Kennen Sie den: «Wir bitten unsere Analysten, sich nicht zu den Hauptverkehrszeiten aus dem Hochhaus zu stürzen.» Oder den: «Verabreichen des Depotauszugs bitte nur in kleinen Mengen – für Risiken und Nebenwirkungen haftet weder Ihr Arzt noch Ihr Apotheker.»
Diese kleinen Spitzfindigkeiten zur Aufmunterung der Aktionäre entstanden kurz nach dem Platzen der Technologieblase. Zwei Jahre später kursieren immer noch die gleichen Witze, und es bestätigt sich erneut: Es kommt immer schlimmer, als man denkt. Zuerst der tiefe Fall der New Economy, dann der 11. September, und da der moderne Aktionär viel aushalten kann, dachte sich wohl ein launischer Aktiengott, er streue auch noch gleich die Plage mit Enron und der Swissair-Pleite unters Volk.
Wer die letzten zwei Jahre nicht voll in Obligationen investiert war, muss Verluste im niedrigen bis höheren zweistelligen Prozentbereich verzeichnen. Übertroffen wurden die vergangenen zwei Jahr nur noch von den Baissen der Jahre 1929 und 1974. Die Reaktionen der Anleger darauf sind unterschiedlich. Die einen schwören lauthals beim Leben ihrer Schwiegermutter, nie mehr etwas mit Aktien zu tun haben zu wollen. Natürlich nur bis zum nächsten Hype, wenn sie wieder zu spät einsteigen werden. Andere wiederum wetzen die Messer und fordern die Banken zum Zweikampf auf, zwecks Ersetzung ihrer Verluste. Die letzte Gruppe, vorwiegend alte Hasen auf dem glatten Börsenparkett, sitzen ihre Verluste aus. Zumeist still und leise, denn Verluste gibt man ja nicht zu, sondern nur Gewinne.
Leider kann niemand sagen, ob die Höchstkurse innerhalb eines Jahres, erst in fünf Jahren oder noch später wieder erreicht werden. Peter Lynch, bestens bekannt geworden durch seinen Magellan-Fonds, formuliert diese Ungewissheit treffend: «Selbst wenn es um mein Leben ginge, könnte ich nicht sagen, wann es wieder aufwärts geht.» Doch diese Ungewissheit sollte nicht zur Untätigkeit verleiten. Vor dem nächsten Bullenmarkt ein kritisches Zwiegespräch mit sich und seinem Portfolio zu führen, wäre ratsam.
Strategie 1
Diversifikation statt Klumpenrisiko
Zunächst sollte ein Blick auf die Aktienquote geworfen werden. So manch einer hat in den Boomzeiten übersehen, dass sich der Aktienteil automatisch stark erhöht hat. Allein durch die hohe Wertsteigerung bestimmter Branchen hat sich die Zusammensetzung eines ehemals ausgeglichenen Portfolios verschoben und wurde risikoreich. «Jeder Anleger sollte wieder eine sinnvolle Aufteilung seines Depots nach dem persönlichen Risiko-Ertrags-Profil zusammenstellen», rät Professor Klaus Spremann von der HSG. «Kürzlich sah ich das Depot eines Bekannten, der einfach alles zusammengekauft hatte, was in den Zeitungen an Tipps verbrochen wurde. Da musste zuerst einmal eine vernünftige Strategie mit vorgegebenen Aktien-, Obligationen- und Liquiditätsquoten geschaffen werden.»
Ist man dann mit der Strategie und sich im Reinen, gilt es, die Diversifikation seines Portfolios zu prüfen. Zwar beten die Vermögensverwalter häufig ihren Kunden vor, dass eine Aufteilung des Vermögens nach Ländern, Branchen, Währungen und Anlagekategorien nötig ist – doch nicht immer sieht ihr Endergebnis auch so aus. «Mein Depot besteht zu 40 Prozent aus Nebenwerten», wandte sich kürzlich ein Anleger an die Redaktion. Ein 65-jähriger Rentner schreibt: «Mein Bankberater überredete mich, meine 300 000 Franken anstatt auf dem Sparbuch in Obligationen anzulegen. Jetzt habe ich drei verschiedene Obligationen, von denen ein Teil Swissair-Obligationen sind.»
