BILANZ: Sie haben den Ruf eines unkonventionellen Anlegers. Wie lautet Ihre Erfolgsformel?

James Breiding: Es ist sicher richtig, dass wir versuchen, wenig ausgetretene Wege zu gehen. Im Verhältnis zu den meisten anderen verhalten wir uns antizyklisch, das heisst, wir kaufen, wenn sich noch wenige über ein Engagement Gedanken machen, und verkaufen, wenn der Hype beginnt.

Das behaupten andere auch.

Wir schwimmen bewusst gegen den Strom, während konventionelle Börsenmakler allzu oft an den Indizes kleben. Das sichert ihnen den Job und ist leichter zu begründen. Eine eigenständige Position durchzuhalten, erfordert hingegen ein gehöriges Mass an Disziplin und innerer Stärke, besonders wenn die Märkte gegen einen sind.

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1999 haben Sie die Finanz-Boutique Naissance Capital gegründet. Was unterscheidet diese von der Konkurrenz?

Als kleine Firma müssen wir fokussierter und schneller arbeiten als unsere Wettbewerber. Wir verlassen uns daher nicht auf andere. Unsere Informationen kommen aus originären Quellen. Wir initiieren unsere eigenen Studien und Marktuntersuchungen.

In welchen Nischen ist Naissance tätig?

In Märkten, die ineffizient und hochkomplex sind und ein hohes Mass an Wissen und Expertise voraussetzen. Zudem achten wir darauf, dass wir günstig einsteigen können, früh und noch fast alleine sind. Jüngste Beispiele sind China, Generika und jetzt Indien.

Ist das Absturzrisiko in Ländern wie China und Indien nicht besonders gross?

Haben wir uns zu einem Engagement entschlossen, verhalten wir uns konsequent und geduldig. Haben wir uns geirrt, reagieren wir umgehend und verkaufen. Gewisse Risiken können allerdings nicht vorhergesehen und daher auch nicht vermieden werden. Für solche Fälle verfügen wir über Absicherungsmechanismen.

Was macht Sie hinsichtlich der Entwicklung auf dem indischen Subkontinent so «bullish»?

Indien wird sich in den kommenden zehn Jahren mehr verändern als in den vergangenen hundert Jahren. Zunächst ist die rasante demografische Entwicklung zu nennen – 30 Prozent der Jugendlichen weltweit lebt in Indien. Dann die zunehmende Bedeutung materialistischer Werte, der gesellschaftliche Wandel vom Sozialismus zum Kapitalismus, verbunden mit einer sukzessiven Marktöffnung, das Outsourcen von qualifizierter und günstiger Arbeit sowie eine Stabilisierung der politischen Entwicklung.

Zur Person
James Breiding


James Breiding (45) ist Geschäftsführer der Investment-Boutique Naissance Capital (www.naissancecapital.com) in Zürich. Aufgewachsen als Sohn eines Nasa-Physikers, startete Breiding seine Karriere als Wirtschaftsprüfer bei KPMG. Danach folgten Stationen als Vizedirektor bei Julius Bär, als Direktor bei Rothschild Corporate Finance und als CFO bei Boehringer Mannheim. Anschliessend baute Breiding die Schweizer Niederlassung von Templeton Investment auf, bis er 1999 zusammen mit einem Partner die Investment-Boutique Naissance Capital gründete. Diese hat sich einen Namen als unabhängiger Anbieter von äusserst attraktiven und hoch spezialisierten Nischeninvestments gemacht. Der von Naissance Capital erwirtschaftete Ertrag lag 2003 im Durchschnitt bei über 50 Prozent und für 2004 bisher bei 12 Prozent. Äusserst aufschlussreich sind die von Breiding verfassten Investment-Newsletters wie «Rugby & Reason» oder «Pigs over Fenway». Darin werden wirtschaftliche Trends frühzeitig vorweggenommen und entsprechende Handlungsalternativen aufgezeigt. Breiding ist schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger. Er ist verheiratet, lebt in Herrliberg und hat drei Kinder.

Nachdem der indische Aktienmarkt im vergangenen Jahr zu den weltweit bestrentierenden gehört hat, scheint die Börse von Mumbai inzwischen stattlich bewertet zu sein.

