Totgesagte leben länger. Das Satz gilt offenbar auch für Hedge-Funds und ihre Manager. Nach der spektakulären Pleite von John Meriwether und seinem LTCM-Investmentvehikel im Jahr 1998 geriet die gesamte Hedge-Fund-Industrie in Verruf. Schliesslich mussten über ein Dutzend Grossbanken helfen, das Desaster einzudämmen. Einstige Grössen wie George Soros kehrten der Welt der Hedge-Funds bald danach den Rücken. Doch angesichts einer nun über zwei Jahre dauernden Börsenbaisse suchen immer mehr Anleger nach Alternativen zu Aktien und Obligationen. Von den begehrten und hochgejubelten alternativen Investments blieb nach dem vorläufigen Ende der Private-Equity-Euphorie fast nur noch das Geschäft mit den meist wenig transparenten Hedge-Funds übrig. So kann es auch nicht wirklich wundern, wenn der erwähnte John Meriwether heute bereits wieder eine Milliarde Dollar Kundengelder managt. Auch diesmal ist die Credit Suisse wieder als Investor dabei – trotz schlechten Erfahrungen beim LTCM und trotz einem gefährlich hohen Leverage von 10, also einem zehnfachen Verschuldungsgrad, den Meriwether diesmal angeblich nutzen soll. Hier gilt offensichtlich das Motto «Dabei sein ist alles». Schliesslich belegt die Schweiz nach den USA Rang zwei in der Liste der grössten Hedge-Fund-Investoren. Für rund ein Drittel aller Anlagegelder zeichnen hiesige Investoren verantwortlich. England und Japan folgen weit abgeschlagen. Dieser Anteil könnte sogar bald noch grösser werden. Erst etwa 20 Prozent der institutionellen Anleger in der Schweiz investieren in Hedge-Funds, weitere 40 Prozent planen, in diese Anlageklasse noch einzusteigen. Goldene Zeiten also für die Schweizer Hedge-Fund-Branche mit ihren internationalen Aushängeschildern wie etwa Man/RMF – dem weltweiten Marktführer – oder der Partners Group, um nur zwei zu nennen.
Dabei hat 1949 alles ganz bescheiden mit dem Investmentvehikel der Wall-Street-Legende Alfred Winslow Jones begonnen. Der Australier hatte schon eine vielseitige Karriere als Journalist und Diplomat hinter sich, als er einen neuen Investmentstil kreierte. Er kaufte Aktien und sicherte sich gleichzeitig gegen Kursverluste durch den Leerverkauf anderer Aktien ab: Der Long-Short-Hedge-Fund war geboren.
Aber erst ein Beitrag, der im Jahr 1966 im Magazin «Fortune» über Jones erschien, löste einen kleinen Boom in Hedge-Funds-Gründungen aus. Es sollte dann allerdings bis ins Jahr 1996 dauern, bis die insgesamt verwalteten Vermögen die Schwelle von 100 Milliarden Dollar überschritten. Nur drei Jahre später hatte sich die Summe bereits vervierfacht, und der exponentielle Aufschwung ist seither ungebrochen. Kritiker sehen hier die nächste «Bubble», die zu platzen droht. Schliesslich wird der Einfluss dieser Anlageinstrumente durch ihren oft hohen Leverage noch verstärkt. An umsatzschwachen Börsen oder in engen Märkten könnten sie daher verheerenden Schaden anrichten, wie Kritiker befürchten. Nach einer Untersuchung der Partners Group arbeiten rund 77 Prozent der Hedge-Funds allerdings nur mit einem Leverage von zwei. Gegen die Befürchtungen spricht auch, dass das Instrumentarium der Hedge-Funds inzwischen ebenfalls gewachsen ist und sich weiterentwickelt hat. Hedge-Fund ist eben nicht gleich Hedge-Fund.
