Allein im März 2023 hat der Goldpreis um etwa zehn Prozent zugelegt. Doch was steckte hinter diesem starken Anstieg? Zwar war ein Ende des Zinsanhebungszyklus der Notenbanken schon länger absehbar, doch die hartnäckige Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks liess daran immer wieder Zweifel aufkommen. Durch den Stress rund um einige kleine US-Banken und die Credit Suisse, der zu Sorgen vor einer neuen Bankenkrise und somit zu heftigen Marktturbulenzen führte, gilt das Näherrücken der nächsten Zinswende aber mittlerweile als sicher.
Zwar rechnen wir noch mit letzten Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank Federal Reserve. Doch Mitte des Jahres sollten beide Notenbanken eine Pause einlegen. So haben sie auch zuletzt deutlich vorsichtigere Ausblicke gegeben, die darauf schliessen lassen, dass sie die Zinsschraube nicht wesentlich weiterdrehen werden. Und das mit gutem Grund: Das jetzige Zinsniveau belastet bereits die Konjunktur und hat zu den Verwerfungen bei den Banken beigetragen – wobei derzeit nicht davon auszugehen ist, dass die Finanzmarktstabilität gefährdet ist.
Doch die Zentralinstitute müssen neben der Inflation auch die anderen Auswirkungen im Blick behalten. Sie mussten den angeschlagenen Banken viel Liquidität zur Verfügung stellen, um die Situation zu stabilisieren. Diese Gemengelage hat den «Autopilot» beim Abbau der Zentralbankbilanzen beendet und damit auch den Abwärtstrend des Goldpreises durchbrochen.
Über den Autor
Thomas Benedix ist Senior Portfoliomanager und Rohstoffexperte bei Union Investment.
Denn erstens hat die Unsicherheit im Finanzsektor dazu geführt, dass Gold als sicherer Hafen wieder mehr geschätzt wird. Und zweitens sind die Renditen in anderen sicheren Häfen wie Staatsanleihen gesunken – wegen der zwischenzeitlich hohen Nachfrage und mit Blick darauf, dass die Zinsen bald nicht mehr weiter steigen werden. Das macht Gold im Vergleich wieder attraktiver.
Gold bleibt mittelfristig attraktiv
Das gelbe Edelmetall bleibt für Anleger auch noch eine ganze Weile interessant. Ein Grund: Der Kapitalmarkt preist derzeit ein, dass es perspektivisch auch wieder Zinssenkungen geben könnte. Dazu kommt, dass viele Zentralbanken aus den Schwellenländern Gold kaufen, zuletzt nach mehreren Jahren Pause auch wieder China. Sie haben durch den Ukraine-Krieg erkannt, dass sie Sanktionen hart treffen könnten, wenn sie ihre Währungsreserven zu einseitig in US-Dollar halten. Schliesslich wurden die Dollar-Reserven Russlands eingefroren.
Hier wird deutlich, dass Gold nicht nur ein Rohstoff, sondern vielmehr eine Finanzanlage beziehungsweise Wertaufbewahrungsmittel ist. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der Goldpreis in einem Jahr bei rund 2100 US-Dollar je Feinunze stehen dürfte.
Silber und Platin bieten noch grössere Chancen
Gold ist nicht das einzige Edelmetall, das Investoren derzeit Chancen bietet: Bei Silber und Platin sind diese sogar noch grösser. Der Markt für Silber hat nur etwa ein Zehntel der Grösse des Goldmarktes. Er ist dadurch auch volatiler und überflügelt Gold üblicherweise in Phasen steigender Preise. Zudem gibt es – anders als bei Gold – auch eine bedeutende industrielle Nachfrage nach Silber: Das Edelmetall profitiert von strukturellen Faktoren wie der grünen Transformation: Es wird vor allem für Photovoltaik-Anlagen gebraucht, aber auch in der Medizintechnik.
Platin ist im aktuellen Umfeld besonders gut positioniert. Es bleibt wichtig für die Katalysatoren von Fahrzeugen mit Dieselmotoren, die nicht so leicht auf Elektromobilität umsteigen können. Das sind in erster Linie Lastkraftwagen. Ausserdem kommt ein sehr grosser Anteil der Produktion aus Südafrika. Das Land hat aktuell grosse Probleme mit seinen ineffizienten Edelmetallminen, deshalb gehen die Kapazitäten zurück. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu Unterbrechungen der Stromversorgung, was die Produktion belastet. Das hängt mit der fehlgeleiteten Energiepolitik des Landes zusammen. Eine wachsende Nachfrage trifft also auf ein bestenfalls stagnierendes Angebot, was für einen weiteren Preiseanstieg spricht – voraussichtlich auf rund 1200 US-Dollar in zwölf Monaten.
Palladium andererseits ist unverzichtbar für alle Benziner-Katalysatoren. Etwa 40 Prozent der jährlichen Fördermenge stammt aus Russland. Bislang sind die Exporte stabil geblieben, es hat keine Unterbrechung der Lieferungen gegeben. Doch es besteht natürlich das Risiko, dass Russland auch diese möglicherweise einschränken könnte, was zu einer kurzfristigen Verknappung und steigenden Preisen führen könnte. Längerfristig trüben sich die Aussichten jedoch ein, weil die Elektromobilität gerade im Markt für benzinbetriebene Fahrzeuge besonders hohe Marktanteilsgewinne verzeichnen wird. Damit sinkt die Nachfrage perspektivisch deutlich. Deshalb bleiben die Aussichten von Palladium hinter denen der anderen Edelmetalle zurück.
Was bedeutet das für Investoren? Gold gilt als sicherer Hafen und eignet sich als Basisinvestment zur Portfoliodiversifikation. Platin und Silber können Anleger beimischen, die die Chancen der grünen Transformation langfristig nutzen wollen. Palladium ist jedoch aufgrund der geschilderten Gemengelage lediglich als taktische, spekulative Beimischung geeignet.