Statt Diversifikation wurde in diesen Fällen ein Klumpenrisiko verkauft. Die 300 000 Franken hätten längstens gereicht, 20 bis 30 verschiedene Papiere zu ordern.
Als weiterer Schritt ist es durchaus ratsam, jeden einzelnen Titel auf sein Potenzial, die Gewinnerwartungen, die möglichen Risiken und die Zukunftsaussichten abzuklopfen. Bei Growth-Aktien heisst es streng nach dem Prinzip vorzugehen: Branchenleader rein – Rest raus. Einige Vorarbeit hierzu hat die Baisse schon geleistet, denn nach den fetten Börsenjahren kommt jetzt so manche Aktienleiche zum Vorschein. Es gilt also: Entsorgung aller Ladenhüter, Pennystock-Aktien und gefallener Engel, die schon von den Research-Listen der Banken gestrichen wurden. Zugegeben, Verluste zu realisieren, fällt schwer.
Strategie 2a
Prüfe deinen Vermögensverwalter
Neben einer Generalüberprüfung des Depots sollte auch der Vermögensverwalter überprüft werden. Denn nicht immer sind die Berater und deren Praktiken über jeden Zweifel erhaben. Selten packt ein Insider aus. Und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand, so wie kürzlich ein Portfolio-Manager, der etwas von seinen Erfahrungen mit den schwarzen Schafen der Branche erzählte.
Angesprochen auf die Unarten der schwarzen Schafe der Branche, nennt der Manager zwei Beispiele. Zum einen die häufig angewandte Praxis, die Depots umzuwälzen: Die Order dazu kommt meist von den oberen Etagen der Bank, worauf im Anschluss entweder Einzeltitel oder das gesamte Depot – ohne berechtigten Grund, versteht sich – verkauft und gekauft und wieder verkauft werden. Dadurch generiert die Bank einen enormen Courtagengewinn. Vor allem Anleger, die mit ihrer Bank eine erfolgsabhängige Bezahlung vereinbart haben, sind davon betroffen. Denn läuft die Börse schlecht und generiert die Bank auf Grund der Minusperformance nur niedrige Einnahmen, wird gerne am Ende des Jahres noch einmal das Depot umgewälzt. Und so kommt die Bank durch die Courtageneinnahmen wieder zu ihrem alten Umsatz.
Zum andern nennt der Portfolio-Manager die «Ich schere alle Kunden über einen Kamm»-Strategie. Hier kommt von einer anderen Abteilung der Bank (die natürlich ihre eigenen Interessen verfolgt) die Empfehlung, einen Titel zu kaufen. Und so wird dieser Titel für alle Vermögensverwaltungskunden, die noch einen Franken Liquidität besitzen, geordert – ungeachtet dessen, ob der Titel zu den anderen oder zur Kundenstrategie passt.
Es gibt daher in Zukunft nur einen Ausweg für Anleger: gewappnet ins Beratergespräch zu gehen. Jede einzelne Position hinterfragen, warum sich ein Titel im Depot befindet, ob und mit welchem Erfolgsausweis getradet wurde, wie oft das Depot umgeschlagen wurde und welche Nettorenditen inklusive detaillierten Performanceausweises erzielt wurden.
Strategie 2b
Prüfe deinen Fondsmanager
Eine andere Spezies, die es genauer zu beleuchten gilt, ist jene der Fondsmanager. Denn wer keine halbe Million (je nach Bank unterschiedlich) über den Bankentisch schieben kann, wir gnadenlos in den Fondstopf geworfen. Als Entschädigung werden die Segnungen der Fonds wie etwa die Risikostreuung und das aktive Management der Profis angepriesen.