Unserer Ansicht nach ist der Zeitpunkt eines Engagements in Indien sehr günstig. Indische Aktien werden momentan mit ungefähr dem 16fachen des Gewinns gehandelt, und dies bei einem projizierten jährlichen Ertragswachstum von 20 Prozent. Demgegenüber liegen etwa der Nasdaq beim 57fachen oder der SMI beim 21fachen des Gewinns und weisen ein künftiges Ertragswachstum aus, das wesentlich kleiner und unzuverlässiger ist.

Naissance hat in Zusammenarbeit mit dem indischen Mischkonzern Tata kürzlich einen Indien-Fonds für Schweizer Investoren aufgelegt. Was ist das Besondere an diesem Fonds?

Ausser über so genannte American Depositary Receipts (ADR), die mit beträchtlichem Aufschlag gehandelt werden, sind die Investitionsmöglichkeiten für ausländische Anleger auf dem Subkontinent noch sehr eingeschränkt. Durch die Partnerschaft mit Tata bieten wir unseren Kunden jetzt einen sehr attraktiven Zugang zur indischen Wirtschaft, denn das Traditionsunternehmen ist eine der ersten Adressen auf dem Subkontinent.

Konkret, wo liegen die Vorteile der Kooperation?

Unsere lokalen Ansprechpartner verfügen über eine Ingenieurausbildung sowie über MBAs von Topuniversitäten, sprechen aber gleichzeitig Gujarati, die lokale, an der Börse von Bombay gesprochene Sprache. Ihre Klassenkameraden von damals sind heute die CEOs von Indiens aufstrebenden Firmen. Und sie haben Tata auf ihrer Visitenkarte. Leute, die Tata enttäuschen, haben wenig Zukunft in Indien.

In welche Wirtschaftssektoren und Firmen stecken Ihre indischen Partner das Geld?

Indien verfügt über einen gut entwickelten Aktienmarkt mit ungefähr zwanzig verschiedenen Sektoren. Das Spektrum reicht von Zulieferern für die Automobilindustrie bis hin zu Call-Centern, Generika und Softwareanbietern. Um das Anlagerisiko möglichst tief zu halten, werden die Investments relativ breit gestreut. Im Vordergrund stehen dabei kleine bis mittelgrosse Unternehmen, die vom lokalen Wirtschaftswachstum am meisten profitieren werden, wie Zementfirmen oder Retail-Banken.

Auf welche Kundensegmente zielt Naissance mit dem neuartigen Indien-Vehikel ab?

Wir wollen Investoren ansprechen, die ähnlich denken wie wir und der festen Überzeugung sind, dass es sich lohnt, in Indien anzulegen. Diesen bieten wir eine äusserst Erfolg versprechende Einstiegsmöglichkeit.

Naissance verwaltet unter anderem auch einen Generika-Fonds. Was soll an Billigmedikamenten denn so attraktiv sein?

Generika sind ein defensives Investment mit ertragsreichen Zukunftsaussichten. Die bei Generika angewandte Technologie hat sich über Jahrzehnte bewährt und sich bereits bezahlt gemacht. Auf Grund der enormen und voraussehbaren Nachfrage nach günstigen Medikamenten ist der Absatz von Generika-Produkten konjunkturresistent. Das sind Faktoren, die sich nur selten im Einklang befinden.

Woher nehmen Sie die Expertise, um die Zukunftsaussichten der Generika-Firmen beurteilen zu können?

Durch eine enge Zusammenarbeit mit anerkannten Fachleuten. Für Naissance Generika haben wir Oswald Sellemond gewonnen. Sellemond hat das Generika-Geschäft bei Novartis aufgebaut und den Basler Pharmakonzern hinter Teva zum weltweit zweitgrössten Anbieter auf diesem Gebiet gemacht. Diese Erfahrungen finden Sie sonst nirgendwo. Für uns und unsere Kunden sind sie von unschätzbarem Wert. Derselben Philosophie folgt übrigens auch unsere Zusammenarbeit mit Tata in Indien.

Innovative Investitionsziele und erstklassige Businesspartner – auf einen Nenner gebracht, scheint das die Erfolgsformel von Naissance zu sein. Richtig?

Das sind zweifellos die Zutaten, die man braucht. Aber natürlich kochen auch wir nur mit Wasser. Im heutigen Umfeld, wo die meisten Investitionsmöglichkeiten bereits mehr als ausgereizt sind und entsprechend riskant erscheinen, ist es besonders wichtig, nicht mit der Meute zu gehen.