Kaufen Sie sich doch einen mastigen SUV. Oder fliegen Sie bald wieder mal nach Australien, gerne auch in der Ersten Klasse. Und tun Sie sich ja keinen Zwang an: Wein aus Chile, Mineralwasser aus Norwegen, Salz aus dem Himalaya? No Problem. Verglichen mit Bitcoin-Investoren müssen Sie sich da nicht weiter schämen.
An diesem Wochenende kletterte der Bitcoin wieder mal über den Wert von 40'000 Dollar. Bis zum heutigen Tag wurden rund 600 Millionen Transaktionen mit der Kunstwährung durchgeführt. Doch das scheint weder für die Klimajugend noch für andere grüne Bewegungen und Parteien ein Thema zu sein.
Sie setzen zwar Notenbanken und private Finanzinstitute mehr und mehr unter Druck, Kapital aus den alten CO2-Industrien abzuziehen; doch daneben entwickeln Männer mit Guerilla-Attitüde (Frauen sind fast nie dabei) eine neue Treibhausgas-Grossindustrie: die Kryptowährungen. Diese wiederum sollen eine Alternative zur Geldstruktur der Zentralbanken darstellen, welche als nicht nachhaltig betrachtet wird.
«Stranded Assets» der Klimazukunft
Doch wo warten die wahren «Stranded Assets» der Klimazukunft? Ein Rechner der Universität Cambridge kalkuliert stetig, wie gross der Stromverbrauch für das «Mining» und die Transaktionen des Bitcoin ist. Der Stand heute, Anfang Februar 2021: knapp 117 Terrawattstunden pro Jahr.
Das entspricht dem addierten Verbrauch von Österreich und der Schweiz, aber der Vergleich hinkt: Die Energie für das Kryptowährungs-Geschäft wird nicht etwa aus reinen Stauseen gewonnen. Vielmehr speist sich das Business zur Hälfte aus China – und da wiederum stark aus Regionen wie der Inneren Mongolei und Xinjiang. Dort machen die Kohlekraftwerke speziell günstigen Strom. Wichtig sind ferner Staaten wie Kanada, Russland und der Iran: Auch das sind Weltgegenden, wo die fossilen Brennstoffe besonders billig ist.
«Mit einer Bitcoin-Transaktion wechseln immer auch etwa 135 Gramm Elektroschrott die Hand.»
Geographen der Universität Hawaii berechneten 2018, dass alleine der Bitcoin – ohne all die anderen Kunst-Münzen – schuld daran ist, dass pro Jahr 69 Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen werden. Der britische Physiker Mike Berners-Lee kommt auf ähnliche Werte: Er veranschlagt den jährlichen Treibhausgas-Ausstoss aller Kryptowährungen auf 68 Millionen Tonnen. Allerdings ist die Datenlage unklar – ein anderer Experte, der Niederländer Alex de Vries, berechnet den CO2-Schaden des Bitcoin «nur» mit 37 Millionen Tonnen.
Dass eine virtuelle «Währung» dermassen viel Umweltschmutz produziert, hat drei Gründe: Erstens entstehen Krypto-Währungen durch komplizierte Rechenrätsel, die bloss mit gigantischer Computer-Rechenleistung gelöst werden können; man nennt das «Mining» beziehungsweise «schürfen». Zur Lösung solcher Aufgaben ist inzwischen eine ganze Industrie entstanden, die sich in eigenen «Mining-Computer-Farmen» an die Kunstgeld-Produktion macht.
Diese Farmen wiederum beanspruchen gewaltige Energiemengen – es geht so weit, dass sie etwa im Iran regelmässig grossflächige Stromausfälle verursachen.
Zweites Problem: Auch die Transaktionen mit diesen «Coins» in der so genannten Blockchain sind energieintensiv, denn dafür müssen wiederum Monster-Kniffeleien gerechnet werden: Eine Krypto-Überweisung ist etwas anderes als die Zahlung per Kreditkarte. Laut Alex de Vries verbraucht jede Bitcoin-Transaktion momentan 313 Kilo CO2. Dafür könnten Sie 695'000mal mit Ihrer Visakarte bezahlen. Oder 52'000 Stunden lang Youtube-Filmchen schauen.
Der dritte Punkt: Die «Mining»-Industrie verlangt inzwischen eigene Spezialcomputer, was wiederum eigenen Elektro-Abfall schafft; und dabei müssen diese Geräte mit hohem Tempo erneuert werden: Etwa nach 18 Monaten muss so eine Schaltungs-Konstruktion ausgetauscht werden. Und so gibt es auch hier erste Verschwendungs-Rechnungen: Der jährliche Hardware-Bedarf der Bitcoin-Industrie entspricht in etwa jenem von Luxemburg. Oder anders kalkuliert: Mit einer Bitcoin-Transaktion wechseln immer auch etwa 135 Gramm Elektroschrott die Hand.
Was wollen Sie: ESG oder Bitcoin?
Betrachtet man es also aus Investment-Sicht, so tut sich also eine interessante Zweiteilung auf: Die neue, vermeintlich zeitgemässe Anlageklasse der Kryptowährungen steht in direktem Gegensatz zu einem anderen, ebenso zeitgemässen Boom-Bereich, nämlich den ESG-Anlagen. Also der Idee, dass Investments in umweltfreundliche, soziale und anständige Unternehmen oder Organisationen nicht nur besser fürs Gewissen sind, sondern langfristig auch rentabler.