Doch ein Blick auf die Fondstabellen belehrt einen eines Besseren: Nur einer der 63 Fonds, die in Schweizer Titeln investiert sind, konnte über die letzten zwölf Monate den MSCI Switzerland Index schlagen. Und noch schlimmer: Alle 17 der in Schweizer Small und Mid Caps investierten Fonds – also Fonds mit Aktien von kleineren und mittleren Unternehmen – schnitten rund doppelt so schlecht ab wie der Vergleichsindex. Wie viel an Minusperformance im Sektor Informationstechnik (mit Ausschlägen bis zu minus 66 Prozent) und Technologie eingefahren wurden, sei besser nicht erwähnt. In struben Zeiten wie diesen kommt ans Licht, welcher Fondsmanager gut ist oder in guten Zeiten einfach nur auf der hohen Welle mitgeschwommen ist. Geht es an der Börse aufwärts, ist es nicht sonderlich schwer zu partizipieren. Doch in unsicheren Zeiten ein halbwegs gutes Ergebnis einzufahren, bedeutet Können.
Ausserdem sind wirklich aktiv verwaltete Fonds selten. Die Fondsmanager investieren indexnah, exponieren sich wenig und gehen möglichst kein Risiko ein. Natürlich beschert diese Strategie keine Outperformance, aber das macht ja nichts, denn alle anderen sind auch nicht besser. Und die satten Managementgebühren gibt es ja ohnehin. Auch in diesem Fall gibt es nur eines: mit Argusaugen die Entwicklung der Fondsperformance mit jener der Benchmark und der Konkurrenzprodukte zu vergleichen. Sollten sich auffallende Fehlentwicklungen in den eigenen Fonds ergeben, heisst es zur Tat schreiten. Doch es gibt noch mehr Gründe, Kopfweh zu kriegen. Zum Beispiel, wenn einem im Depot zwar jede Menge Fonds entgegenlachen, jedoch nur solche der eigenen Bank.
Zwar bieten die meisten Banken in der Zwischenzeit auch Fremdfonds an, dennoch sind in den Vermögensverwaltungen der Kunden ungefähr 95 Prozent an Inhouse-Fonds geparkt. Einer, der dies schon öfter gesehen hat und sich auch zitieren lässt, ist Thomas Metzger vom VZ VermögensZentrum: «Eine recht unseriöse Praxis», stellt er fest, «zumal nicht alle Banken in jedem Bereich die besten Fonds anbieten können.»
Strategie 3
Cash für Baissen in Reserve halten
Die Propaganda der Banken in den letzten Jahren für die «Buy and hold»-Strategie hat gewirkt. Sie ist in aller Munde und wird breit angewendet. Grundsätzlich ist gegen diese Anlagephilosophie auch nichts einzuwenden. Ausser dass der noch viel ältere Ansatz «buy low, sell high» immer mehr verdrängt wird. Denn die «Buy and hold»-Strategie impliziert, dass im Prinzip jeder Zeitpunkt gut sei, eine Aktie zu kaufen, da sich die Schwankungen über die Jahre hindurch sowieso glätteten.
Somit ist der Anleger immer voll investiert, versäumt jedoch, aus Baissephasen Gewinne schlagen zu können, da keine Liquidität mehr vorhanden ist. Und Rückschläge an den Börsen – sei es aus fundamentalen Gründen oder auch nur aus Hysterie – gibt es immer wieder, wie bei der Asienkrise 1997 (minus 12,4 Prozent), der Russlandkrise 1998 (minus 11,3 Prozent) oder während der letzten zwei Jahre bis heute (minus 19,7 Prozent).
Schon vor achtzig Jahren predigte Benjamin Graham, Pate des Value-Investing und Inspirator Buffets, dass «es immer wieder Zeiten gibt, in denen man Aktien für ein Butterbrot kaufen kann». Das erste Mal gab ihm der Zusammenbruch 1929 Recht. Sogar drei Jahre später konnten General-Motors-Aktien noch für 4.50 Dollar statt für 92 Dollar gekauft werden. Chrysler waren von 135 auf 5 Dollar gesunken und General Electric von 220 auf 20 Dollar.