Einige Funds beispielsweise nutzen Marktineffizienzen – so etwa Preisdifferenzen einer Aktie an unterschiedlichen Börsen – für Arbitragegeschäfte. Solche Ineffizienzen verschwinden infolge der Vernetzung der Finanzmärkte meist nach kurzer Zeit wieder. Das wachsende Angebot an Wandelanleihen bietet ebenfalls verschiedene Arbitragemöglichkeiten, man spricht hier von Convertible Arbitrage. Global-Macro-Strategien zielen auf länderspezifische Situationen wie etwa einen drohenden Staatsbankrott. Hedge-Funds, die sich auf so genannte Distressed Securities spezialisieren, spekulieren auf die wilden Kursausschläge, die Not leidende Obligationen typischerweise aufweisen. Diese Strategie ist, wie einige weitere auch, besonders riskant, und durch die geringe Liquidität dieser speziellen Märkte ist ein Ausstieg schwierig. Es ist genau diese Vielfalt von Strategien, die herkömmliche Fonds nicht betreiben dürfen und welche die Attraktivität der Hedge-Funds eben gerade ausmacht. Immer neue Varianten der Gewinnerzielung scheinen hier möglich zu sein. Derzeit unterscheidet man je nach Zählung zwischen 9 und 15 verschiedenen Managementansätzen.
Eines hat sich seit den Tagen von Alfred Winslow Jones jedoch nicht geändert, nämlich dass es für Aussenstehende schwierig ist, in die Welt der Hedge-Funds einzudringen. Meist sind diese als private Investorengemeinschaft in verschwiegenen Offshore-Finanzplätzen wie den Cayman-Inseln domiziliert. Qualifizierte Investoren müssen sich in der Regel mit mindestens einer Million Dollar beteiligen. Viele etablierte Funds sind allerdings geschlossen und nehmen kein weiteres Kapital auf. Ein Grund dafür ist, dass eine bestimmte Fondsstrategie mit weiteren liquiden Mitteln nicht mehr sinnvoll umgesetzt werden kann. Zum anderen zeigt sich hier eben der private Charakter dieser Investorengemeinschaften. Da aber die Markteintrittsbarrieren für Newcomer sehr gering sind, stieg die Zahl der Hedge-Funds-Manager – meist sind es ehemalige Wall-Street-Broker – in den letzen Jahren rapide an. Im Internet findet man praktisch alles, was man zum Aufbau eines eigenen Hedge-Fund benötigt: etwa aufwändige Rechenprogramme, die auch dem Nichtmathematiker komplizierte Absicherungsstrategien errechnen. Der Dienstleister Turn Key Hedge Funds bietet sogar dem Möchtegernmanager die gesamte Struktur und das nötige Know-how. Selbstverständlich bekommt man auch für einige Tausend Dollar die entsprechenden Datenbanken, um loslegen zu können. Fehlen also nur noch die Investoren … Kurz: Jeder halbwegs erfolgreiche Day-Trader kann jetzt auf dieses lukrative Geschäft umsatteln.
Für die Manager sind Hedge-Funds vor allem attraktiv wegen deren hoher Managementgebühren, die sie ihren Kunden berechnen können und die weitaus höher sind als bei traditionellen Fonds. Für Banken sind sie interessant, weil sie im Vertrieb hohe Gebühren von den Kunden kassieren können – diese sind ebenfalls weitaus höher als bei herkömmlichen Anlagen. Angesichts sinkender Einnahmen im traditionellen Geschäft entdecken die Banken gerade jetzt ihr Herz für Hedge-Funds.
Die Verschwiegenheit der Branche und die unscharfe Abgrenzung des Begriffs Hedge-Fund machen einen genauen Überblick fast unmöglich, wer sich alles in diesem Markt tummelt. Ausserdem schliessen mehrere Hundert dieser Gesellschaften jedes Jahr wieder, aus welchen Gründen auch immer. Bei der Partners Group in Zug rechnet man sogar mit einer jährlichen Ausfallrate von rund 8,5 Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre.
