Auf 36,6 Billionen Dollar hatten sich die Privatvermögen weltweit angehäuft. In den ersten drei Monaten dieses Jahres gingen sie dann aber um fast die Hälfte zurück – um 17,5 Billionen Dollar. Der Grund: Die Corona-Pandemie liess die Börsen einbrechen. Doch seit März erholten sich nicht nur die Aktienmärkte, sondern auch die Hauspreise stiegen kräftig. 

Und so liegen die Privatvermögen derzeit sogar knapp über dem Niveau von 2019. Allerdings ist die Summe pro Person leicht gesunken: Sie liegt derzeit bei knapp 77’000 Dollar. Dies besagt der neue «Global Wealth Report» der Credit Suisse; die Schweizer Grossbank untersucht darin jährlich die weltweiten Vermögen der Haushalte und analysiert darin Daten aus 200 Ländern und zu rund 5 Milliarden erwachsenen Menschen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die 50-Millionen-Millionäre

In der Schweiz sind die Vermögen am stärksten gestiegen – fast 30'000 Dollar hätte jede Schweizerin und Schweizer mehr in der Tasche, würde man den Vermögensanstieg in diesem Jahr auf die gesamte erwachsene Bevölkerung umlegen. Die Daten der Credit Suisse besagen, dass Ende letzten Jahres rund 884'000 Erwachsene mehr als eine Million Dollar hatten; und dass 2730 Personen sich über ein Nettovermögen von 50 Millionen und mehr freuen durften.

Das helvetische Durchschnittsvermögen lag bei 598'000 Dollar, was gegenüber dem Jahr 2000 einem satten Anstieg um 156 Prozent seit dem Jahr 2000 entspricht (dazu trugen allerdings auch Währungsgewinne durch den steigenden Franken stark bei). Allein in diesem Jahr sind die Vermögen bisher um fast 4 Prozent gestiegen; im Gesamtjahr dürfte das Plus bei rund 6 Prozent liegen – auch 2021 erwarten die Studienautoren eine Wachstumstrend. Doch auf hierzulande sind die Vermögen ungleich verteilt: Immerhin besitzt mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer 100'000 Dollar und mehr. 

In anderen Teilen der Welt zeigt sich ein anderes Bild: Die Privatvermögen in Lateinamerika sind im Krisenjahr 2020 gesunken. In den von der Pandemie stark gebeutelten USA blieben die Vermögen derweil stabil, während China und Indien überhaupt keine Einkommensverluste hinnehmen mussten. Unter den Industriestaaten hat Grossbritannien laut Credit Suisse die grössten Wohlstandsverluste erlitten. 

Lockdown = höhere Sparquote

Dass die Vermögen nicht stärker zurückgegangen sind, erklären die CS-Ökonomen mit der höheren Sparquote. Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit haben viele Menschen mehr gespart, zudem konnte wegen all der Lockdowns weniger konsumiert werden.

Derweil konnten Vermögende mit Aktienanlagen nach dem Einbruch zu Beginn des Jahres wieder aufatmen. Der Eingriff der Notenbanken – teilweise niedrigere Zinsen und eine lockerere Kreditvergabe – haben Börsen und Immobilienpreise gestützt.

Mit Erfolg: Im Juni lag das globale Vermögen laut dem «Global Wealth Report» nur 1 Billion Dollar weniger als vor der Pandemie. «Ein geringeres BIP und eine steigende Verschuldung werden jedoch zu langfristigen Schäden führen, so dass das Vermögenswachstum in den nächsten Jahren und wahrscheinlich noch länger gedämpft werden wird», schätzen die Geldexperten.

Zudem sei der Transfer von staatlichem Geld in private Vermögen wahrscheinlich nur ein vorübergehendes Phänomen, denn Regierungen dürften sich die Verluste langfristig wieder über höhere Steuern zurückholen. 

Ungleiche Vermögensverteilung

Allerdings ist die Verteilung dieser Vermögen nicht gleich. Dennoch habe die Pandemie vermögende Menschen gegenüber jenen mit niedrigerem Wohlstand nicht bevorteilt. In den USA sei die Vermögensungleichheit sogar geringer. 

«Geringqualifizierte, Frauen, Minderheiten, junge Menschen und Kleinunternehmen haben alle gelitten, während diejenigen, die mit den wenigen Branchen in Verbindung stehen, die in der Pandemie erfolgreich waren, wie etwa die Technologiebranche, davon profitiert haben», stellen die Studienautoren fest. 

Vor allem Frauen haben häufiger ihren Job verloren, denn in den am stärksten von der Krise getroffenen Unternehmen und Branchen wie Restaurants, Hotels, persönliche Dienstleistungen und Einzelhandel arbeiten mehr Frauen als Männer. Auch die Generation der Millennials – insbesondere Frauen und schlechter ausgebildete – sowie Minderheiten habe die Krise besonders benachteiligt. 

«Sichtbare Minderheiten haben während der Pandemie überdurchschnittlich unter gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schocks gelitten.» In den USA beispielsweise waren Minderheiten häufiger mit dem Virus infiziert bzw. in Spital-Behandlung als die weisse Bevölkerung. Auch verloren Minderheiten eher ihre Jobs. 

Auswirkungen auf Super-Reiche

Im vergangenen Jahr gab es weltweit fast 52 Millionen Millionäre – diese Zahl hat sich in der ersten Hälfte dieses Jahres kaum verändert. Auf rund 175’000 Menschen schätzt die Credit Suisse die Zahl der sogenannten «Ultra High Net Worth Individuals» mit Nettovermögen über 50 Millionen Dollar. Nur 120 weniger solcher Ultra-Reicher gibt es nach der Corona-Krise. «Angesichts des Schadens, den der COVID- 19 der Weltwirtschaft zugefügt hat, erscheint es bemerkenswert, dass das Vermögen der Haushalte relativ unbeschadet davongekommen ist», sagt Anthony Shorrocks, Ökonom der Universität Manchester und Co-Autor des Berichts. 

Die Studienautoren gehen davon aus, dass die Haushaltsvermögen sich im Laufe des Jahres 2021 langsam von der Pandemie erholen werden, jedoch mit grossen Unterschieden. Unter den grossen Volkswirtschaften dürfte China der klare Gewinner sein.

Wie ungleich die Vermögen auf der Welt verteilt sind, zeigt etwa diese Zahl: 1,7 Prozent der obersten 1 Prozent der weltweiten Vermögensbesitzer leben hierzulande, obwohl die Schweiz nur  0,1 Prozent zur Weltbevölkerung beiträgt.

Während heute schon 55 Prozent der globalen Vermögen in Nordamerika und Europa zu Hause sind – die aber nur 17 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen –, gibt es in Lateinamerika, Indien und Afrika wesentlich weniger Reiche gemessen an ihrer Bevölkerungszahl. Diese ungleiche Vermögensverteilung werde sich durch die Pandemie weiter verschärfen, und dürfte die Ungleichheit in den Ländern sowie zwischen Ländern noch vergrössern.