Die besten Zeiten, um Aktien zu kaufen, sind normalerweise jene, in denen es leicht fällt, ein Dutzend Gründe zu finden, dies nicht zu tun. Denn die Kurse sind dann auf ein Niveau gefallen, auf dem alle Befürchtungen bereits wahr geworden sind. Parken Sie deshalb in Zukunft den Teil Ihres Vermögens, den Sie für Aktien reserviert haben, auch mal in den Geldmarkt oder in Obligationen – auch wenn im Geldmarkt Schweiz letztes Jahr nur rund drei Prozent Rendite zu holen waren. Der Zeitpunkt kommt, wo man Unternehmen zu Schnäppchenpreisen einkaufen kann. Aber zugegeben, ein Contrarian zu sein, ist schwer.
Strategie 3 1/2
Statt wehklagen die Banken anklagen?
Hier handelt es sich deshalb nur um eine halbe Strategie, weil sie zwar zunehmend von Anlegern angewendet wird, die Aussichten auf Erfolg jedoch beschränkt sind. Die Zahl der Anleger, die sich Rechtsbeistand holen, ist in den letzten zwei Jahren enorm gewachsen. Eine Umfrage der BILANZ bei ihren Lesern ergab, dass rund 30 Prozent der Befragten den Banken die Schuld für ihre (Buch-)Verluste geben. Doch den Weg zum Kadi treten die wenigsten an. Denn auf halbem Weg dorthin wird den Betroffenen erklärt, dass die Chancen, die erlittenen Verluste von der Bank ersetzt zu bekommen, bescheiden sind.
Von den 1600 Beschwerden, die beim Bankenombudsmann letztes Jahr eingereicht wurden, konnten nur rund 20 Prozent erfolgreich abgeschlossen werden. «Fälle, die schwer rekonstruierbar waren oder in denen keine schriftlichen Beweise vorliegen», seien so gut wie aussichtslos, begründet Bankenombudsmann Hanspeter Häni. Ebenso trist steht es für Anleger, die keinen Vermögensverwaltungs-, sondern einen Beratungsauftrag bei einer Bank hatten. «Gerade dort ist die Verantwortlichkeit der Banken minimal», sagt Gaudenz Domenig, Rechtsanwalt bei Prager Dreifuss. Knapp und eindeutig fügt er noch seine Einschätzung der Gesetzeslage hinzu: «Glauben Sie mir, es ist manchmal frustrierend.»
Frustrierend auch deswegen, weil im juristischen Kleinkrieg gegen die Bankenfront nicht die gleichen Kampfwaffen wie anderswo zur Verfügung stehen. So gehören im Land der unbegrenzten Klagemöglichkeiten, den USA, Sammelklagen und Gewinnbeteiligungen der Anwälte zum Alltag. «In der Schweiz ist beides verboten», dokumentiert Johann-Christoph Rudin, Geschäftsführer von der Schutzgemeinschft der Investoren Schweiz SIS. Doch gerade die Partizipation der Anwälte an der gewonnenen Klagesumme würde es auch kleineren Anlegern ermöglichen, kostenlos vor Gericht zu gehen. Wenn man überhaupt einen Anwalt findet, heisst es. Denn nicht alle Kanzleien nehmen Fälle gegen Banken an, sind doch diese lukrative Arbeitgeber. – Man sägt den Ast nicht ab, auf dem man sitzt.
Die beste aller Strategien gegen Schadenfälle ist deshalb, die hier vorgeschlagenen Strategien in die Praxis umzusetzen.
