Der Teufel ist los im Geschäft mit dem Buch, dessen Hochamt alle Jahre wieder an der Frankfurter Buchmesse zelebriert wird - heuer sogar mit dem Literaturland Schweiz als Ehrengast. In der Frankfurter Paulskirche wird der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen - in den Frankfurter Messehallen herrscht Krieg: Die Verlage balgen sich um Autoren, Lizenzen und Marktanteile, die Händler kämpfen von Jahr zu Jahr verbissener ums Überleben. Denn im Geschäft mit dem Buch hält mit unwiderstehlicher Macht die Marktwirtschaft Einzug - und im Zuge der Globalisierung gleich in ihrer darwinistischsten Form. Fressen oder gefressen werden, lautet auch in dieser Branche die aktuelle Devise - und das kultur- und kontinentübergreifend. Wer durch eine Buchhandlung schlendert (doch, das kann man noch!), wird ob der Vielfalt der anbietenden Verlage verblüfft sein. Doch die Vielfalt ist ein optische Täuschung. Wenn da Albrecht Knaus, Berlin-Verlag, Blanvalet, Blessing, Gabler, Siedler, Goldmann, btb, Frederking und Falken als scheinbare Konkurrenten nebeneinander im Regal stehen, so heisst das gar nichts: Die gehören, neben etlichen anderen, alle zur Bertelsmann-Gruppe. Gleiches gilt für S. Fischer, Wolfgang Krüger, Droemer-Knaur, Lichtenberg, Delphi, Kindler, Rowohlt, Wunderlich, Scherz und Schäffer-Poeschel: Die gehören alle zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck.

Diese beiden Konzerne sind es, die im wesentlichen den Buchmarkt im deutschsprachigen Raum dominieren, zu 80 Prozent, schätzt Diogenes-Verleger Daniel Keel. Die Verlagsgruppe Bertelsmann erzielt mit ihren Publikumsverlagen in Deutschland, der Schweiz und Österreich (exklusive Klubs und Leseringe) einen Buchumsatz von rund 560 Millionen D-Mark, die Holtzbrinck-Gruppe bringt es auf rund 360 Millionen. Dann kommt lange nichts mehr: Auf Platz drei folgt die Langenscheidt-Gruppe mit ihren Wörterbüchern, zu der auch der Lexikonverlag Brockhaus und die Gralshüter der deutschen Sprache vom Duden-Verlag gehören, mit 297 Millionen D-Mark Umsatz. An vierter Stelle folgt der Weltbild-Verlag der katholischen Kirche (mit den Marken Schneekluth, Bechtermünz, Augustus, Midena, Battenberg) mit 250 Millionen Umsatz. Und dann: Heyne mit 173 Millionen, die Ganske-Gruppe (Hoffmann und Campe, Gräfe & Unzer, Guinness) mit 149 Millionen, das Verlagshaus Goethestrasse (Econ, List, Hugendubel) mit 116, der Langen-Müller-Verlag mit 110, der Lübbe-Verlag mit 81 und Suhrkamp (Insel, Theater Verlag, Deutscher Klassiker Verlag, Jüdischer Verlag) mit 80 Millionen. In den Top ten befindet sich kein Schweizer Verlag, sieht man einmal von Scherz ab, der zur Holtzbrinck-Gruppe gehört.

Erst an elfter Stelle dieser Rangliste taucht der erste echte Schweizer Verlag auf, Diogenes mit 68 Millionen D-Mark Umsatz - wobei immerhin anzumerken ist, dass Daniel Keels Diogenes der einzige deutschsprachige Verlag dieser Grössenordnung ist, der sein Geschäft ausschliesslich auf die Belletristik fokussiert. Dabei soll es auch bleiben. Weder sucht Keel den Anschluss an einen noch Grösseren der Branche, noch will er selber in Bereiche expandieren, die ihm bisher fremd waren: «Wir wollen nicht expandieren, sondern konzentrieren. Small is beautiful. Es ist alles zuviel, und es geht alles zu schnell.» Die meisten anderen grösseren Verlage hingegen verfügen über ein zweites Standbein im Fach- oder Lehr- oder Jugendbuchbereich.

