Was geschieht mit dem Unternehmen, wenn Ihnen etwas zustösst?» Das werde er immer und immer wieder gefragt. «Ja gegenüber wichtigen Investoren musste ich mich verpflichten, mindestens bis ins Jahr 2005 die BT&T Asset Management zu führen. Nun sind wir damit beschäftigt, die Führungsstruktur zu verbreitern.» Walter Meier lehnt sich, sichtlich zufrieden, in seinem Stuhl zurück, um unter halb geschlossenen Augenlidern hervor die Wirkung der Worte auf seine Gesprächspartner beobachten zu können.
Der 50-Jährige geniesst bei Pensionskassenmanagern einen schon fast legendären Ruf als Geldvermehrer. Den begründete der Betriebswirtschaftler, Buchautor und einstige HSG-Lehrbeauftragte für Unternehmensplanung im Mai 1994, als er mit wenig Geld, dafür viel Selbstvertrauen die Beteiligungsgesellschaft BT&T Telekommunikations und Technologie AG gründete. Walter Meier ist ein vortrefflicher Verkäufer. Sonst hätte er es vor sieben Jahren wohl kaum geschafft, Pensionskassen, Banken sowie Versicherungen, die er als Kerninvestoren zu gewinnen trachtete, von seinem für damalige Zeiten etwas gar fremdartigen Investmentkonzept überzeugen zu können: Anlagen in den Sektoren Telekommunikation, Information, Medien, Entertainment, von Meier in das griffige Kürzel «Time» gepackt.
1995 ging BT&T Time, wie sie firmenintern genannt wird, an die Börse. Nur hielt sich die Begeisterung des Publikums zunächst in Grenzen. Erst als die Investoren neuartige Sektoren wie Information-Technology oder Internet als verheissungsvolle Anlagemöglichkeiten zu sichten begannen, erinnerte man sich des Trendsetters BT&T. Innerhalb von nur 18 Monaten schossen deren Aktien denn auch rund 500 Prozent nach oben. Im Frühjahr 2000 zerplatzte die E-Spekulationsblase; bis Ende Jahr stürzten BT&T um 60 Prozent ab, 2500 Millionen Franken lösten sich in Luft auf (siehe «Heftige E-Schäden» auf dieser Seite).
Nun wusste zwar so ziemlich jedermann um die üppigen Risiken, die mit einem Engagement in diesen Märkten, ergo in BT&T, verbunden sind. Dennoch häuft sich seit einigen Monaten harsche Kritik an der BT&T Asset Management, auch BAM genannt. Trotz Namensgleichheit hat diese rechtlich mit der BT&T Time nichts zu tun. Vielmehr ist die von Walter Meier ins Leben gerufene und von ihm finanziell kontrollierte BAM, bei der er als Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer amtet, von der BT&T Time mit dem Asset-Management betraut worden. Doch bei dieser Disziplin muss die BAM für das vergangene Jahr miserable Noten einstecken. Denn im direkten Vergleich vermochte das Management nicht einmal den Nasdaq Composite, den Index der US-Technologiebörse, zu schlagen. «Die Kursentwicklung der BT&T Time für das vergangene Jahr ist enttäuschend», gesteht auch Walter Meier ein.
Erst recht eine blamable Performance für ein Unternehmen, das bei jeder Gelegenheit sein enormes Know-how herausstellt. «Das Research ist das Juwel der BAM. Da wurde die im Time-Bereich weltweit grösste Datenbank aufgebaut; die können auf Knopfdruck alle anlagerelevanten Informationen abrufen», schwärmt Heinrich Steinmann, einst SBG-Generaldirektor, heute unter anderem Verwaltungsrat der BT&T Time.
