«Es gibt aufregendere Anlagen als Indexfonds. Nur, wer will sich denn schon dauernd aufregen?» Dieser Slogan, mit dem für die Balzac-Familie von State Street Global Advisors geworben wird, trifft nach den letztjährigen Börsenturbulenzen wohl den Nerv so manchen Anlegers. Das Prädikat «langweilig» haftet Indexfonds an, da sie genau die Titel enthalten, aus denen sich auch ein Markt- oder Branchenindex zusammensetzt. Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds geben sie sich mit einer marktkonformen Rendite zufrieden.

Selbst Vanguard-Gründer John Bogle, der 1976 den ersten Indexfonds auf den Markt brachte, erklärt, das passive Fondsmanagement sei etwa so spannend, wie der Farbe beim Trocknen zuzuschauen. Neben der grossen Masse jener Fonds, die ihre Referenzindizes schlagen wollen, nimmt sich die Zahl der Indexfonds denn auch äusserst bescheiden aus. Das Verhältnis beträgt in etwa neun zu eins. Und dennoch finden die unspektakulären Anlagevehikel immer mehr Anhänger.

Das hat zu einem grossen Teil damit zu tun, dass bei den aktiv gemanagten Fonds zwischen Wunsch und Wirklichkeit Welten liegen. Nicht, dass es sie nicht gäbe, die Fondsmanager, die langfristig ein Ergebnis erzielen, das über jenem des jeweiligen Markts liegt. Nur handelt es sich um eine rare Spezies.

So hat das renommierte Bogle-Research-Institut die Performanceentwicklung von 161 Aktienfonds, die bereits 1970 existierten, bis ins Jahr 2000 verfolgt. Das Resultat ist ernüchternd, wie der US-Wirtschaftsprofessor Burton Malkiel unermüdlich proklamiert: Gerade mal 23 Fonds haben in diesen zwanzig Jahren gegenüber dem Index eine Mehrrendite erzielt, die diesen Namen verdient.

Im einen oder anderen Jahr hat das Gros der aktiv gemanagten Fonds durchaus bewiesen, dass es die Marktperformance übertrifft. Die Erfahrung zeigt aber nur zu oft, dass diese Überflieger schon im Folgejahr wieder zu den Verlierern gehören können. Nicht umsonst warnen die Fondsgesellschaften in Inseraten und Verkaufsmaterial, dass vergangene Erfolge kein Garant für künftige seien.

Hoffnung erfüllt sich selten
Wie jüngere Untersuchungen des Instituts für Banken und Finanzen SB/F an der Universität St. Gallen belegen, sinkt mit zunehmender Haltedauer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fonds systematisch den Index schlägt. Die Wahrscheinlichkeit, bei einer zehnprozentigen Volatilität eine Fondsrendite zu erreichen, die einen Prozentpunkt über jener des Index liegt, beträgt im ersten Investitionsjahr noch hohe 46 Prozent, haben die Spezialisten berechnet. Über einen Anlagehorizont von zehn Jahren halbiert sich die Wahrscheinlichkeit aber.

Und je höher die angestrebte Mehrrendite sei, desto weniger sei damit zu rechnen, dass ein solches Ergebnis dauerhaft erreicht werde, erklärte Professor Andreas Grünbichler, Direktor am SB/F an einer Veranstaltung im Rahmen der Fondsmesse in Zürich. Dem Anleger stellt sich also zu Recht die Frage, wie er denn und erst noch im Voraus die langfristig erfolgreichen Fonds identifizieren kann.

Das aktive Fondsmanagement ist vergleichsweise aufwändiger und kostet entsprechend mehr. Gegen die Abgeltung dieser Aufwendungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn Leistung und Resultat stimmen. Warum aber, so fragt sich der Anleger, soll er Gebühren für einen aktiven Fondsmanager zahlen, der marktkonform oder gar schlechter als der Index abschneidet?