Adressen, an die Sie sich bei Fragen oder Problemen wenden können:
Schweizerischer Bankenombudsmann, Schweizergasse 21, Postfach 1818, 8021 Zürich,
Telefon: 01/213 14 50
Schutzgemeinschaft der Investoren Schweiz SIS, Zollikerstrasse 4, 8032 Zürich,
Telefon: 01/387 98 60
Diese kleinen Spitzfindigkeiten zur Aufmunterung der Aktionäre entstanden kurz nach dem Platzen der Technologieblase. Zwei Jahre später kursieren immer noch die gleichen Witze, und es bestätigt sich erneut: Es kommt immer schlimmer, als man denkt. Zuerst der tiefe Fall der New Economy, dann der 11. September, und da der moderne Aktionär viel aushalten kann, dachte sich wohl ein launischer Aktiengott, er streue auch noch gleich die Plage mit Enron und der Swissair-Pleite unters Volk.
Wer die letzten zwei Jahre nicht voll in Obligationen investiert war, muss Verluste im niedrigen bis höheren zweistelligen Prozentbereich verzeichnen. Übertroffen wurden die vergangenen zwei Jahr nur noch von den Baissen der Jahre 1929 und 1974. Die Reaktionen der Anleger darauf sind unterschiedlich. Die einen schwören lauthals beim Leben ihrer Schwiegermutter, nie mehr etwas mit Aktien zu tun haben zu wollen. Natürlich nur bis zum nächsten Hype, wenn sie wieder zu spät einsteigen werden. Andere wiederum wetzen die Messer und fordern die Banken zum Zweikampf auf, zwecks Ersetzung ihrer Verluste. Die letzte Gruppe, vorwiegend alte Hasen auf dem glatten Börsenparkett, sitzen ihre Verluste aus. Zumeist still und leise, denn Verluste gibt man ja nicht zu, sondern nur Gewinne.
Leider kann niemand sagen, ob die Höchstkurse innerhalb eines Jahres, erst in fünf Jahren oder noch später wieder erreicht werden. Peter Lynch, bestens bekannt geworden durch seinen Magellan-Fonds, formuliert diese Ungewissheit treffend: «Selbst wenn es um mein Leben ginge, könnte ich nicht sagen, wann es wieder aufwärts geht.» Doch diese Ungewissheit sollte nicht zur Untätigkeit verleiten. Vor dem nächsten Bullenmarkt ein kritisches Zwiegespräch mit sich und seinem Portfolio zu führen, wäre ratsam.
Strategie 1
Diversifikation statt Klumpenrisiko
Zunächst sollte ein Blick auf die Aktienquote geworfen werden. So manch einer hat in den Boomzeiten übersehen, dass sich der Aktienteil automatisch stark erhöht hat. Allein durch die hohe Wertsteigerung bestimmter Branchen hat sich die Zusammensetzung eines ehemals ausgeglichenen Portfolios verschoben und wurde risikoreich. «Jeder Anleger sollte wieder eine sinnvolle Aufteilung seines Depots nach dem persönlichen Risiko-Ertrags-Profil zusammenstellen», rät Professor Klaus Spremann von der HSG. «Kürzlich sah ich das Depot eines Bekannten, der einfach alles zusammengekauft hatte, was in den Zeitungen an Tipps verbrochen wurde. Da musste zuerst einmal eine vernünftige Strategie mit vorgegebenen Aktien-, Obligationen- und Liquiditätsquoten geschaffen werden.»
Ist man dann mit der Strategie und sich im Reinen, gilt es, die Diversifikation seines Portfolios zu prüfen. Zwar beten die Vermögensverwalter häufig ihren Kunden vor, dass eine Aufteilung des Vermögens nach Ländern, Branchen, Währungen und Anlagekategorien nötig ist – doch nicht immer sieht ihr Endergebnis auch so aus. «Mein Depot besteht zu 40 Prozent aus Nebenwerten», wandte sich kürzlich ein Anleger an die Redaktion. Ein 65-jähriger Rentner schreibt: «Mein Bankberater überredete mich, meine 300 000 Franken anstatt auf dem Sparbuch in Obligationen anzulegen. Jetzt habe ich drei verschiedene Obligationen, von denen ein Teil Swissair-Obligationen sind.»