Und der ganze Rest mit so renommierten deutschen Verlagen wie Kiepenheuer& Witsch, Aufbau, Wagenbach, Haffmans, Reclam, Dumont, Prestel, aber auch den paar verbliebenen Schweizer Verlagen Haupt, Huber, Schwabe, Schulthess, Hallwag, Union/Limmat, Lenos, Zytglogge, Werd, Fretz, Ammann, Orell-Füssli sind zwar mit ihren jeweiligen Spezialitäten gut im Geschäft, bleiben aber weit davon entfernt, den Markt zu bewegen. Das bleibt den Grossen vorbehalten - und nicht nur im deutschsprachigen Raum. Bertelsmann erzielt mit Büchern (inklusive Klubs) weltweit etwas mehr als sieben Milliarden D-Mark Umsatz und ist damit die unbestrittene Nummer eins im globalen Buchgeschäft. Diese Position verstärkte sich noch durch den Kauf der amerikanischen Verlagsgruppe Random House (Jahresumsatz 1,2 Milliarden Dollar) für 1,4 Milliarden Dollar: Damit dürfte der konzernweite Buchumsatz auf gegen neun Milliarden D-Mark steigen. Mit diesem Zukauf und dessen Verschmelzung mit Bantam Doubleday Dell wird Bertelsmann die Nummer eins auf dem amerikanischen Buchmarkt - und damit der erste Verlag der Welt, der sich in einer fremden Sprache und Kultur an der Spitze etabliert.

Und weil Bertelsmann nicht nur in den USA, sondern auch in Kanada, Australien, Grossbritannien, in Frankreich, Belgien, Holland, Italien, Spanien/Portugal (und damit in Lateinamerika), Finnland, Polen, Ungarn und so weiter im Buch- und/oder im Buchklub-Geschäft Fuss gefasst und sogar ein verlegerisches Joint Venture in Schanghai gewagt hat, dürfte Bertelsmann der bislang erste und einzige wirklich globale Konzern im Buchgeschäft sein. Die Nummer zwei im deutschsprachigen Raum, die Holtzbrinck-Gruppe, ist weit davon entfernt, als Buchverleger eine weltweit auch nur annähernd so bedeutende Rolle zu spielen - wenn sich Bedeutung in diesem Gewerbe denn aus der Umsatzzahl ableiten lässt. Holtzbrinck setzt mit seinen Büchern aus Publikumsverlagen im deutschen Sprachraum rund 360 Millionen D-Mark um; aus dem Geschäft mit Fach- und Lehrbüchern dürften nochmals runde 270 Millionen dazukommen. Das Portefeuille der Holtzbrinck-Gruppe nimmt sich neben jenem des grossen Konkurrenten geradezu elitär aus. S. Fischer, Droemer-Knaur, Rowohlt und der Schweizer Ableger Scherz stehen gewiss eher für literarische Qualität als die Bertelsmann-Pendants wie Blanvalet oder Goldmann.

An diesem Zustand wird sich aber sehr bald sehr viel ändern. Denn die jüngsten Akquisitionen der Bertelsmänner deuten ganz eindeutig darauf hin, dass auch dieser für seine Massenware gescholtene Gigant mittlerweile verstärkt die gute Literatur sucht. Die Übernahme des kleinen und feinen Berlin-Verlags setzte in Deutschland ein Zeichen, das von den kulturbeflissenen Lesern nicht unbedingt goutiert wurde. Und mit dem Kauf der amerikanischen Gruppe Random House markiert Bertelsmann nun vollends, dass er in Zukunft vermehrt auf literarische Qualität zu setzen gedenkt. Denn dieser Kauf hatte weniger zum Ziel, nun den amerikanischen Buchmarkt aufzurollen. Es mag ein netter Nebeneffekt für Bertelsmann sein, jetzt in den USA mit einem Marktanteil von über zehn Prozent die Nummer eins zu sein. Hauptziel dürfte es aber vielmehr gewesen sein, sich dort zu verstärken, wo die Weltliteratur im wesentlichen hergestellt wird. Und das sind nun einmal die USA.