BAM wendet viel Geld für hauseigenes und fremdes Research auf. Bei der Asset-Management-Gesellschaft werden 31 Leute beschäftigt, ein laut Branchenstimmen im Verhältnis zum verwalteten Vermögen un-verhältnismässig hoher Bestand. Alleine im Research sind 14 Personen beschäftigt. (Übrigens will Walter Meier die Abteilung auf 30 Mitarbeiter ausbauen.) Im vergangenen Jahr wurden 15 Millionen Franken ins Research gepumpt, für das laufende Jahr sind sogar 20 Millionen budgetiert. «Weil wir dermassen viel Geld investieren, geben wir nur zweimal jährlich die Struktur unseres Portefeuilles bekannt. Wir wollen schliesslich unseren Know-how-Vorsprung wahren», meint Walter Meier mit unverhohlenem Stolz.
Ein Blick ins Depot, Stand Ende Juni 2000, macht deutlich, dass es mit diesem Wissensvorsprung nicht weit her ist. Zu einem Zeitpunkt, zu dem der Internet-Börsencrash bereits seit Monaten für Schlagzeilen sorgte, hockte BAM unverdrossen auf grossen Positionen. Darunter waren Aushängeschilder der E-Commerce-Branche zu finden wie Amazon, eBay, E-Trade oder Yahoo, samt und sonders Firmen, die bereits von einem Heer von Analysten genaustens verfolgt wurden. Wie auch Broadcom oder EMC, weitere BAM-Investments. Die Frage nach der Qualität des eigenen Research beantwortet Meier indirekt selbst: «Inzwischen haben wir das Portfolio massiv umgeschichtet.»
Trotz schwachen Leistungen muss sich Walter Meier keine Sorgen machen, dass die BT&T Time der BAM Knall und Fall den Managementvertrag kündigt. Dafür hat er beizeiten vorgesorgt. So präsidiert er nicht nur den Verwaltungsrat der BAM, sondern auch denjenigen der BT&T Time. Bei Letzterer wurde das Rotationsprinzip praktiziert, alle zwei Jahre wechselte der VR-Präsident. Als Meier 1999 Chef des vierköpfigen Gremiums wurde, schaffte er sogleich das Turnusverfahren ab. Als BT&T-Time-Präsident wird man fürstlich entlöhnt: Im Superjahr 1999 steckte Meier 2,3 Millionen Franken ein, für 2000 werde er sich mit der Hälfte bescheiden. Das wären dann noch magere 143 750 Franken pro Verwaltungsratssitzung.
Seine Wahl rief nicht nur ungetrübte Freude hervor. «Es kann doch nicht angehen, dass Meier als VR-Präsident beider Firmen quasi mit sich selbst verhandelt über Managementverträge, ja sich letztlich sogar selbst kontrolliert», kritisiert das damalige BT&T-Verwaltungsratsmitglied Robert Straub. Als sein Einwand nichts fruchtete, «bin ich gegangen, obwohl das mein bestbezahltes Mandat war», erinnert sich der einstige Leiter der Finanzverwaltung des Kantons Zürich und heutige Finanz- und Vermögensberater. Darauf angesprochen, reagiert Walter Meier heftig; Straub habe gehen müssen, weil er kein Problemlöser sei und sich auch nicht loyal verhalten habe. Eine späte «Erkenntnis», immerhin war Straub als Mitgründer der BT&T Time jahrelang mit an Bord.
Hitzige Diskussionen im Verwaltungsrat löste damals auch ein von Walter Meier ausgetüfteltes Absicherungsmodell aus. Dieses steht im Zusammenhang mit dem Market-Making, das die BAM Anfang 1999 übernommen hat. Dabei geht es um die Sicherstellung eines geordneten Handels in BT&T-Time-Aktien. Denn gerade Institutionelle bevorzugen Investments mit einem liquiden Markt. Zur Finanzierung gewährte die BT&T Time der BAM eine Kreditlinie von 200 Millionen Franken, davon sind rund zwei Drittel bezogen. Vorderhand teilen sich die beiden Firmen Gewinne oder Verluste aus dem Market-Making, ab Mitte 2001 handelt die BAM auf eigene Rechnung und Gefahr.
