In Sachen Pensionskassenkapital sind die Schweizer Erwerbstätigen weltweit führend. Das Vorsorgesystem ist nirgendwo besser ausgebaut, pro Kopf steht bei uns am meisten Kapital zur Verfügung. Schon 1850 entstanden die ersten so genannten Fabrikkassen. Der Arbeitskräftemangel nahm zu, und die technische Entwicklung verteuerte die Anlehrzeit für neue Arbeiter. Deshalb bemühten sich die Fabrikbesitzer immer stärker um Bindung ihres Personals. Diese ersten Fabrikkassen funktionierten ohne Statuten. Die Prämien zog man den Arbeitnehmern direkt vom Lohn ab und investierte sie wieder in den Betrieb. Wer austrat, verlor seine Beiträge. Die Fabrikanten erreichten damit drei Ziele auf einmal: Die Arbeitskräfte blieben dem Betrieb erhalten, der Aufwand für die Fabrikkasse reduzierte die Steuern, und das Pensionskassenkapital floss als günstiger Kredit wieder in die Firma zurück.
Die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Organisation und der Verwaltung entwickelte sich sukzessive. Die Anzahl der Fabrikkassen stieg rasch: 1865 waren es 608, 1880 bereits 1085. Später wurden sie in die heutigen Pensionskassen übergeführt. Deren stetige Zunahme setzte sich bis zur Einführung des ersten Pensionskassengesetzes (BVG) per 1. Januar 1985 fort. Dann begann der Rückgang. Vor allem die gesetzlichen Auflagen und die Einschränkung der Anlagen beim Arbeitgeber liessen die Zahl der Pensionskassen seit 1985 von rund 15 200 auf 8100 schrumpfen. Erst seit die Versicherungsgesellschaften mit dem «Winterthur»-Modell die Konditionen ihrer Sammelstiftungen für KMU verschlechterten, entstehen wieder laufend neue Pensionskassen.
Von den drei ursprünglichen Motiven für die Einrichtung der Fabrikkassen fielen zwei vollständig weg: Die Einführung des BVG 1985 beziehungsweise des Freizügigkeitsgesetzes 1995 hob die Freizügigkeitsverluste beim Stellenwechsel auf. Während ursprünglich das BVG noch 20 Prozent der Anlagen beim Arbeitgeber ermöglichte, sind ab 2007 nur noch 5 Prozent zulässig. Zudem darf dieses Geld nicht aus gebundenen Mitteln, das heisst aus Alterskapitalien der Versicherten, bestehen. Bleibt als letzter grosser Vorteil für den Arbeitgeber noch die Steuerabzugsfähigkeit der Beiträge. Hier bieten Arbeitgeberbeitragsreserven interessante Einsparmöglichkeiten.
Arbeitgeberbeitragsreserven sind Pensionskassenprämien, die der Arbeitgeber vorab entrichtet. Aus steuergesetzlicher Sicht kann er den maximal fünffachen Jahresbeitrag vorauszahlen. Die Idee dahinter ist, dass die Arbeitgeber in wirtschaftlich schlechteren Jahren vom Reservepolster aus besseren Perioden zehren können. Darin verbirgt sich das einzig
legale Instrument, die Höhe des Gewinns zu beeinflussen und so Steuern zu sparen.
Ideal ist folgendes Vorgehen: Am Ende des Geschäftsjahres reduziert man den Gewinn mittels Arbeitgeberbeitragsreserven auf das optimale Mass. Dies ist auch für KMU möglich, die an Sammelstiftungen angeschlossen sind. Wichtig ist, dass die Einzahlung bis spätestens 31. Dezember beim Vorsorgeträger eintrifft. Gleich zu Beginn des nächsten Jahres gibt man bekannt, dass die Arbeitgeberprämien der Beitragsreserve zu belasten sind. Bis zum Ende des Jahres sind Arbeitgeberbeitragsreserven abgetragen, und bei Bedarf bildet man wieder neue.
Dies gilt es zu beachten: Arbeitgeberbeitragsreserven können von der Pensionskasse nicht mehr zurückgefordert werden. Sie dienen ausschliesslich der Prämienzahlung oder können ergänzend für Leistungsverbesserungen sowie beispielsweise die Finanzierung vorzeitiger Pensionierungen eingesetzt werden. Obwohl das Geld in der Pensionskasse liegt, behält der Arbeitgeber immer die volle Verfügungsgewalt darüber, diese verlagert sich nicht auf das paritätisch aus Arbeitgebern und -nehmern zusammengesetzte Führungsorgan (Stiftungsrat oder Vorsorgekommission). Es ist wichtig, die Beitragsreserven als «Arbeitgeberbeitragsreserven ohne Verwendungsverzicht» zu deklarieren. Der andere Typ – mit Verwendungsverzicht bei Unterdeckung – dient automatisch zur Tilgung von eventuellen Deckungslücken der Pensionskasse. Ein Rückfall der Beitragsreserven an den Arbeitgeber ist generell ausgeschlossen. Werden Firma und Pensionskasse liquidiert, fällt die Arbeitgeberbeitragsreserve dem freien Stiftungsvermögen zu. Sie darf nicht als Liquidationserlös für die Firma verwendet werden.
Mit der Arbeitgeberbeitragsreserve kann man nicht nur Steuern sparen, sondern am Ende auch noch Geld verdienen, denn die Pensionskassen können die Arbeitgeberbeitragsreserven verzinsen, zum Beispiel zum BVG-Mindestzins. Dieser liegt heute bei 2,5 Prozent und ist sicherlich bedeutend attraktiver als der Kontokorrentzins der Finanzinstitute.
Dr. Martin Wechsler,
Mitglied Expertenteam BILANZ,
Inhaber von Dr. Martin Wechsler,
Büro für umfassende Pensionskassenberatung, Aesch BL,
www.alters-vorsorge.ch