Derzeit gibt es schätzungsweise 3000 Manager, die zwischen 4500 und 7000 Hedge-Funds weltweit betreiben. Zusammen verwalten sie fast 600 Milliarden Dollar, was ungefähr der Marktkapitalisierung der SWX im Jahr 2001 entspricht. Bis Ende 2002 könnte die Summe sogar auf 700 Milliarden Dollar steigen. Schätzungsweise 43,1 Milliarden davon hatten im Jahr 2000 die «Reichen und Schönen» dieser Welt, die High Net Worth Individuals (HNWI), in Hedge-Funds gesteckt. Diese Zahlen werden häufig als Argument angeführt, dass die Hedge-Fund-Industrie gereift ist und keine Gefahr herrscht, dass sich hier eine spekulative Blase gebildet haben könnte. Auch wenn derzeit die Gefahr eines zweiten LTCM-Debakels nicht zu drohen scheint, sollte man ein solches Risiko nicht ganz ausser Acht lassen. Auch durch die Beruhigungspille, dass LTCM ja irgendwann begonnen hat, seine Schulden zurückzuzahlen, sollten sich Anleger nicht in zu grosser Sicherheit wähnen: Intransparente Märkte begünstigen riskante Spekulationen.
Andererseits sollte man nicht vergessen, dass die Marktkapitalisierung aller Hedge-Funds nur rund zwei Prozent der weltweiten Börsenkapitalisierung entspricht. Selbst die Fondsgesellschaft Fidelity Investments managt mehr Geld als alle Hedge-Funds zusammen. Es sind also weniger ihre Marktmacht und ihre Strategie als vielmehr ihre Manager, die Hedge-Funds riskant machen.
Rein statistisch gesehen, bieten Hedge-Funds eine grössere Sicherheit gegen Verluste als traditionelle Aktienfonds. Schliesslich dürfen sie ihr Portfolio beispielsweise durch die erwähnte Long-Short-Strategie absichern (also hedgen), die herkömmlichen Aktienfonds verwehrt ist. Der Grosvenor-Fund-of-Hedge-Funds, um ein beliebiges Beispiel zu nennen, schlug während der letzten 30 Jahre den S&P 500 Index fast permanent. Nur dreimal war die Jahresrendite bei diesem Produkt negativ. Praktisch kein aktiv gemanagter Aktienfonds kann da mithalten, im Gegenteil: Kaum ein Aktienfonds schafft es, seine Benchmark in Bullenmärkten zu erreichen. Nicht einmal in fallenden Märkten sind die Manager von Aktienfonds besser als der Markt. Laut Statistik der Van Hedge Fund Advisers haben die schlechtesten zehn Hedge-Funds in der Periode von 1997 bis Mitte 2002 nicht nennenswert höhere Verluste erlitten als vergleichbare Aktienfonds. Dafür lagen die Erträge der Hedge-Funds aber weit höher als diejenigen der konventionellen Funds. Kein Wunder also, wenn Reto Ammann von RMF die traditionellen Aktienfonds als «Wertevernichtungsindustrie» bezeichnet. Ein guter Long-Short-Hedge-Fund mag zwar etwas mehr kosten, ist langfristig aber sicher die bessere Wahl als ein normaler Aktienfonds.
Als Begründung für diese Renditedifferenzen zu Gunsten der Hedge-Funds wird häufig genannt, dass die Korrelation, also der statistische Zusammenhang, zwischen Hedge-Funds und traditionellen Aktienanlagen sehr gering sei. Fallen die Aktienmärkte, sollten sich Hedge-Funds also behaupten. Allerdings erwarten Investoren natürlich auch in haussierenden Märkten, dass der Hedge-Fund-Manager gutes Geld verdient. Das sagt sich natürlich leichter, als es zu tun. Michael Jacquemai, Partner bei der Partners Group, erklärt: «Wir haben untersucht, wie es mit den Korrelationen tatsächlich aussieht. Das Ergebnis zeigt, dass die meisten populären Hedge-Fund-Strategien wie Long/Short mit dem S&P 500 immer noch recht stark korrelieren. Das ist ein Grund, warum in den letzten Monaten viele Hedge-Funds Geld verloren haben. Managed-Futures-Hedge-Funds hingegen konnten auch in negativen Aktienperioden mit ihrer Strategie zulegen – von Mai bis August 2002 beispielsweise rund 23 Prozent.»