Der Handel ist auf maximal zehn Prozent der BT&T-Titel beschränkt. Weil jedoch die BAM im Baissejahr 2000 derart viele Aktien abschöpfen musste, um den Kurseinbruch in Grenzen zu halten, wurde zusätzlich ein so genannter Investmentbestand aufgebaut. Inzwischen hält die Asset-Management-Gesellschaft total rund 22 Prozent der BT&T-Titel, Wert: gegen 400 Millionen Franken. Deshalb wollte BAM ihre Dienste absichern und schloss mit der BT&T Time einen Vertrag ab, der von Finanzexperten als «einmalig in der Branche» taxiert wird. Das komplizierte, mit einer Verkaufsoption von BT&T-Papieren verbundene Regelwerk ist nichts anderes als ein goldener Fallschirm: Löst eine der Parteien den Vertrag vor Ende 2003 auf, müsste eine Strafe von bis zu mehreren Hundert Millionen Franken gezahlt werden.
Sowieso hat Walter Meier keine Bange wegen allzu heftiger Opposition seitens der BT&T-Time-Aktionäre. Rund um die Beteiligungsgesellschaft hat er ein Netz geknüpft und die wichtigsten Akteure als Mitkassierer eingebunden (siehe «Walter Meiers Geldmaschine» auf dieser Seite). Die fünf bedeutendsten Geldgeber der BT&T Time halten zusammen rund 35 Prozent der Beteiligungsgesellschaft. Gleichzeitig gehören denselben Institutionellen 44,5 Prozent der BAM, und alle sind dort im achtköpfigen Verwaltungsrat vertreten! Das bringt ihnen jährlich je 50 000 Franken sowie Optionen auf BAM-Titel ein. Als Supplement gesellen sich dazu je 1,9 Prozent an der BT&T Technologie Holding.
«Die Institutionellen haben uns beim Start geholfen, deshalb beteiligen wir sie auch an der BAM», erläutert Meier das ungewöhnliche Konstrukt. Allerdings verfolgt er mit der raffinierten Einbindung der Grossanleger eigene Ziele. Einmal hat er die Pensionskassen bei der BT&T Time als Langfristinvestoren festgezurrt; diese werden sich hüten, ihre Pakete auf den Markt zu werfen und damit der Asset-Management-Gesellschaft zu schaden, weil es letztlich auch sie als BAM-Aktionäre träfe. Zudem behält Meier das Sagen in seinem Reich: Die BAM, von Meier über die BT&T Technologie Holding kontrolliert, hält 21,9 Prozent an der BT&T Time. Zusammen mit den 35 Prozent der fünf Institutionellen kommt Meier auf rund 57 Prozent.
«Ein klassischer Interessenkonflikt», beurteilt ein Bankier die Doppelrolle der Institutionellen, «die verlieren klar an Unabhängigkeit.» Keine Probleme sieht Daniel Gloor, zuständig für die Anlagen der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich, eine der fünf involvierten Pensionskassen: «Bei BAM werden die Weichen gestellt. Dort können wir aktiv Einfluss nehmen auf die Investmentstrategie.» Ähnlich argumentiert Jacques Brossard, Leiter Institutional Asset Management bei der Banque Cantonale Vaudoise. Ihn stört nicht einmal, dass die welsche Staatsbank nicht nur auf beiden Seiten Aktionär ist, sondern auch noch bei BT&T Time als Kreditgeber auftritt. Worum es den Institutionellen wirklich geht, erläutert freimütig Hans-Peter Sieber, Direktor der Bernischen Lehrerversicherungskasse: «Man muss sich heutzutage immer mehr Gedanken machen, wo sich noch Geld verdienen lässt. Mit diesem Modell verdienen wir auf beiden Seiten.»