Wen wundert es da, dass sich die Anleger immer mehr für die Idee der passiven Anlagestrategie erwärmen können. Die Produkte dieser Kategorie kommen ohne aufwändige konjunkturelle Prognosen und Titelanalysen aus. Das Vermögen wird entsprechend der Gewichtung der Titel des gewählten Index angelegt. Als Referenzgrösse dienen vor allem Aktienmarktindizes einzelner Länder, Regionen oder Branchen, aber auch Obligationenindizes verschiedener Währungsgebiete.

Mit wenigen Transaktionen
Die Produktion ist vergleichsweise günstig, da durch die indexgetreue Nachbildung übers Jahr hinweg wenig Transaktionen nötig sind. In den Gebühren spiegelt sich dies allerdings noch nicht in allen Fällen. Ganz im Gegensatz zu den USA: Jeder dritte Dollar, der dort in Aktien angelegt wird, fliesst inzwischen in Indexprodukte. Der Kostenvorteil beträgt denn auch durchschnittlich über anderthalb Prozentpunkte gegenüber aktiv verwalteten Fonds. Bis es in Europa so weit ist, lohnt es sich, die Gebühren zu vergleichen. Zumindest sollte ein Indexfonds günstiger zu stehen kommen als aktiv gemanagte Produkte.

Passive Anlagen aktiv planen
Die Investition in passiv gemanagte Fonds hat durchaus eine aktive Komponente. Denn diese Anlagevehikel sind nur so gut oder schlecht wie der Basismarkt. Wie beim Erwerb von Direktanlagen hat der Anleger also in Übereinstimmung mit seinem Risikoprofil zunächst die Aufteilung des Vermögens auf die verschiedenen Anlagekategorien und -regionen zu bestimmen. Ferner muss er eine eigene Meinung zu den jeweiligen Aktien- und Zinsmärkten haben. Dazu gehört auch, die Indexzusammensetzung zu kennen, da einzelne Referenzgrössen von wenigen oder gar einem einzigen Titel dominiert werden.

Obwohl Indexfonds die Referenzgrösse eins zu eins spiegeln, treten leichte, negative Abweichungen von der Indexperformance auf. Im Gegensatz zu den Marktindizes fallen bei den passiv verwalteten Anlagevehikeln Kosten wie Management- und Depotgebühren, Courtagen, Steuern und administrative Aufwendungen an. Ausserdem bedingt die vollständige Nachbildung ein entsprechend grosses Volumen, was gerade in der Startphase eines Fonds noch nicht unbedingt gegeben ist. Schwierig ist dies auch bei sehr breiten Marktindizes. In solchen Fällen beschränkt der Fonds die Titelauswahl nach Kapitalisierung oder Sektoren oder setzt ein Optimierungsverfahren ein, erläuterte Professor Grünbichler am erwähnten Anlass die Alternativen. Der Investor sollte sich Abweichungen denn auch erklären lassen.

Aus Sicht des Anlegers geht es gar nicht so sehr um die Frage, ob die Indexfonds den aktiv gemanagten Fonds grundsätzlich vorzuziehen sind oder umgekehrt. Auch wenn einem dies der Glaubenskrieg zwischen den Vertretern der beiden Anlagetechniken manchmal glauben machen will. Die Devise lautet vielmehr, das eine tun und das andere nicht lassen.

In breiten, entwickelten Märkten der Standardwerte lässt sich eine nachhaltige Mehrrendite statistisch gesehen kaum mehr erreichen. Um die grossen und effizienten Märkte abzudecken, ist der Einsatz von Indexfonds als Kerninvestition eines Portfolios respektive als Daueran- lage zu vergleichsweise günstigen Bedingungen also durchaus sinnvoll.

In jungen, noch weniger erforschten und ineffizienteren Märkten dagegen stehen die Chancen, mit aktivem Fondsmanagement eine Überperformance zu erzielen, deutlich besser. Dazu zählen insbesondere die Schwellenländer, aber auch Nebenwerte oder Anlagesegmente wie das Private Equity oder Hedge-Fonds, die Spezialwissen voraussetzen.