Von allen im deutschen Sprachraum pro Jahr neu aufgelegten Büchern sind 70 bis 80 Prozent Übersetzungen aus dem Englischen. Angelsächsische Autoren beherrschen die Bestsellerlisten auch in Deutschland, der Schweiz und Österreich - von John Grisham über Tom Wolfe und Robert Ludlum bis Michael Crichton, Jeffrey Archer, Toni Morrison und Philip Roth. Ob es sich nun um grosse Kolportageromane handelt, um populärwissenschaftliche Abhandlungen, um gehobene Belletristik, esoterische Massenware, um Fachliteratur oder um wichtige politische Schriften - das Ursprungsland liegt meistens im angelsächsischen Raum. «Amerikanische Romane für den Massenmarkt reisen um den Globus wie ein Koffer. Die Stories sind gradlinig, die Prosa ist stromlinienförmig, und sie ist voller wichtiger Ingredienzen: Geld, Intrige, Liebe und ein klarer Sinn für Gut und Böse.» Der das sagt, müsste es wissen, denn er leitet für Bertelsmann den Verlag, der seinen Namen trägt: Karl Blessing. Europäische Autoren, so meint er, tendierten dagegen eher zum Nebulösen und Esoterischen: «Deutsche Autoren glauben, Literatur müsse ir- gendwie unverständlich sein. Und die Franzosen schreiben eine derart blumige Prosa, dass die Bücher beim Übersetzen wie ein Soufflé zusammenfallen.»

Kein Wunder also, dass sämtliche europäischen Verlage auf Nachschub aus England und Amerika angewiesen sind, dass also das Lizenzgeschäft blüht. Zu den wesentlichsten Funktionen der Frankfurter Buchmesse gehört es denn auch, die angelsächsischen Lizenzhändler mit den europäischen Verlagen zusammenzubringen. «Frankfurt» ist in weiten Teilen nichts weiter als ein grosser Basar für Lizenzen.

Für die wirklich Grossen der Branche hingegen lohnt es sich, sich die Urheberrechte sozusagen an der Quelle zu verschaffen. Diesem Gebot folgt nicht nur Bertelsmann mit seinen amerikanischen Tochtergesellschaften Bantam Doubleday Dell und Random House. Auch Holtz-brinck ist mit Farrar, Straus, Giroux und dem mit Nobelpreisträgern gesättigten Verlag Henry Holt im Amerikageschäft; und mit der 71-Prozent-Beteiligung an der britischen Macmillan-Gruppe wird über deren US-Ableger St. Martins Press der amerikanische Autorenmarkt zusätzlich fruchtbar gemacht. Auch die französische Verlagsgruppe Hachette und der holländische Wolters-Kluver-Verlag (der die juristische Abteilung des deutschen Luchterhand-Verlags besitzt) strecken ihre Fühler in die USA aus. Die zunehmende Konzentration im Verlagswesen wird das Geschäft mit dem Buch grundlegend verändern. Dieses ist schon längst nicht mehr jene etwas verschrobene Kombination aus Liebhaberei und knallhartem Rechnen, bei dem von der Literatur besessene Verleger, die ihre Autoren lieben, hegen und pflegen (häufig auch schlecht bezahlen), sorgfältig lektorierte und schön gestaltete Bücher in den Sortimentsbuchhandel geben, wo sie von gut geschultem und belesenem Fachpersonal der verehrten Kundschaft nähergebracht werden, die wiederum den Wert solcher Tätigkeit zu ermessen weiss, den entsprechenden Preis gerne bezahlt und die gekauften Bücher (Hardcover natürlich) in Ehren hält.

Solche Verleger, solche Bücher, solche Buchhändler und solche Leser gibt es zwar noch - in Nischen. Der moderne Verleger ist gar kein Verleger mehr; er leitet, wie der Bücherchef von Bertelsmann, Frank Woess-ner, eine Konzernabteilung, der Verleger anstellt. Der Konzern kauft die Manuskripte von Autoren ein. Er bezahlt sie besser bis sehr gut, wenn sie Bestseller produzieren: Spitzenautoren erhalten in den USA allein an Vorschusshonorar um die 250 000 Dollar, bevor sie auch nur eine Zeile geschrieben haben, und bei den absoluten Stars wie John Grisham gehen schon die Vorschüsse in den siebenstelligen Bereich. Der moderne Buchproduzent lässt das Manuskript von seinen Verlegern und Lektoren marktgerecht bearbeiten und nach den Gesetzen der Massenproduktion herstellen und vertreiben, wobei er alle Möglichkeiten der Mehrfachverwertung im Auge behält, von Fremdsprachenlizenzen über den Vertrieb in Leseringen, Taschenbuchlizenzen, Film- und Fernsehrechten bis neuerdings auch zu CD-ROM- und Internetrechten.

