Der Samstag, 26. Juli 2003, der Tag des entscheidenden Zeitfahrens an der Tour de France, war für den Koch Daniel Bumann und seine rechte Küchenhand Bernadette Lisibach ein verrückter Arbeitstag. Mit persönlichen Bestzeiten absolvierten die zwei den 78 Kilometer langen Swiss Alpine Marathon. Am Abend standen sie dann im Maillot jaune der Zielankömmlinge in der Küche der «Chesa Pirani» und hängten etliche nicht minder schweisstreibende Runden an: Sie bekochten wie immer mit Verve und Engagement die Gäste, die sich in den behaglichen Arvenstuben des 250-jährigen Engadiner Hauses niedergelassen hatten. Ob der anstrengende Lauf die Performance der beiden beflügelte, entzieht sich unserer Kenntnis. Daniel Bumann befindet sich jedenfalls in diesen Monaten in Hochform, da fügen sich berufliche und sportliche Hochleistungen nahtlos zusammen.
Es ist sonnenklar: Daniel Bumann gehört zu den Asketen unter den Köchen. Zu jener sportiven Fraktion, die Disziplin und Ehrgeiz auf ihr Banner geschrieben hat.
Doch hat er sich dabei Lockerheit und Unbeschwertheit bewahrt. Man muss sich ihn alles andere als dröge und verbissen vorstellen. Denn eine derartige Disposition würde Ingrid Bumann ihrem Mann auch gar nicht durchgehen lassen, dazu ist sie zu temperamentvoll, zu lebensfroh. Sprühend vor Humor, Ironie und träfen Sprüchen, gleichzeitig aber mit feinem Gespür fürs Massvolle und Zumutbare, leitet sie den Service. Sie ist «Daniels Auge im Restaurant», wie sie selber sagt. Ihr zur Seite stehen zwei andere Augenpaare von vergleichbarer Schärfe: die omnipräsente Christine Fitzinger und Monika Zbinden, als junge Servicefachfrau eben mit dem Weltmeistertitel ausgezeichnet.
Wie isst man in einem Restaurant, dessen Brigade so selbstverständlich von Erfolg zu Erfolg eilt? Daniel Bumann nennt als Vorbild den unvergesslichen Freddy Girardet. Und in der Tat kocht er ähnlich klar, schnörkellos, präzise. Keine «Architekturküche» bloss fürs Auge, die eine aufwändige, zeitintensive Vorbereitung erfordert. Sondern eine Küche quasi «à la seconde», in der erst nach der Bestellung mit der Arbeit begonnen wird – von der unabdingbaren «mise en place» einmal abgesehen.
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Zunächst skizziert da ein Vorspeisentrio Bumanns Küche: japanisch angehaucht Blue Merlan und Thon mit Wasabi und Gewürzen; Jakobsmuscheln mit Radieschen und Zitronenbutter, ein Thema von knackiger Frische; ein Kohlrabisüppchen mit Pfifferlingen auf einem Eierstich. Die Skizze wird zum Aquarell: Wildlachs mit jungem Gemüse im Reisteig mit Sesam-Minze-Sauce und perfekt gebratener Tiefwassercrevette mit Zitronen-Fenchel-Tomaten-Sauce – alles in raffinierter Harmonie. Schliesslich das Gemälde: eine Variation vom Samedaner Angus-Beef: Kotelett mit Nachschlag (das Knochenstück in Honig aufgebraten) und in der Papillote geschmortes Ragout.
Die Bumanns siedelten 1995 als bereits arriviertes Gastgeberpaar vom Oberwallis ins Engadin über. Von ihrer Heimat geblieben sind ihnen die Sprache – sie öffnete ihnen durch ihren gebirglerischen Ton die Türen –, der Wein – wer überteuerte Bordeaux meiden will, lässt sich Walliser Gewächse öffnen – und der Safran – das Dörfchen Mund bei Naters produziert das wertvolle Gewürz exklusiv in der Schweiz. Daniel Bumann kreiert daraus regelmässig ein viel gerühmtes Menü. Ihm werden wir uns nächstes Mal widmen. Kocht dann der Chef wieder in Weiss, werden wir das Gelb im Teller haben!
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