Selbst Grosse der Branche haben derzeit mit Problemen zu kämpfen, Pequot Capital beispielsweise. Das Management der etablierten Hedge-Funds-Gesellschaft trennte sich kürzlich: Dan Brenton gründete mit 7,5 Milliarden Dollar Kundengeldern im Rücken Andor Capital Management, während sein Expartner Art Samberg bei Pequot blieb. Doch auch ein alter Hase wie Samberg spürt, dass der Markt härter wird. Im laufenden Jahr büsste Pequot rund 20 Prozent ein, Andor Capital hingegen konnte sich im ersten Halbjahr gut halten und erzielte eine positive Rendite. Ebenfalls wacker geschlagen hat sich im ersten Halbjahr 2002 Bruce Kovner von Caxton Associates. Kovner hat es über zehn Jahre hinweg geschafft, positive Erträge mit seinem Hedge-Fund zu erzielen. Er gehört damit zu den Aushängeschildern der Branche.
Der undurchsichtige Boom-Markt begünstigt freilich auch zweifelhafte Manager. Hinter vorgehaltener Hand wird von Bankern geflüstert, dass viele Anleger bald schlechte Hedge-Fund-Produkte kaufen würden. Viele Manager verwalten die Gelder ihrer Kunden so, dass ihre Handlungen nicht wirklich kontrolliert werden können. Fragen nach der Strategie werden häufig nur ungern oder sehr vage beantwortet. Manchmal stellt sich heraus, dass der Manager seinen Anlagestil gewechselt hat, ohne es den Anlegern zu sagen. In solchen Fällen spricht man beschönigend von einer «style drift». Oft hat man nicht einmal die Garantie, dass der Hedge-Fund-Manager sich nicht mit den Geldern der Investoren auf und davon macht – auch das soll schon vorgekommen sein.
Wer die höheren Kosten nicht scheut und sich der Risiken bewusst ist, für den kann ein Engagement in ein Hedge-Fund-Produkt durchaus lohnend sein. Gerade in sehr volatilen Märkten, wie wir sie seit fast zwei Jahren erleben und wohl auch weiter erleben werden, haben Hedge-Funds grössere Chancen, einen Gewinn zu erzielen, als andere Investments. Eine Depotbeimischung von etwa zehn Prozent Hegde-Fund-Produkten wird von den meisten Anbietern daher als empfehlenswert erachtet, einige würden sogar den Anteil noch weiter erhöhen. Doch auch hier gilt, es nicht gleich zu übertreiben. Wer investieren möchte, kann dies ja auch schrittweise tun.
Dabei hat 1949 alles ganz bescheiden mit dem Investmentvehikel der Wall-Street-Legende Alfred Winslow Jones begonnen. Der Australier hatte schon eine vielseitige Karriere als Journalist und Diplomat hinter sich, als er einen neuen Investmentstil kreierte. Er kaufte Aktien und sicherte sich gleichzeitig gegen Kursverluste durch den Leerverkauf anderer Aktien ab: Der Long-Short-Hedge-Fund war geboren.