Statt Diversifikation wurde in diesen Fällen ein Klumpenrisiko verkauft. Die 300 000 Franken hätten längstens gereicht, 20 bis 30 verschiedene Papiere zu ordern.
Als weiterer Schritt ist es durchaus ratsam, jeden einzelnen Titel auf sein Potenzial, die Gewinnerwartungen, die möglichen Risiken und die Zukunftsaussichten abzuklopfen. Bei Growth-Aktien heisst es streng nach dem Prinzip vorzugehen: Branchenleader rein – Rest raus. Einige Vorarbeit hierzu hat die Baisse schon geleistet, denn nach den fetten Börsenjahren kommt jetzt so manche Aktienleiche zum Vorschein. Es gilt also: Entsorgung aller Ladenhüter, Pennystock-Aktien und gefallener Engel, die schon von den Research-Listen der Banken gestrichen wurden. Zugegeben, Verluste zu realisieren, fällt schwer.
Strategie 2a
Prüfe deinen Vermögensverwalter
Neben einer Generalüberprüfung des Depots sollte auch der Vermögensverwalter überprüft werden. Denn nicht immer sind die Berater und deren Praktiken über jeden Zweifel erhaben. Selten packt ein Insider aus. Und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand, so wie kürzlich ein Portfolio-Manager, der etwas von seinen Erfahrungen mit den schwarzen Schafen der Branche erzählte.
Angesprochen auf die Unarten der schwarzen Schafe der Branche, nennt der Manager zwei Beispiele. Zum einen die häufig angewandte Praxis, die Depots umzuwälzen: Die Order dazu kommt meist von den oberen Etagen der Bank, worauf im Anschluss entweder Einzeltitel oder das gesamte Depot – ohne berechtigten Grund, versteht sich – verkauft und gekauft und wieder verkauft werden. Dadurch generiert die Bank einen enormen Courtagengewinn. Vor allem Anleger, die mit ihrer Bank eine erfolgsabhängige Bezahlung vereinbart haben, sind davon betroffen. Denn läuft die Börse schlecht und generiert die Bank auf Grund der Minusperformance nur niedrige Einnahmen, wird gerne am Ende des Jahres noch einmal das Depot umgewälzt. Und so kommt die Bank durch die Courtageneinnahmen wieder zu ihrem alten Umsatz.
Zum andern nennt der Portfolio-Manager die «Ich schere alle Kunden über einen Kamm»-Strategie. Hier kommt von einer anderen Abteilung der Bank (die natürlich ihre eigenen Interessen verfolgt) die Empfehlung, einen Titel zu kaufen. Und so wird dieser Titel für alle Vermögensverwaltungskunden, die noch einen Franken Liquidität besitzen, geordert – ungeachtet dessen, ob der Titel zu den anderen oder zur Kundenstrategie passt.
Es gibt daher in Zukunft nur einen Ausweg für Anleger: gewappnet ins Beratergespräch zu gehen. Jede einzelne Position hinterfragen, warum sich ein Titel im Depot befindet, ob und mit welchem Erfolgsausweis getradet wurde, wie oft das Depot umgeschlagen wurde und welche Nettorenditen inklusive detaillierten Performanceausweises erzielt wurden.
Strategie 2b
Prüfe deinen Fondsmanager
Eine andere Spezies, die es genauer zu beleuchten gilt, ist jene der Fondsmanager. Denn wer keine halbe Million (je nach Bank unterschiedlich) über den Bankentisch schieben kann, wir gnadenlos in den Fondstopf geworfen. Als Entschädigung werden die Segnungen der Fonds wie etwa die Risikostreuung und das aktive Management der Profis angepriesen.