In einem solchen Umfeld ist ein Gigant wie Bertelsmann in der besten Ausgangsposition. Denn Bertelsmann ist nicht nur ein Buchkonzern. Zwar stand am Beginn der Unternehmensgeschichte das Gütersloher Verlagshaus, ein Fachverlag für theologische Schriften, der heute noch existiert. Doch mittlerweile ist Bertelsmann weltweit die Nummer drei der Entertainment-Industrie hinter Time-Warner und Disney. Neben den Büchern, die einen Drittel zum Konzernumsatz beisteuern, betreibt Bertelsmann die BMG-Entertainment mit den Tonträgermarken Aristo Records, BMG Ariola, RCA und CMC sowie Musikverlagen und Videounternehmen. Die CLT-UFA ist im Fernsehgeschäft tätig (mit Beteiligungen an RTL, Vox, Channel 5 und Premiere), sie besitzt TV-Produktionsfirmen, rund 20 Radiostationen und mehrere Unternehmen für Rechteverwertung. Die Abteilung Industrie betreibt 20 Druckereien rund um den Globus. Und die Abteilung New Media, das Lieblingskind des designierten neuen Konzernchefs Thomas Middelhoff, ist am Online-Dienst AOL beteiligt, plant mit Book-Online den Internet- Buchvertrieb mit dem Ziel, den Marktleader www.amazone.com. anzugreifen, ist im CD-ROM-Geschäft engagiert und unterhält interaktive Studios und Media-Systems- Dienste. Überdies gehört zu Bertelsmann noch der Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr mit dem Flaggschiff «Stern», mit «Geo», «Saison», «Capital», Beteiligungen an «Der Spiegel» und «Manager Magazin» sowie diversen Tageszeitungen, von der «Hamburger Morgenpost» bis zur «Berliner Zeitung», die dem «Tagesspiegel» aus dem Hause Holtzbrinck das Leben schwer- macht. Mit anderen Worten: Der Bertelsmann-Konzern ist das einzige weltweit operierende Medienunternehmen, das konsequent vertikal organisiert ist.

Ein Informationsstoff - von literarischen Werken mag man da nicht mehr sprechen - kann in einem solchen Gebilde der Verwertung in allen möglichen Kulturkreisen und Medien zugeführt werden. Da könnten die Urheberrechte zugleich mit den Fremdsprachenlizenzen für ausländische Tochtergesellschaften und dem Recht der Zweitverwertung in konzerneigenen Taschenbuchverlagen erworben werden. Und die Film- und Fernsehrechte könnten genauso im Hause bleiben wie die Publikation auf CD-ROM und im Internet. Vorabdrucke wären für konzerneigene Zeitschriften und Zeitungen reserviert. Die Massenauflage kann man über die zahlreichen eigenen Buchklubs sicherstellen. Und selbst den Sortimentsbuchhandel könnte man über den Internet-Bookshop ausschalten.

Ein solches Gebilde muss pausenlos Neues produzieren - und entsprechend verkürzt sich der Lebenszyklus der einzelnen Produkte. Die gegen 100000 neuen Buchtitel, die allein in deutscher Sprache Jahr für Jahr erscheinen, verstopfen jetzt schon die herkömmlichen Vertriebskanäle. Im Sortimentsbuchhandel rechnet man bereits mit einer Überlebensdauer neuer Titel von zwei bis drei Wochen; wenn in dieser Zeit der Verkauf nicht läuft, ist das «shelf life» des Buches auch schon vorbei. Die unverkauften Exemplare gehen zurück an den Verlag (was sich die kleinen und mittleren Verlage gefallen lassen müssen), und der überantwortet die Restbestände an sogenannte neuantiquarische Verleger. Diese, wie zum Beispiel die Firma Schibli-Doppler in Birsfelden, stellen aus den Restposten ihre Sortimente für die Wühltische in den Buchhandlungen zusammen, die zum Discountpreis verkauft werden. Und was dann noch unverkäuflich bleibt, ist zum Altpapierpreis zu haben.

