Da kann man schon stutzig werden: «Zürich ist toll, du bist in drei Stunden in Mailand, in 45 Minuten am Skilift, und von Kloten aus kannst du so ziemlich jede Destination anfliegen…» Ich hatte wohlgemerkt bei Zürchern nachgefragt, als ich mich ernsthaft dem Gedanken näherte, hierher zu ziehen, und dann gleich noch mehr solch enthusiastische «Fluchttipps» zu hören bekommen. Zürich – nur ein Flughafen, eine Autobahnauffahrt? Sollte ich mich bei meinen früheren Kurzvisiten so getäuscht haben? Ich bin dann schnurstracks in diese famose Bratwurstbraterei am Bellevue gefahren, habe gierig eine Kalbsbratwurst nebst Bürli verdrückt und endgültig entschieden, dass allein dieser Genuss mindestens ein paar Jahre Zürich wert ist.

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Bis mein Umzug vollzogen war, habe ich regelmässig, aus Deutschland kommend, von der Autobahn direkt das Bellevue angesteuert und bin per Kalbsbratwurst in Zürich angekommen. Später dann habe ich sie auch am Hardturm wiedergefunden, und sie hat manch mediokres Grasshopper-Spiel doch noch zum annehmbaren Freizeitvergnügen gemacht. Bis heute ist sie mir feste Grösse im Speiseplan, Freunden im Ausland ist sie liebstes Mitbringsel, in Zweierpacks schön vakuumiert – für horrendes Geld. Ich erinnere mich gut an den hysterischen Lachkrampf an der Kasse beim ersten Einkauf in einem der beiden Delikatesskaufhäuser. Mittlerweile ist mir die Qualität unentbehrliche und die Preisgestaltung achselzuckende Gewohnheit. Ausserdem gibt es kein schlagenderes Argument gegenüber Unterstellungen, mich hätten steuerliche Überlegungen nach Zürich getrieben.

So bleibt man schön unbehelligt von aussen, vor allem aber hat man hier in der Stadt seine Ruhe. Zwingli sei Dank: Aufdringlichkeit, das Lärmige, Joviale ist des Zürchers Sache nicht. Das so gern betonte Understatement steht allerdings zuweilen im Widerspruch zum verkrampften Bemühen, ja alles vermeintlich Provinzielle zu vermeiden. Heraus kommen dabei Abscheulichkeiten wie der zur Asphaltwüste verkommene Paradeplatz. Von solchen Sündenfällen abgesehen, ist mir die Mischung aus Dorf und Weltstadt höchst attraktiv. Zürich ist statistisch eine mittelgrosse Stadt, und dennoch müsste ich auf die Frage, wo gehts hier ins Zentrum, zurückfragen: «Welches solls denn sein?» Das mondäne oder das ein bisschen anrüchige, das putzige oder das liebenswert bünzlige?

In einem dieser Zentren gibt es ein Café (eher jung, cool, modern), in dem Kinderwagen verboten sind! Das hat nichts von internationalem Flair, sondern was von dumpfem «Rassismus», verwundert aber nicht, wenn man Mütter sieht, die, in jenem Etablissement gerade abgewiesen, beschämend hilflos versuchen, ihren Kinderwagen in eine Strassenbahn zu wuchten – von den anderen Fahrgästen gelangweilt beobachtet, während der Fahrer einfach die Türen schliessen lässt.

New York ist nicht Weltmetropole wegen, sondern trotz seiner unfreundlichen Taxifahrer, die sich weigern, verständliches Englisch zu sprechen. Das ist anders in Zürich. Ich halte es auch für einen Akt selbstverständlicher Höflichkeit, mich als «Ausländer» der Landessprache zu nähern. Allerdings machen es die Eingeborenen einem nicht leicht: «Ihr Deutschen habt es gut mit eurer Sprache, da sind wir mit unserem Dialekt viel langsamer und nicht so elegant.» Quatsch! Da ist sie wieder, diese so schweizerische und nicht zuletzt typisch Zürcher Mixtur aus Minderwertigkeitskomplex und manchmal grössenwahnsinniger Nabelschau. Geschenkt.

