Für Aufsehen hat Javier Milei (54) in seinem ersten Amtsjahr bereits mehrfach gesorgt. Doch der aktuelle Krypto-Skandal ist nun die erste grosse innenpolitische Prüfung für den argentinischen Präsidenten. Milei lobte auf dem Kurznachrichtendienst X die dubiose Kryptowährung $Libra als wirtschaftsfördernd, löschte den Post jedoch später mit der Begründung, die Details nicht gekannt zu haben. Experten stufen $Libra als «Rug Pull» ein – ein Betrugsschema, bei dem Investoren angelockt und dann ausgenommen werden. Innerhalb von zwei Stunden verschwanden 107 Millionen Dollar.
Es besteht der Verdacht, dass Milei in den Betrug verwickelt sein könnte. Seine politischen Gegner drohen dem polarisierenden Präsidenten gar ein Impeachment-Verfahren an. Chancenlos ist das aufgrund der Kräfteverhältnisse im argentinischen Parlament nicht.
Aufgrund des wachsenden Drucks sah sich Milei am Montagabend gezwungen, ein Interview im argentinischen TV zu geben. Gegenüber dem Sender «TN» wollte er nichts davon wissen, die Kryptowährung $Libra beworben zu haben. «Ich habe nicht dafür geworben, ich habe es verbreitet. Ich habe in gutem Glauben gehandelt und eine Ohrfeige bekommen.»
«Diese Episode schadet meiner Glaubwürdigkeit in der Welt nicht»
Milei schaltete in den Verteidigungsmodus: «Hat der Staat Geld verloren? Nein. Haben die Argentinier Geld verloren? Es werden höchstens vier oder fünf sein», sagte er. Die grosse Mehrheit der geprellten Investoren seien Chinesen und Amerikaner. Trotzdem ist Milei überzeugt: «Diese Episode schadet meiner Glaubwürdigkeit in der Welt nicht.»
Javier Milei ist seit November 2023 Präsident Argentiniens.
Warum der Präsident die ominöse Währung auf dem Kurznachrichtendienst geteilt hatte? «Ich habe es getan, weil ich ein fanatischer Technikoptimist bin. Klar, wenn ich mir die politischen Folgen ansehe, kann ich sagen, dass ich dazulernen muss.» Zu einem möglichen Impeachment-Verfahren seiner Gegner sagte Milei im Interview: «Sie sind nervös. Sie wissen, dass die Umfragen sie sehr tief einstufen. Sie wissen, dass sich die Wirtschaft erholt.»
«Ist unser Präsident ein Betrüger?»
Vor dem Interview teilte das Justizministerium in Buenos Aires mit, dass ein Richter beauftragt wurde, gegen Milei zu ermitteln. Der Oppositionspolitiker Germán Martínez (57) erhöhte seinerseits in einem Interview den Druck auf Milei: «Wir müssen uns darauf konzentrieren, die politische Verantwortung zu analysieren. Das Amtsenthebungsverfahren ist in diesem Sinne gerechtfertigt. Die 47 Millionen Argentinier müssen wissen, ob sie einen Präsidenten haben, der einen Betrug direkt vor ihrer Nase geschehen lässt, ohne es zu merken, oder ob sie einen Präsidenten haben, der selbst ein Betrüger ist.»
Die politischen Verwerfungen nach dem Krypto-Skandal hatten am Montag auch direkten Einfluss auf die Börse – die 2024 noch die weltweit beste war. Die Börse von Buenos Aires schloss am Montag mit einem Minus von knapp sechs Prozent gegenüber dem Schlussstand vom Freitag. Einige Aktien fielen um bis zu acht Prozent.