Der Schock sitzt den Menschen in Japan immer noch in den Knochen. Am Montag brach der Leitindex Nikkei 225 um 12,4 Prozent ein. 1,1 Billionen Dollar an Börsenwert verdampften beim grössten Crash der Landesgeschichte. Und auch wenn die Börse die Verluste des Vortages bereits am Dienstag fast wieder aufholte, wird das Ereignis lange nachwirken. Denn es zeigte sich, welche gewaltigen Auswirkungen die japanische Geldpolitik auf die japanischen und globalen Märkte hat.
In Japan tauften die Zeitungen den Crash «Ueda-Schock» in Anspielung auf den Notenbankchef Kazuo Ueda und den Lehman-Schock in der Finanzkrise 2008. Denn es war die Zinserhöhung der Bank of Japan Ende Juli, die den Ausverkauf auslöste. Ueda hatte dem Druck der Regierung nachgegeben, die wegen des schwachen Yen extrem unbeliebt ist. Dazu muss man wissen: Zwischen 2012 und 2024 verlor der Yen zum Dollar rund die Hälfte des Werts.
Dieser Absturz hatte sich seit Corona massiv verstärkt, bis die Notenbank im März erstmals seit 17 Jahren den Leitzins erhöht hat. Für die Japanerinnen und Japaner sind die Folgen des schwachen Yen gravierend: Immer weniger Menschen können sich Reisen ins Ausland leisten. Und im Inland halten die Löhne nicht mit der Inflation mit, da alle aus dem Ausland eingeführten Waren viel teurer wurden.
Japan bleibt in der Zwickmühle
Die erneute Zinserhöhung der Bank of Japan war damit nachvollziehbar. Dennoch kam sie nach schwachen Wirtschaftsdaten überraschend. Und leider verpasste es Ueda, den Zinsschritt den Märkten schonend zu kommunizieren. Folglich kam es am Freitag zu einem Ausverkauf an der Börse, der sich am Montag noch zuspitzte. Denn ein stärkerer Yen schadet den exportorientierten japanischen Firmen. So verlor Toyota am Montag 14 Prozent.
Für die Welt bedeutsamer war aber ein anderer Effekt der Yen-Aufwertung: Diese bedeutete das Ende für sogenannte Carry Trades, Anlagestrategien, die auf einer billigen Kreditaufnahme in Yen beruhen. Dabei wird das in Japan aufgenommene Geld zum Beispiel in den USA in Aktien oder Anleihen angelegt. Doch wenn der Yen plötzlich steigt, drohen Verluste. Zahlreiche Investoren mussten deshalb verkaufen, was zum globalen Börsenbeben am Freitag und Montag beitrug.
Schliesslich versicherte die Bank of Japan, dass weitere Zinserhöhungen vom Tisch seien, «wenn sie die Stabilität der Märkte gefährden». Auch entpuppte sich der Crash als massive Überreaktion. Der Yen-Kurs zum Dollar ist weiter tief und sinkt wieder, und die Aussichten für japanische Firmen sind nicht schlecht. Aber das Land bleibt in der Zwickmühle: Eine lockere Geldpolitik tötet die eigene Währung, doch jede Straffung sorgt für Verwerfungen an den weltweiten Börsen.