Aber erst ein Beitrag, der im Jahr 1966 im Magazin «Fortune» über Jones erschien, löste einen kleinen Boom in Hedge-Funds-Gründungen aus. Es sollte dann allerdings bis ins Jahr 1996 dauern, bis die insgesamt verwalteten Vermögen die Schwelle von 100 Milliarden Dollar überschritten. Nur drei Jahre später hatte sich die Summe bereits vervierfacht, und der exponentielle Aufschwung ist seither ungebrochen. Kritiker sehen hier die nächste «Bubble», die zu platzen droht. Schliesslich wird der Einfluss dieser Anlageinstrumente durch ihren oft hohen Leverage noch verstärkt. An umsatzschwachen Börsen oder in engen Märkten könnten sie daher verheerenden Schaden anrichten, wie Kritiker befürchten. Nach einer Untersuchung der Partners Group arbeiten rund 77 Prozent der Hedge-Funds allerdings nur mit einem Leverage von zwei. Gegen die Befürchtungen spricht auch, dass das Instrumentarium der Hedge-Funds inzwischen ebenfalls gewachsen ist und sich weiterentwickelt hat. Hedge-Fund ist eben nicht gleich Hedge-Fund.
Einige Funds beispielsweise nutzen Marktineffizienzen – so etwa Preisdifferenzen einer Aktie an unterschiedlichen Börsen – für Arbitragegeschäfte. Solche Ineffizienzen verschwinden infolge der Vernetzung der Finanzmärkte meist nach kurzer Zeit wieder. Das wachsende Angebot an Wandelanleihen bietet ebenfalls verschiedene Arbitragemöglichkeiten, man spricht hier von Convertible Arbitrage. Global-Macro-Strategien zielen auf länderspezifische Situationen wie etwa einen drohenden Staatsbankrott. Hedge-Funds, die sich auf so genannte Distressed Securities spezialisieren, spekulieren auf die wilden Kursausschläge, die Not leidende Obligationen typischerweise aufweisen. Diese Strategie ist, wie einige weitere auch, besonders riskant, und durch die geringe Liquidität dieser speziellen Märkte ist ein Ausstieg schwierig. Es ist genau diese Vielfalt von Strategien, die herkömmliche Fonds nicht betreiben dürfen und welche die Attraktivität der Hedge-Funds eben gerade ausmacht. Immer neue Varianten der Gewinnerzielung scheinen hier möglich zu sein. Derzeit unterscheidet man je nach Zählung zwischen 9 und 15 verschiedenen Managementansätzen.
Eines hat sich seit den Tagen von Alfred Winslow Jones jedoch nicht geändert, nämlich dass es für Aussenstehende schwierig ist, in die Welt der Hedge-Funds einzudringen. Meist sind diese als private Investorengemeinschaft in verschwiegenen Offshore-Finanzplätzen wie den Cayman-Inseln domiziliert. Qualifizierte Investoren müssen sich in der Regel mit mindestens einer Million Dollar beteiligen. Viele etablierte Funds sind allerdings geschlossen und nehmen kein weiteres Kapital auf. Ein Grund dafür ist, dass eine bestimmte Fondsstrategie mit weiteren liquiden Mitteln nicht mehr sinnvoll umgesetzt werden kann. Zum anderen zeigt sich hier eben der private Charakter dieser Investorengemeinschaften. Da aber die Markteintrittsbarrieren für Newcomer sehr gering sind, stieg die Zahl der Hedge-Funds-Manager – meist sind es ehemalige Wall-Street-Broker – in den letzen Jahren rapide an. Im Internet findet man praktisch alles, was man zum Aufbau eines eigenen Hedge-Fund benötigt: etwa aufwändige Rechenprogramme, die auch dem Nichtmathematiker komplizierte Absicherungsstrategien errechnen. Der Dienstleister Turn Key Hedge Funds bietet sogar dem Möchtegernmanager die gesamte Struktur und das nötige Know-how. Selbstverständlich bekommt man auch für einige Tausend Dollar die entsprechenden Datenbanken, um loslegen zu können. Fehlen also nur noch die Investoren … Kurz: Jeder halbwegs erfolgreiche Day-Trader kann jetzt auf dieses lukrative Geschäft umsatteln.