Am meisten verdient Walter Meier. Die Asset-Management-Gesellschaft kassiert für ihre Dienste eine Grundgebühr von 0,65 Prozent des Net-Asset-Value (innerer Wert) sowie eine von der Performance der BT&T-Time-Aktien abhängige Entschädigung. 1998 flossen 17,1 Millionen Franken, 1999 gar 48,2 Millionen in die BAM-Kassen. Sogar für das vergangene Jahr, das dem BT&T-Time-Aktionär schwere Kursverluste eintrug, wird BAM über 35 Millionen Franken einnehmen – ein einziges gutes Quartal, nämlich das erste, macht dies möglich. Da die Nettoerträge in der BAM verbleiben, häuft sich dort das Eigenkapital an, Meier kann aus seiner Privatschatulle Aktien zu laufend höheren Preisen an Institutionelle verkaufen. Dergestalt ist Walter Meier mit seiner BT&T-Gruppe innert weniger Jahre zu einem der reichsten Schweizer geworden: Per 1999 versteuerte er in der Gemeinde Kilchberg 2 Millionen Franken Einkommen und 155 Millionen Vermögen.
Doch die Geldmaschine ist ins Stottern geraten. Als sich im letzten Jahr der Kurssturz der BT&T-Time-Aktien beschleunigte, musste BAM als Market-Maker immer mehr Titel auffangen, sonst wären die Kurse endgültig in den freien Fall übergegangen. Vor allem aber hätte sich die Prämie in Luft aufgelöst; als Prämie wird die prozentuale Differenz bezeichnet, um die der Kurs über dem Nettoinventarwert einer Aktie liegt. Üblich bei einer Investmentgesellschaft ist eine Prämie von einigen Prozent. Die BAM jedoch hat im vergangenen Jahr die Prämie bei BT&T kontinuierlich auf bis gegen 40 Prozent aufgebaut (siehe «Heftige E-Schäden» auf Seite 43).
«Die sollten endlich aufhören mit dem überholten Prämiendenken», entrüstet sich ein Bankier. Allerdings bringen hohe Prämien den Akteuren auch Vorteile, beispielsweise bei Kapitalerhöhungen. Im Mai und Juni 2000 flossen bei gleich drei Kapitalerhöhungen alleine wegen der Prämie zusätzlich mindestens 100 Millionen Franken in die BT&T Time. Auch Grossinvestoren wissen eine saftige Prämie zu schätzen, denn um diese Differenz müssen sie Ende Jahr ihre BT&T-Beteiligung weniger wertberichtigen.
Ein allzu intensives Prämienbolzen allerdings wächst sich in Zeiten fallender Aktienpreise zum teuren Unterfangen aus. Wie bei der BT&T Asset Management: Aus ihrem Market-Making für das vergangene Jahr resultiert ein Verlust von sage und schreibe 100 Millionen Franken. Daran muss die BAM 50 Millionen beisteuern, den Rest trägt BT&T Time. Doch auch die Aussichten auf neue Einnahmen sind trübe. Die BAM kann erst wieder erfolgsabhängige Prämien kassieren, wenn die Kursverluste aufgeholt sind. Laut Meier müsse zuerst der Net-Asset-Value pro BT&T-Aktie auf etwa 800 Franken gesteigert werden. Mitte Januar lag dieser bei 360 Franken. Damit ist diese Einnahmequelle für das laufende, möglicherweise auch für das kommende Jahr versiegt. Die BAM allerdings sieht sich hohen Betriebskosten gegenüber, Meier trägt sich zudem mit hochfliegenden Expansionsplänen: «Wir verstehen uns als Plattform für Institutionelle. Deshalb wollen wir das Research laufend ausbauen.»
Was tut man, wenn urplötzlich die Betriebsmittel fehlen? Man gründet eine neue Beteiligungsgesellschaft. Etwa in der Art, wie sie Walter Meier vor wenigen Tagen vorstellte: selbes Konstrukt, neues Anlagekonzept (siehe «Mit Life noch mehr Geld verdienen» auf dieser Seite). Wie einst BT&T Time soll auch die neue BT&T Life kotiert werden. Und wie bei BT&T Time will Meier an der neuen Firma eine Beteiligung von 20 bis 30 Prozent halten.