Doch ein Blick auf die Fondstabellen belehrt einen eines Besseren: Nur einer der 63 Fonds, die in Schweizer Titeln investiert sind, konnte über die letzten zwölf Monate den MSCI Switzerland Index schlagen. Und noch schlimmer: Alle 17 der in Schweizer Small und Mid Caps investierten Fonds – also Fonds mit Aktien von kleineren und mittleren Unternehmen – schnitten rund doppelt so schlecht ab wie der Vergleichsindex. Wie viel an Minusperformance im Sektor Informationstechnik (mit Ausschlägen bis zu minus 66 Prozent) und Technologie eingefahren wurden, sei besser nicht erwähnt. In struben Zeiten wie diesen kommt ans Licht, welcher Fondsmanager gut ist oder in guten Zeiten einfach nur auf der hohen Welle mitgeschwommen ist. Geht es an der Börse aufwärts, ist es nicht sonderlich schwer zu partizipieren. Doch in unsicheren Zeiten ein halbwegs gutes Ergebnis einzufahren, bedeutet Können.
Ausserdem sind wirklich aktiv verwaltete Fonds selten. Die Fondsmanager investieren indexnah, exponieren sich wenig und gehen möglichst kein Risiko ein. Natürlich beschert diese Strategie keine Outperformance, aber das macht ja nichts, denn alle anderen sind auch nicht besser. Und die satten Managementgebühren gibt es ja ohnehin. Auch in diesem Fall gibt es nur eines: mit Argusaugen die Entwicklung der Fondsperformance mit jener der Benchmark und der Konkurrenzprodukte zu vergleichen. Sollten sich auffallende Fehlentwicklungen in den eigenen Fonds ergeben, heisst es zur Tat schreiten. Doch es gibt noch mehr Gründe, Kopfweh zu kriegen. Zum Beispiel, wenn einem im Depot zwar jede Menge Fonds entgegenlachen, jedoch nur solche der eigenen Bank.
Zwar bieten die meisten Banken in der Zwischenzeit auch Fremdfonds an, dennoch sind in den Vermögensverwaltungen der Kunden ungefähr 95 Prozent an Inhouse-Fonds geparkt. Einer, der dies schon öfter gesehen hat und sich auch zitieren lässt, ist Thomas Metzger vom VZ VermögensZentrum: «Eine recht unseriöse Praxis», stellt er fest, «zumal nicht alle Banken in jedem Bereich die besten Fonds anbieten können.»
Strategie 3
Cash für Baissen in Reserve halten
Die Propaganda der Banken in den letzten Jahren für die «Buy and hold»-Strategie hat gewirkt. Sie ist in aller Munde und wird breit angewendet. Grundsätzlich ist gegen diese Anlagephilosophie auch nichts einzuwenden. Ausser dass der noch viel ältere Ansatz «buy low, sell high» immer mehr verdrängt wird. Denn die «Buy and hold»-Strategie impliziert, dass im Prinzip jeder Zeitpunkt gut sei, eine Aktie zu kaufen, da sich die Schwankungen über die Jahre hindurch sowieso glätteten.
Somit ist der Anleger immer voll investiert, versäumt jedoch, aus Baissephasen Gewinne schlagen zu können, da keine Liquidität mehr vorhanden ist. Und Rückschläge an den Börsen – sei es aus fundamentalen Gründen oder auch nur aus Hysterie – gibt es immer wieder, wie bei der Asienkrise 1997 (minus 12,4 Prozent), der Russlandkrise 1998 (minus 11,3 Prozent) oder während der letzten zwei Jahre bis heute (minus 19,7 Prozent).
Schon vor achtzig Jahren predigte Benjamin Graham, Pate des Value-Investing und Inspirator Buffets, dass «es immer wieder Zeiten gibt, in denen man Aktien für ein Butterbrot kaufen kann». Das erste Mal gab ihm der Zusammenbruch 1929 Recht. Sogar drei Jahre später konnten General-Motors-Aktien noch für 4.50 Dollar statt für 92 Dollar gekauft werden. Chrysler waren von 135 auf 5 Dollar gesunken und General Electric von 220 auf 20 Dollar.