Für die Manager sind Hedge-Funds vor allem attraktiv wegen deren hoher Managementgebühren, die sie ihren Kunden berechnen können und die weitaus höher sind als bei traditionellen Fonds. Für Banken sind sie interessant, weil sie im Vertrieb hohe Gebühren von den Kunden kassieren können – diese sind ebenfalls weitaus höher als bei herkömmlichen Anlagen. Angesichts sinkender Einnahmen im traditionellen Geschäft entdecken die Banken gerade jetzt ihr Herz für Hedge-Funds.
Die Verschwiegenheit der Branche und die unscharfe Abgrenzung des Begriffs Hedge-Fund machen einen genauen Überblick fast unmöglich, wer sich alles in diesem Markt tummelt. Ausserdem schliessen mehrere Hundert dieser Gesellschaften jedes Jahr wieder, aus welchen Gründen auch immer. Bei der Partners Group in Zug rechnet man sogar mit einer jährlichen Ausfallrate von rund 8,5 Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre.
Derzeit gibt es schätzungsweise 3000 Manager, die zwischen 4500 und 7000 Hedge-Funds weltweit betreiben. Zusammen verwalten sie fast 600 Milliarden Dollar, was ungefähr der Marktkapitalisierung der SWX im Jahr 2001 entspricht. Bis Ende 2002 könnte die Summe sogar auf 700 Milliarden Dollar steigen. Schätzungsweise 43,1 Milliarden davon hatten im Jahr 2000 die «Reichen und Schönen» dieser Welt, die High Net Worth Individuals (HNWI), in Hedge-Funds gesteckt. Diese Zahlen werden häufig als Argument angeführt, dass die Hedge-Fund-Industrie gereift ist und keine Gefahr herrscht, dass sich hier eine spekulative Blase gebildet haben könnte. Auch wenn derzeit die Gefahr eines zweiten LTCM-Debakels nicht zu drohen scheint, sollte man ein solches Risiko nicht ganz ausser Acht lassen. Auch durch die Beruhigungspille, dass LTCM ja irgendwann begonnen hat, seine Schulden zurückzuzahlen, sollten sich Anleger nicht in zu grosser Sicherheit wähnen: Intransparente Märkte begünstigen riskante Spekulationen.
Andererseits sollte man nicht vergessen, dass die Marktkapitalisierung aller Hedge-Funds nur rund zwei Prozent der weltweiten Börsenkapitalisierung entspricht. Selbst die Fondsgesellschaft Fidelity Investments managt mehr Geld als alle Hedge-Funds zusammen. Es sind also weniger ihre Marktmacht und ihre Strategie als vielmehr ihre Manager, die Hedge-Funds riskant machen.
Rein statistisch gesehen, bieten Hedge-Funds eine grössere Sicherheit gegen Verluste als traditionelle Aktienfonds. Schliesslich dürfen sie ihr Portfolio beispielsweise durch die erwähnte Long-Short-Strategie absichern (also hedgen), die herkömmlichen Aktienfonds verwehrt ist. Der Grosvenor-Fund-of-Hedge-Funds, um ein beliebiges Beispiel zu nennen, schlug während der letzten 30 Jahre den S&P 500 Index fast permanent. Nur dreimal war die Jahresrendite bei diesem Produkt negativ. Praktisch kein aktiv gemanagter Aktienfonds kann da mithalten, im Gegenteil: Kaum ein Aktienfonds schafft es, seine Benchmark in Bullenmärkten zu erreichen. Nicht einmal in fallenden Märkten sind die Manager von Aktienfonds besser als der Markt. Laut Statistik der Van Hedge Fund Advisers haben die schlechtesten zehn Hedge-Funds in der Periode von 1997 bis Mitte 2002 nicht nennenswert höhere Verluste erlitten als vergleichbare Aktienfonds. Dafür lagen die Erträge der Hedge-Funds aber weit höher als diejenigen der konventionellen Funds. Kein Wunder also, wenn Reto Ammann von RMF die traditionellen Aktienfonds als «Wertevernichtungsindustrie» bezeichnet. Ein guter Long-Short-Hedge-Fund mag zwar etwas mehr kosten, ist langfristig aber sicher die bessere Wahl als ein normaler Aktienfonds.