Der vom Betriebswirtschaftler zum Finanzstrategen Gewandelte denkt längst in höheren Dimensionen. Eines nicht so fernen Tages will er überdies seine BT&T Technologie Holding an die Börse bringen. Also ausgerechnet das Vehikel, dessen wichtigste Beteiligungen, jene an der BT&T Time sowie an der BT&T Life, dannzumal bereits an der Börse kotiert sind.
Der 50-Jährige geniesst bei Pensionskassenmanagern einen schon fast legendären Ruf als Geldvermehrer. Den begründete der Betriebswirtschaftler, Buchautor und einstige HSG-Lehrbeauftragte für Unternehmensplanung im Mai 1994, als er mit wenig Geld, dafür viel Selbstvertrauen die Beteiligungsgesellschaft BT&T Telekommunikations und Technologie AG gründete. Walter Meier ist ein vortrefflicher Verkäufer. Sonst hätte er es vor sieben Jahren wohl kaum geschafft, Pensionskassen, Banken sowie Versicherungen, die er als Kerninvestoren zu gewinnen trachtete, von seinem für damalige Zeiten etwas gar fremdartigen Investmentkonzept überzeugen zu können: Anlagen in den Sektoren Telekommunikation, Information, Medien, Entertainment, von Meier in das griffige Kürzel «Time» gepackt.
1995 ging BT&T Time, wie sie firmenintern genannt wird, an die Börse. Nur hielt sich die Begeisterung des Publikums zunächst in Grenzen. Erst als die Investoren neuartige Sektoren wie Information-Technology oder Internet als verheissungsvolle Anlagemöglichkeiten zu sichten begannen, erinnerte man sich des Trendsetters BT&T. Innerhalb von nur 18 Monaten schossen deren Aktien denn auch rund 500 Prozent nach oben. Im Frühjahr 2000 zerplatzte die E-Spekulationsblase; bis Ende Jahr stürzten BT&T um 60 Prozent ab, 2500 Millionen Franken lösten sich in Luft auf (siehe «Heftige E-Schäden» auf dieser Seite).
Nun wusste zwar so ziemlich jedermann um die üppigen Risiken, die mit einem Engagement in diesen Märkten, ergo in BT&T, verbunden sind. Dennoch häuft sich seit einigen Monaten harsche Kritik an der BT&T Asset Management, auch BAM genannt. Trotz Namensgleichheit hat diese rechtlich mit der BT&T Time nichts zu tun. Vielmehr ist die von Walter Meier ins Leben gerufene und von ihm finanziell kontrollierte BAM, bei der er als Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer amtet, von der BT&T Time mit dem Asset-Management betraut worden. Doch bei dieser Disziplin muss die BAM für das vergangene Jahr miserable Noten einstecken. Denn im direkten Vergleich vermochte das Management nicht einmal den Nasdaq Composite, den Index der US-Technologiebörse, zu schlagen. «Die Kursentwicklung der BT&T Time für das vergangene Jahr ist enttäuschend», gesteht auch Walter Meier ein.
Erst recht eine blamable Performance für ein Unternehmen, das bei jeder Gelegenheit sein enormes Know-how herausstellt. «Das Research ist das Juwel der BAM. Da wurde die im Time-Bereich weltweit grösste Datenbank aufgebaut; die können auf Knopfdruck alle anlagerelevanten Informationen abrufen», schwärmt Heinrich Steinmann, einst SBG-Generaldirektor, heute unter anderem Verwaltungsrat der BT&T Time.
BAM wendet viel Geld für hauseigenes und fremdes Research auf. Bei der Asset-Management-Gesellschaft werden 31 Leute beschäftigt, ein laut Branchenstimmen im Verhältnis zum verwalteten Vermögen un-verhältnismässig hoher Bestand. Alleine im Research sind 14 Personen beschäftigt. (Übrigens will Walter Meier die Abteilung auf 30 Mitarbeiter ausbauen.) Im vergangenen Jahr wurden 15 Millionen Franken ins Research gepumpt, für das laufende Jahr sind sogar 20 Millionen budgetiert. «Weil wir dermassen viel Geld investieren, geben wir nur zweimal jährlich die Struktur unseres Portefeuilles bekannt. Wir wollen schliesslich unseren Know-how-Vorsprung wahren», meint Walter Meier mit unverhohlenem Stolz.