Ich lebe gern in Zürich, weil Zürich lebt. Nicht gleich «a city that never sleeps», aber wer möchte, kann sich «Uusgang» bis zum Morgengrauen geben. Und Hunger? Die Kalbsbratwurst am Bellevue gibts auch noch um Mitternacht. Da kann man schon stutzig werden: «Zürich ist toll, du bist in drei Stunden in Mailand, in 45 Minuten am Skilift, und von Kloten aus kannst du so ziemlich jede Destination anfliegen…» Ich hatte wohlgemerkt bei Zürchern nachgefragt, als ich mich ernsthaft dem Gedanken näherte, hierher zu ziehen, und dann gleich noch mehr solch enthusiastische «Fluchttipps» zu hören bekommen. Zürich – nur ein Flughafen, eine Autobahnauffahrt? Sollte ich mich bei meinen früheren Kurzvisiten so getäuscht haben? Ich bin dann schnurstracks in diese famose Bratwurstbraterei am Bellevue gefahren, habe gierig eine Kalbsbratwurst nebst Bürli verdrückt und endgültig entschieden, dass allein dieser Genuss mindestens ein paar Jahre Zürich wert ist.

Bis mein Umzug vollzogen war, habe ich regelmässig, aus Deutschland kommend, von der Autobahn direkt das Bellevue angesteuert und bin per Kalbsbratwurst in Zürich angekommen. Später dann habe ich sie auch am Hardturm wiedergefunden, und sie hat manch mediokres Grasshopper-Spiel doch noch zum annehmbaren Freizeitvergnügen gemacht. Bis heute ist sie mir feste Grösse im Speiseplan, Freunden im Ausland ist sie liebstes Mitbringsel, in Zweierpacks schön vakuumiert – für horrendes Geld. Ich erinnere mich gut an den hysterischen Lachkrampf an der Kasse beim ersten Einkauf in einem der beiden Delikatesskaufhäuser. Mittlerweile ist mir die Qualität unentbehrliche und die Preisgestaltung achselzuckende Gewohnheit. Ausserdem gibt es kein schlagenderes Argument gegenüber Unterstellungen, mich hätten steuerliche Überlegungen nach Zürich getrieben.

So bleibt man schön unbehelligt von aussen, vor allem aber hat man hier in der Stadt seine Ruhe. Zwingli sei Dank: Aufdringlichkeit, das Lärmige, Joviale ist des Zürchers Sache nicht. Das so gern betonte Understatement steht allerdings zuweilen im Widerspruch zum verkrampften Bemühen, ja alles vermeintlich Provinzielle zu vermeiden. Heraus kommen dabei Abscheulichkeiten wie der zur Asphaltwüste verkommene Paradeplatz. Von solchen Sündenfällen abgesehen, ist mir die Mischung aus Dorf und Weltstadt höchst attraktiv. Zürich ist statistisch eine mittelgrosse Stadt, und dennoch müsste ich auf die Frage, wo gehts hier ins Zentrum, zurückfragen: «Welches solls denn sein?» Das mondäne oder das ein bisschen anrüchige, das putzige oder das liebenswert bünzlige?

In einem dieser Zentren gibt es ein Café (eher jung, cool, modern), in dem Kinderwagen verboten sind! Das hat nichts von internationalem Flair, sondern was von dumpfem «Rassismus», verwundert aber nicht, wenn man Mütter sieht, die, in jenem Etablissement gerade abgewiesen, beschämend hilflos versuchen, ihren Kinderwagen in eine Strassenbahn zu wuchten – von den anderen Fahrgästen gelangweilt beobachtet, während der Fahrer einfach die Türen schliessen lässt.

New York ist nicht Weltmetropole wegen, sondern trotz seiner unfreundlichen Taxifahrer, die sich weigern, verständliches Englisch zu sprechen. Das ist anders in Zürich. Ich halte es auch für einen Akt selbstverständlicher Höflichkeit, mich als «Ausländer» der Landessprache zu nähern. Allerdings machen es die Eingeborenen einem nicht leicht: «Ihr Deutschen habt es gut mit eurer Sprache, da sind wir mit unserem Dialekt viel langsamer und nicht so elegant.» Quatsch! Da ist sie wieder, diese so schweizerische und nicht zuletzt typisch Zürcher Mixtur aus Minderwertigkeitskomplex und manchmal grössenwahnsinniger Nabelschau. Geschenkt.

Ich lebe gern in Zürich, weil Zürich lebt. Nicht gleich «a city that never sleeps», aber wer möchte, kann sich «Uusgang» bis zum Morgengrauen geben. Und Hunger? Die Kalbsbratwurst am Bellevue gibts auch noch um Mitternacht.