In einer Welt, in der sich alles um Shopping dreht, ist Luxus eines nicht: Shopping. Was dann? Das zeitgenössisch Luxuriöse heisst Aufmerksamkeit, heisst Intelligenz. Nicolas Ghesquière ist Kreativdirektor des französischen Traditionsmodehauses Balenciaga. Und er weiss Bescheid. Warum ist Aufmerksamkeit zeitgenössischer Luxus? Denken Sie an Ihr Lieblingsmuseum. Sie betreten es ohne Zwang. Sie fokussieren. Sie finden Klarheit. Und das Beste: Sie müssen keine Entscheidungen treffen. Intelligenz? Ist luxuriös, weil sie einen zusätzlichen Wert darstellt.
Als es darum ging, die Balenciaga-Boutique neu zu gestalten, holte sich Ghesquière, laut US-«Vogue» der innovativste Modemacher unserer Zeit, Rat bei Dominique Gonzalez-Foerster. Die Künstlerin recherchiert Landschaften, konstruiert fiktive Räume. Klar, es gibt diese Mode, einen Laden wie eine Kunstgalerie aussehen zu lassen. Die Balenciaga-Boutique geht einen Schritt weiter. Sie ist hyperrealistische Landschaft und rekonstruierte Natur. Zugleich futuristisch und vertraut. Sogar das Klima ist elektronisch gesteuert, sodass der «Himmel» mal kalt, mal warm erscheint. Dazu kommen Felsbrocken. Interessant: Weil die Boutique eigentlich aus zwei Boutiquen besteht, auf beiden Seiten der Rue George V, verbindet ein unterirdischer Durchgang die beiden Orte. Er vermittelt ein Unterwassergefühl. Dank Sound und bewegten Bildern.
Die Boutique ist eine urbanistische Kartografie von vorgestellter Natur. Balenciaga führt vor, wie eine Luxusmarke mittels multipler Identitäten erhöht werden kann. Denn der Laden in New York sieht wieder ganz anders aus.
Der Pariser vertraut innovativen Designideen. Siehe das Restaurant Etienne Marcel (34, Rue Etienne-Marcel, Tel. 0033/1 45 08 01 03). Konzipiert unter anderem vom Grafikduo m/m, das für die schönsten Balenciaga-Kampagnen verantwortlich ist: Siebzigerjahre-Plastikstühle, nackte Lichtskultpuren und eine Hightech-Jukebox. Die grösste Ansammlung von Modeprofessionellen und Künstlern finden Sie zurzeit übrigens im Restaurant Le Martel (3, Rue Martel, Paris 10e). Das Essen ist marokkanisch. Die Einrichtung traditionell französisch. Die Gäste trendbewusst, aber nicht überberühmt.