Ein Blick ins Depot, Stand Ende Juni 2000, macht deutlich, dass es mit diesem Wissensvorsprung nicht weit her ist. Zu einem Zeitpunkt, zu dem der Internet-Börsencrash bereits seit Monaten für Schlagzeilen sorgte, hockte BAM unverdrossen auf grossen Positionen. Darunter waren Aushängeschilder der E-Commerce-Branche zu finden wie Amazon, eBay, E-Trade oder Yahoo, samt und sonders Firmen, die bereits von einem Heer von Analysten genaustens verfolgt wurden. Wie auch Broadcom oder EMC, weitere BAM-Investments. Die Frage nach der Qualität des eigenen Research beantwortet Meier indirekt selbst: «Inzwischen haben wir das Portfolio massiv umgeschichtet.»
Trotz schwachen Leistungen muss sich Walter Meier keine Sorgen machen, dass die BT&T Time der BAM Knall und Fall den Managementvertrag kündigt. Dafür hat er beizeiten vorgesorgt. So präsidiert er nicht nur den Verwaltungsrat der BAM, sondern auch denjenigen der BT&T Time. Bei Letzterer wurde das Rotationsprinzip praktiziert, alle zwei Jahre wechselte der VR-Präsident. Als Meier 1999 Chef des vierköpfigen Gremiums wurde, schaffte er sogleich das Turnusverfahren ab. Als BT&T-Time-Präsident wird man fürstlich entlöhnt: Im Superjahr 1999 steckte Meier 2,3 Millionen Franken ein, für 2000 werde er sich mit der Hälfte bescheiden. Das wären dann noch magere 143 750 Franken pro Verwaltungsratssitzung.
Seine Wahl rief nicht nur ungetrübte Freude hervor. «Es kann doch nicht angehen, dass Meier als VR-Präsident beider Firmen quasi mit sich selbst verhandelt über Managementverträge, ja sich letztlich sogar selbst kontrolliert», kritisiert das damalige BT&T-Verwaltungsratsmitglied Robert Straub. Als sein Einwand nichts fruchtete, «bin ich gegangen, obwohl das mein bestbezahltes Mandat war», erinnert sich der einstige Leiter der Finanzverwaltung des Kantons Zürich und heutige Finanz- und Vermögensberater. Darauf angesprochen, reagiert Walter Meier heftig; Straub habe gehen müssen, weil er kein Problemlöser sei und sich auch nicht loyal verhalten habe. Eine späte «Erkenntnis», immerhin war Straub als Mitgründer der BT&T Time jahrelang mit an Bord.
Hitzige Diskussionen im Verwaltungsrat löste damals auch ein von Walter Meier ausgetüfteltes Absicherungsmodell aus. Dieses steht im Zusammenhang mit dem Market-Making, das die BAM Anfang 1999 übernommen hat. Dabei geht es um die Sicherstellung eines geordneten Handels in BT&T-Time-Aktien. Denn gerade Institutionelle bevorzugen Investments mit einem liquiden Markt. Zur Finanzierung gewährte die BT&T Time der BAM eine Kreditlinie von 200 Millionen Franken, davon sind rund zwei Drittel bezogen. Vorderhand teilen sich die beiden Firmen Gewinne oder Verluste aus dem Market-Making, ab Mitte 2001 handelt die BAM auf eigene Rechnung und Gefahr.