Die besten Zeiten, um Aktien zu kaufen, sind normalerweise jene, in denen es leicht fällt, ein Dutzend Gründe zu finden, dies nicht zu tun. Denn die Kurse sind dann auf ein Niveau gefallen, auf dem alle Befürchtungen bereits wahr geworden sind. Parken Sie deshalb in Zukunft den Teil Ihres Vermögens, den Sie für Aktien reserviert haben, auch mal in den Geldmarkt oder in Obligationen – auch wenn im Geldmarkt Schweiz letztes Jahr nur rund drei Prozent Rendite zu holen waren. Der Zeitpunkt kommt, wo man Unternehmen zu Schnäppchenpreisen einkaufen kann. Aber zugegeben, ein Contrarian zu sein, ist schwer.
Strategie 3 1/2
Statt wehklagen die Banken anklagen?
Hier handelt es sich deshalb nur um eine halbe Strategie, weil sie zwar zunehmend von Anlegern angewendet wird, die Aussichten auf Erfolg jedoch beschränkt sind. Die Zahl der Anleger, die sich Rechtsbeistand holen, ist in den letzten zwei Jahren enorm gewachsen. Eine Umfrage der BILANZ bei ihren Lesern ergab, dass rund 30 Prozent der Befragten den Banken die Schuld für ihre (Buch-)Verluste geben. Doch den Weg zum Kadi treten die wenigsten an. Denn auf halbem Weg dorthin wird den Betroffenen erklärt, dass die Chancen, die erlittenen Verluste von der Bank ersetzt zu bekommen, bescheiden sind.
Von den 1600 Beschwerden, die beim Bankenombudsmann letztes Jahr eingereicht wurden, konnten nur rund 20 Prozent erfolgreich abgeschlossen werden. «Fälle, die schwer rekonstruierbar waren oder in denen keine schriftlichen Beweise vorliegen», seien so gut wie aussichtslos, begründet Bankenombudsmann Hanspeter Häni. Ebenso trist steht es für Anleger, die keinen Vermögensverwaltungs-, sondern einen Beratungsauftrag bei einer Bank hatten. «Gerade dort ist die Verantwortlichkeit der Banken minimal», sagt Gaudenz Domenig, Rechtsanwalt bei Prager Dreifuss. Knapp und eindeutig fügt er noch seine Einschätzung der Gesetzeslage hinzu: «Glauben Sie mir, es ist manchmal frustrierend.»
Frustrierend auch deswegen, weil im juristischen Kleinkrieg gegen die Bankenfront nicht die gleichen Kampfwaffen wie anderswo zur Verfügung stehen. So gehören im Land der unbegrenzten Klagemöglichkeiten, den USA, Sammelklagen und Gewinnbeteiligungen der Anwälte zum Alltag. «In der Schweiz ist beides verboten», dokumentiert Johann-Christoph Rudin, Geschäftsführer von der Schutzgemeinschft der Investoren Schweiz SIS. Doch gerade die Partizipation der Anwälte an der gewonnenen Klagesumme würde es auch kleineren Anlegern ermöglichen, kostenlos vor Gericht zu gehen. Wenn man überhaupt einen Anwalt findet, heisst es. Denn nicht alle Kanzleien nehmen Fälle gegen Banken an, sind doch diese lukrative Arbeitgeber. – Man sägt den Ast nicht ab, auf dem man sitzt.
Die beste aller Strategien gegen Schadenfälle ist deshalb, die hier vorgeschlagenen Strategien in die Praxis umzusetzen.
Adressen, an die Sie sich bei Fragen oder Problemen wenden können:
Schweizerischer Bankenombudsmann, Schweizergasse 21, Postfach 1818, 8021 Zürich,
Telefon: 01/213 14 50
Schutzgemeinschaft der Investoren Schweiz SIS, Zollikerstrasse 4, 8032 Zürich,
Telefon: 01/387 98 60
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