Daher ist beim Gold das Timing entscheidend. Seit 1974 entwickelten sich die Goldrenditen nur in der Hälfte der rollierenden Zwölfmonatsperioden positiv. Die Aktien in den USA und der Schweiz stiegen historisch um 81 Prozent beziehungsweise um 73 Prozent während dieser Zeit. Auch wenn Sie Aktien nicht gut zeitlich abpassen können: Längerfristig arbeiten diese zu Ihren Gunsten. Bei Gold ist es wie beim Werfen einer Münze. Abgesehen von Schmuck hat es nur wenig Nutzen, und seine Schwankungen gehen vor allem auf Stimmungen zurück, die sich einer zeitlichen Festlegung entziehen.

Wenn Sie Ihr Augenmerk auf Gold gerichtet haben, fragen Sie sich nach dem Warum. Für viele sind es die zuletzt funkelnden Renditen. Dem Glitzer hinterherzujagen, ist aber ein schlechter Kaufgrund. Manche beharren darauf, dass es um die Inflation oder die Absicherung gegenüber dem fallenden Markt geht.

Das Jahr 2022 widerlegt dies. Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs hatte Gold zunächst zugelegt. Aber nach etwa zwei Wochen ging es parallel mit den Aktien zurück und erreichte seinen Tiefpunkt wenig später. Der jüngste Anstieg des Goldes spiegelt den Zuwachs des SPI um mehr als 15 Prozent wider. Das ist nicht das, was eine gute Absicherung tut. Ausserdem und trotz der historisch relativ niedrigen Inflation in der Schweiz bestätigen die langen, gewinnfreien Perioden von Gold, dass seine Inflationsabsicherung unzuverlässig ist.

Goldaktien? Mag sein, dass sie Dividenden bieten und dem Rohstoff den Zauber des Kapitalismus verleihen. Aber als Gruppe sind sie wieder volatiler als Aktien allgemein. Sie steigen normalerweise in frühen Bullenmärkten an und verhalten sich meist wie kleinere Substanzwerte.

Sollten Sie den geeigneten Zeitpunkt für Gold bestimmen können, gebührt Ihnen mehr Macht. Dann brauchen Sie meine Kolumnen nicht. Für die meisten Anlegenden sind jedoch Aktien und Anleihen einfach besser.