Der Handel ist auf maximal zehn Prozent der BT&T-Titel beschränkt. Weil jedoch die BAM im Baissejahr 2000 derart viele Aktien abschöpfen musste, um den Kurseinbruch in Grenzen zu halten, wurde zusätzlich ein so genannter Investmentbestand aufgebaut. Inzwischen hält die Asset-Management-Gesellschaft total rund 22 Prozent der BT&T-Titel, Wert: gegen 400 Millionen Franken. Deshalb wollte BAM ihre Dienste absichern und schloss mit der BT&T Time einen Vertrag ab, der von Finanzexperten als «einmalig in der Branche» taxiert wird. Das komplizierte, mit einer Verkaufsoption von BT&T-Papieren verbundene Regelwerk ist nichts anderes als ein goldener Fallschirm: Löst eine der Parteien den Vertrag vor Ende 2003 auf, müsste eine Strafe von bis zu mehreren Hundert Millionen Franken gezahlt werden.
Sowieso hat Walter Meier keine Bange wegen allzu heftiger Opposition seitens der BT&T-Time-Aktionäre. Rund um die Beteiligungsgesellschaft hat er ein Netz geknüpft und die wichtigsten Akteure als Mitkassierer eingebunden (siehe «Walter Meiers Geldmaschine» auf dieser Seite). Die fünf bedeutendsten Geldgeber der BT&T Time halten zusammen rund 35 Prozent der Beteiligungsgesellschaft. Gleichzeitig gehören denselben Institutionellen 44,5 Prozent der BAM, und alle sind dort im achtköpfigen Verwaltungsrat vertreten! Das bringt ihnen jährlich je 50 000 Franken sowie Optionen auf BAM-Titel ein. Als Supplement gesellen sich dazu je 1,9 Prozent an der BT&T Technologie Holding.
«Die Institutionellen haben uns beim Start geholfen, deshalb beteiligen wir sie auch an der BAM», erläutert Meier das ungewöhnliche Konstrukt. Allerdings verfolgt er mit der raffinierten Einbindung der Grossanleger eigene Ziele. Einmal hat er die Pensionskassen bei der BT&T Time als Langfristinvestoren festgezurrt; diese werden sich hüten, ihre Pakete auf den Markt zu werfen und damit der Asset-Management-Gesellschaft zu schaden, weil es letztlich auch sie als BAM-Aktionäre träfe. Zudem behält Meier das Sagen in seinem Reich: Die BAM, von Meier über die BT&T Technologie Holding kontrolliert, hält 21,9 Prozent an der BT&T Time. Zusammen mit den 35 Prozent der fünf Institutionellen kommt Meier auf rund 57 Prozent.
«Ein klassischer Interessenkonflikt», beurteilt ein Bankier die Doppelrolle der Institutionellen, «die verlieren klar an Unabhängigkeit.» Keine Probleme sieht Daniel Gloor, zuständig für die Anlagen der Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich, eine der fünf involvierten Pensionskassen: «Bei BAM werden die Weichen gestellt. Dort können wir aktiv Einfluss nehmen auf die Investmentstrategie.» Ähnlich argumentiert Jacques Brossard, Leiter Institutional Asset Management bei der Banque Cantonale Vaudoise. Ihn stört nicht einmal, dass die welsche Staatsbank nicht nur auf beiden Seiten Aktionär ist, sondern auch noch bei BT&T Time als Kreditgeber auftritt. Worum es den Institutionellen wirklich geht, erläutert freimütig Hans-Peter Sieber, Direktor der Bernischen Lehrerversicherungskasse: «Man muss sich heutzutage immer mehr Gedanken machen, wo sich noch Geld verdienen lässt. Mit diesem Modell verdienen wir auf beiden Seiten.»
Am meisten verdient Walter Meier. Die Asset-Management-Gesellschaft kassiert für ihre Dienste eine Grundgebühr von 0,65 Prozent des Net-Asset-Value (innerer Wert) sowie eine von der Performance der BT&T-Time-Aktien abhängige Entschädigung. 1998 flossen 17,1 Millionen Franken, 1999 gar 48,2 Millionen in die BAM-Kassen. Sogar für das vergangene Jahr, das dem BT&T-Time-Aktionär schwere Kursverluste eintrug, wird BAM über 35 Millionen Franken einnehmen – ein einziges gutes Quartal, nämlich das erste, macht dies möglich. Da die Nettoerträge in der BAM verbleiben, häuft sich dort das Eigenkapital an, Meier kann aus seiner Privatschatulle Aktien zu laufend höheren Preisen an Institutionelle verkaufen. Dergestalt ist Walter Meier mit seiner BT&T-Gruppe innert weniger Jahre zu einem der reichsten Schweizer geworden: Per 1999 versteuerte er in der Gemeinde Kilchberg 2 Millionen Franken Einkommen und 155 Millionen Vermögen.