Den so genannten Core-Satellite-Ansatz vertreten zum Beispiel Alex Orus, Managing Director bei State Street Global Advisors in Zürich, und Dr. Urban Müller, ebendort. Sie legen ihn ausführlich in ihrem Beitrag «Risk Budgeting» dar, der im Jahrbuch «Vermögensverwaltung 2002» erschienen ist.

Indexfonds auch an der Börse
Passiv verwaltete Anlagevehikel existieren auch in einer börsenkotierten Variante als so genannte Exchange-traded Funds, bekannt unter dem Kürzel ETF. Rechtlich gesehen, handelt es sich dabei um Indexaktien. Dahinter steht eine «Firma», die mit dem Aktienkapital den jeweiligen Index repliziert.

Als Vorteil führen die ETF-Anbieter an, dass bei ihren Produkten keine Ausgabekommission anfalle und sie börsentäglich jederzeit handelbar seien. Aber aufgepasst: Das Kostenargument ist insofern zu relativieren, als beim Kauf wie beim Verkauf von ETFs die Courtage zu zahlen ist. Und die kann gerade bei kleineren Anlagebeträgen die Ausgabekommission des herkömmlichen Indexfonds deutlich übersteigen.

Das Argument der Liquidität mag für tradingorientierte Investoren auf Grund der Aktualität der Bewertung und der raschen Handelbarkeit von Bedeutung sein. Für den mittel- bis längerfristig orientierten Privatanleger dagegen hat dieser Aspekt nicht denselben Stellenwert. Von Vorteil ist jedoch für ihn, dass alle an der SWX kotierten ETFs in Franken gehandelt werden. Die Indexfonds dagegen lauten in der Regel auf die Heimwährung der Referenzgrösse.

Das ETF-Segment in Europa wächst rasant. 74 Produkte waren Ende Januar 2002 zugelassen. Den Markt teilen momentan weitgehend die Euronext in Paris (Next-Track) und die Deutsche Börse (XTF) untereinander auf. An der SWX Swiss Exchange werden gegenwärtig zehn Produkte vier verschiedener Anbieter gehandelt (www.swx.com). Abgedeckt werden acht verschiedene Indizes. Anfang Mai steigt auch die Virt-x ins Geschäft ein. Je mehr ETF-Anbieter aber denselben Index replizieren, desto ungünstiger ist es für den Anleger. Ist das Handelsvolumen gering, weitet sich die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs aus, und umso teurer wird es. Mit Blick auf die zehnjährige Erfahrung jenseits des Atlantiks werden sich letztlich nur einige wenige Produkte durchsetzen. Dort vereinigen zwei ETFs rund drei Viertel aller in ETFs investierten Mittel.

Vor- und Nachteile abwägen
Lanciert werden die Indexprodukte nicht nur in Form von herkömmlichen Fonds und ETFs, sondern auch als Indexzertifikate. Dabei handelt es sich um strukturierte Produkte, herausgegeben von Finanzinstituten, ausgestaltet in Form einer Schuldverschreibung mit einer indexabhängigen Rendite. Die Zertifikate bieten nicht denselben Anlegerschutz, da sie nicht dem Anlagefondsgesetz unterstehen. Darüber hinaus werden die investierten Mittel bei Zertifikaten mit einem festen Verfall unter Umständen zu einem ungünstigen Zeitpunkt zur Wiederanlage frei. Daher werden immer mehr Zertifikate mit unbeschränkter Laufzeit emittiert.

Für welches der drei Indexprodukte der Anleger sich auch immer entscheidet, er sollte sich dabei den Ausspruch von Börsenguru Peter Lynch vor Augen halten: «Sei dir bewusst, was du besitzt und warum du es besitzt».
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