Als Begründung für diese Renditedifferenzen zu Gunsten der Hedge-Funds wird häufig genannt, dass die Korrelation, also der statistische Zusammenhang, zwischen Hedge-Funds und traditionellen Aktienanlagen sehr gering sei. Fallen die Aktienmärkte, sollten sich Hedge-Funds also behaupten. Allerdings erwarten Investoren natürlich auch in haussierenden Märkten, dass der Hedge-Fund-Manager gutes Geld verdient. Das sagt sich natürlich leichter, als es zu tun. Michael Jacquemai, Partner bei der Partners Group, erklärt: «Wir haben untersucht, wie es mit den Korrelationen tatsächlich aussieht. Das Ergebnis zeigt, dass die meisten populären Hedge-Fund-Strategien wie Long/Short mit dem S&P 500 immer noch recht stark korrelieren. Das ist ein Grund, warum in den letzten Monaten viele Hedge-Funds Geld verloren haben. Managed-Futures-Hedge-Funds hingegen konnten auch in negativen Aktienperioden mit ihrer Strategie zulegen – von Mai bis August 2002 beispielsweise rund 23 Prozent.»
Selbst Grosse der Branche haben derzeit mit Problemen zu kämpfen, Pequot Capital beispielsweise. Das Management der etablierten Hedge-Funds-Gesellschaft trennte sich kürzlich: Dan Brenton gründete mit 7,5 Milliarden Dollar Kundengeldern im Rücken Andor Capital Management, während sein Expartner Art Samberg bei Pequot blieb. Doch auch ein alter Hase wie Samberg spürt, dass der Markt härter wird. Im laufenden Jahr büsste Pequot rund 20 Prozent ein, Andor Capital hingegen konnte sich im ersten Halbjahr gut halten und erzielte eine positive Rendite. Ebenfalls wacker geschlagen hat sich im ersten Halbjahr 2002 Bruce Kovner von Caxton Associates. Kovner hat es über zehn Jahre hinweg geschafft, positive Erträge mit seinem Hedge-Fund zu erzielen. Er gehört damit zu den Aushängeschildern der Branche.
Der undurchsichtige Boom-Markt begünstigt freilich auch zweifelhafte Manager. Hinter vorgehaltener Hand wird von Bankern geflüstert, dass viele Anleger bald schlechte Hedge-Fund-Produkte kaufen würden. Viele Manager verwalten die Gelder ihrer Kunden so, dass ihre Handlungen nicht wirklich kontrolliert werden können. Fragen nach der Strategie werden häufig nur ungern oder sehr vage beantwortet. Manchmal stellt sich heraus, dass der Manager seinen Anlagestil gewechselt hat, ohne es den Anlegern zu sagen. In solchen Fällen spricht man beschönigend von einer «style drift». Oft hat man nicht einmal die Garantie, dass der Hedge-Fund-Manager sich nicht mit den Geldern der Investoren auf und davon macht – auch das soll schon vorgekommen sein.
Wer die höheren Kosten nicht scheut und sich der Risiken bewusst ist, für den kann ein Engagement in ein Hedge-Fund-Produkt durchaus lohnend sein. Gerade in sehr volatilen Märkten, wie wir sie seit fast zwei Jahren erleben und wohl auch weiter erleben werden, haben Hedge-Funds grössere Chancen, einen Gewinn zu erzielen, als andere Investments. Eine Depotbeimischung von etwa zehn Prozent Hegde-Fund-Produkten wird von den meisten Anbietern daher als empfehlenswert erachtet, einige würden sogar den Anteil noch weiter erhöhen. Doch auch hier gilt, es nicht gleich zu übertreiben. Wer investieren möchte, kann dies ja auch schrittweise tun.
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