Doch die Geldmaschine ist ins Stottern geraten. Als sich im letzten Jahr der Kurssturz der BT&T-Time-Aktien beschleunigte, musste BAM als Market-Maker immer mehr Titel auffangen, sonst wären die Kurse endgültig in den freien Fall übergegangen. Vor allem aber hätte sich die Prämie in Luft aufgelöst; als Prämie wird die prozentuale Differenz bezeichnet, um die der Kurs über dem Nettoinventarwert einer Aktie liegt. Üblich bei einer Investmentgesellschaft ist eine Prämie von einigen Prozent. Die BAM jedoch hat im vergangenen Jahr die Prämie bei BT&T kontinuierlich auf bis gegen 40 Prozent aufgebaut (siehe «Heftige E-Schäden» auf Seite 43).
«Die sollten endlich aufhören mit dem überholten Prämiendenken», entrüstet sich ein Bankier. Allerdings bringen hohe Prämien den Akteuren auch Vorteile, beispielsweise bei Kapitalerhöhungen. Im Mai und Juni 2000 flossen bei gleich drei Kapitalerhöhungen alleine wegen der Prämie zusätzlich mindestens 100 Millionen Franken in die BT&T Time. Auch Grossinvestoren wissen eine saftige Prämie zu schätzen, denn um diese Differenz müssen sie Ende Jahr ihre BT&T-Beteiligung weniger wertberichtigen.
Ein allzu intensives Prämienbolzen allerdings wächst sich in Zeiten fallender Aktienpreise zum teuren Unterfangen aus. Wie bei der BT&T Asset Management: Aus ihrem Market-Making für das vergangene Jahr resultiert ein Verlust von sage und schreibe 100 Millionen Franken. Daran muss die BAM 50 Millionen beisteuern, den Rest trägt BT&T Time. Doch auch die Aussichten auf neue Einnahmen sind trübe. Die BAM kann erst wieder erfolgsabhängige Prämien kassieren, wenn die Kursverluste aufgeholt sind. Laut Meier müsse zuerst der Net-Asset-Value pro BT&T-Aktie auf etwa 800 Franken gesteigert werden. Mitte Januar lag dieser bei 360 Franken. Damit ist diese Einnahmequelle für das laufende, möglicherweise auch für das kommende Jahr versiegt. Die BAM allerdings sieht sich hohen Betriebskosten gegenüber, Meier trägt sich zudem mit hochfliegenden Expansionsplänen: «Wir verstehen uns als Plattform für Institutionelle. Deshalb wollen wir das Research laufend ausbauen.»
Was tut man, wenn urplötzlich die Betriebsmittel fehlen? Man gründet eine neue Beteiligungsgesellschaft. Etwa in der Art, wie sie Walter Meier vor wenigen Tagen vorstellte: selbes Konstrukt, neues Anlagekonzept (siehe «Mit Life noch mehr Geld verdienen» auf dieser Seite). Wie einst BT&T Time soll auch die neue BT&T Life kotiert werden. Und wie bei BT&T Time will Meier an der neuen Firma eine Beteiligung von 20 bis 30 Prozent halten.
Der vom Betriebswirtschaftler zum Finanzstrategen Gewandelte denkt längst in höheren Dimensionen. Eines nicht so fernen Tages will er überdies seine BT&T Technologie Holding an die Börse bringen. Also ausgerechnet das Vehikel, dessen wichtigste Beteiligungen, jene an der BT&T Time sowie an der BT&T Life, dannzumal bereits an der Börse kotiert sind.
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