Entsprechend verändert sich auch das Gesicht des Buchhandels. Der moderne Buchladen ist entweder ein Selbstbedienungsgeschäft, in dem die Verkäufer im wesentlichen noch die Regale auffüllen, oder er ist gleich eine Warenhausabteilung, oder - wie es neuerdings Jäggi in Basel praktiziert - eine Buchhandlung im Möbelgeschäft (bei Möbel Pfister). Oder gar: Der Buchladen ist virtuell, man kauft im Internet. Und die moderne Leserschaft, wenn sie denn noch etwas anderes als digital verarbeitete Zeichen wahrzunehmen vermag, huldigt in ihrer grossen Mehrheit der Wegwerfmentalität. Bücher haben billig zu sein, zu unterhalten oder leichtfüssig zu belehren - und dann weg damit! Dabei sei das Buch eine ganz besondere und eigentlich gar keine Ware, so hiess es während vieler Generationen. Das Buch ist in dieser Vorstellung Träger der westlichen, wenn nicht überhaupt der menschlichen Kultur und Zivilisation. Im Buch verarbeitet die Menschheit ihre höchsten und ihre niedrigsten Anwandlungen - von der Bibel bis zu «Mein Kampf». Das Buch bietet Unterhaltung, Lebenshilfe, Denkanstösse, es verführt beim Lesen zum Verfertigen von Bildern im eigenen Kopf.

In der Literatur wird vorgedacht, was in 20 Jahren - oder in 100 oder gar nie - Common sense sein wird. Und deshalb, so die gängige Meinung, müsse das Buch, das «gute» zumal, geschützt werden vor dem rauhen Wind des Marktes. Bücher von Vordenkern sind zwar dringend nötig, sie lassen sich aber kaum rentabel vermarkten. Damit sie dennoch zu den Lesern finden, muss in dieser Logik das Geschäft mit dem Buch zur geschützten Werkstatt werden. Dazu helfen Subventionen aller Art - von ermässigten Mehrwertsteuersätzen und Posttarifen bis zu Produktionszuschüssen für besonders förderungswürdige Buchprojekte und Stipendien für begabte Autoren - und eine dem Markt entzogene Preispolitik. Die Preise im Buchhandel, zumindest im deutschsprachigen Raum, sind noch gebunden und sichern so der ganzen Produktions- und Vertriebskette ihre Margen.

Damit ist es in zunehmendem Masse vorbei. Die Preisbindung im Buchhandel ist in vielen Ländern schon gefallen, und sie wird es auch im deutschsprachigen Raum tun. Subventionsartige Hilfen auf der Produktionsseite lassen sich um so weniger rechtfertigen, je grösser der Anteil multinationaler Konzerne am Buchgeschäft wird. Denn Subventionen nach dem Giesskannenprinzip, wie es ermässigte Steuersätze und Posttarife sind, nützen zwar den feinen Nischenproduzenten - noch viel mehr nützen sie freilich den grossen und nicht immer so feinen Massenproduzenten. Die aber hätten die Hilfe eigentlich gar nicht nötig. Und so führen die Preisbindung und die Subventioniererei zwar dazu, dass sich ein paar Dutzend Nischenproduzenten im Markt halten können - aber auch, dass die Grossen Zusatzgewinne einfahren können, die wiederum den Konzentrationsprozess in der Branche beschleunigen.

Um so erstaunlicher ist die immer noch festzustellende Vielfalt an Buchverlagen. Selbst wenn Daniel Keels Schätzung stimmen sollte, wonach 80 Prozent der deutschsprachigen Verlage von Bertelsmann oder Holtzbrinck kontrolliert würden, bleibt die Tatsache bestehen, dass die Frankfurter Buchmesse von Jahr zu Jahr grössere Probleme hat, die zahllosen Verlage in ihren Messehallen unterzubringen. Und das bedeutet: Den restlichen Kuchen von 20 Prozent teilen sich Tausende von Klein- und Kleinstverlagen. Es gibt sie also doch noch, diese besessenen Verleger, die bereit sind, am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds gute, schöne und wertvolle Bücher herauszugeben. Bleiben sie erfolglos, dann machen sie eben anderen Besessenen Platz. Und haben sie Erfolg, dann stossen sie früher oder später an jene Grenze, hinter der wiederum Bertelsmann und Holtzbrinck lauern - auf steter Suche nach neuen Stoffen.

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