«Wer einem Portfolio Kryptowährungen hinzufügt, macht es etwas weniger grün»: So hat Gerald Moser, Chief Market Strategist der Barclays Private Bank, den Sachverhalt unlängst zusammengefasst: «adding cryptocurrencies to a portfolio will make it less green.»
- Mike Berners-Lee: «Wie schlimm sind Bananen? Der CO2-Abdruck von allem», Midas-Verlag 2020.
- «Bitcoin Is an Incredibly Dirty Business», in: «Bloomberg Opinion».
- «Bitcoin poses major electronic-waste problem», in: «Chemical & Engineering News».
- «Report indicates Chinese Bitcoin miners migrate to Nordic Regions», in: «ScandAsia».
- «One Bitcoin Transaction Consumes As Much Energy As Your House Uses in a Week», in: «Motherboard: Tech by Vice».
(rap)
10 Kommentare
Hmmm
Zur Ökobillanz:
Öl wird fast in jedem 2. Produkt verwendet. Nicht nur für das Auto. Fracking, Ölplattformen, Tankerunfälle usw. fügen den Rest hinzu.
Also keine Produkte die Öl enthalten kaufen. Viel Spass beim Ausmisten von Bade- und Kinderzimmer usw.. Die
Goldproduktion ist auch absolut sauber
und hinterlässt keine giftigen Rückstände im Boden. Alles Gold verbannen.
Dagegen ist Bitcoinmining ein klacks.
Wird dieser Strom extra für Bitcoin hergestellt oder ist es auch Strom, der nicht benötigt wird? Z.B Nachts oder so.
Dieser Artikel hinkt überall, ist schlecht recherchiert und gehört so sicher nicht in eine Handelszeitug.
Sehr kurzsichtige und oberflächliche Betrachtung, die zudem von einem begrenzten Verständnis von Bitcoin.
Auf die Schnelle ein paar Gedanken dazu:
- Die für Bitcoin aufgewendete Energie wird bereits heute zum grössten Teil aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen. Das scheint dem Autoren entgangen zu sein.
- Bitcoin-Mining ist nur wirtschaftlich, wenn mit günstigsten Energiekosten produziert werden kann. Fossile Energiequellen sind heute teilweise und zukünftig gar nicht mehr konkurrenzfähig.
- Mittels Bitcoin-Mining werden zukünftig abgelegene Regionen (z.B. an einem riesigen Wasserfall in Zentralafrika) energiemässig erschlossen werden können (weil es sich nun erst lohnt) und diese Regionen so für die menschliche Zivilisation erschlossen werden können. Für Bitcoin-Mining ist neben Energie nur eine Satellitenverbindung nötig.
- Retail-Transaktionen werden zukünftig auf Layer 2-Technologien abgewickelt, was die einzelne Transaktion energetisch günstiger macht als eine Visa-Transaktion
- Die wahre Umweltsau ist das schuldenfinanzierte Fiat-Geldsystem, das den masslosen Konsum fördert (da Geld immer weniger Wert hat und es deshalb keinen Sinn macht, zu sparen), Kriege finanziert (das US Militär ist der weltweit grösste Energieverbraucher überhaupt; ohne Fiat-Geld gar nicht möglich), usw.
Noch ein paar Gedanken:
- Meines Wissens sollte in unserem Westlichen System ein Staat die Vertretung für das wohlergehen des Volkes sein. Fühlt sich also eine Gesellschaft hintergangen, führt es zwangsläufig zu einer Widerstandsbewegung.
- Die Welt wird in Zukunft mehr auf gemeinsame Nenner aufbauen müssen, sonst sind wir zum Scheitern verurteilt. Ich wage es zu behaupten, dass der Durchschnitt der Weltbevölkerung, egal auf welchen Kontinent wir uns beziehen, damit einverstanden wäre sich einem Fairen System anzuschliessen. In der Demokratie würde man sagen, dass die Idee Mehrheitsfähig ist und eine annehmende Stimmung herrscht.
- Ein System, also Idealerweise eine gesunde Widerspiegelung einer Gesellschaft, hat es letztendlich selbst in der Hand, welchen Taten oder Ressourcen sie einen Wert zuschreiben. Kurz gesagt, könnte ein Mensch der den Müll der ans Meeresufer herbeigeschwemmt wird sammelt, um ihn der Umwelt zuliebe rechtmässig zu entsorgen, wenn wir es den so bewerten, mehr verdienen als viele andere Jobs die es heut zu Tage so gibt.
Die Ideologie eines Gedankens ist nur so Stark wie dessen Annahme in der Gesellschaft
Beste Grüsse, Biotac
Ps: Schade wurde meine Stellungnahme bei cash.ch nach 10min gelöscht/zensiert, wurde wahrscheinlich zu viel Wahrheit ausgesprochen oder anders gesagt es wurde ein Nerv getroffen. Soviel zur freien Meinungsäusserung.
Kurz gesagt die Energie die der Bitcoin benötigt wird in Sicherheit umgewandelt. Rechtfertigt dies die Energieumwandlung von Bitcoin? Dies muss jeder für sich selbst entscheiden wofür er einstehen möchte. Fakt ist, dass seitdem der Mensch auf der Suche ist nach einem Tauschmittel das Werte abbildet, es letztendlich immer dazu geführt hat, dass Mächte versucht haben sich daran zu bereichern, indem sie es Inflationiert respektive entwertet haben.
Wie schwer soll man also dem Argument Gewichtung schenken, dass eine Monetäre Abbildung sicher und nicht manipulierbar ist? Gehen wir davon aus, dass die Monetäre Abbildung die Basis ist für einen gesunden Markt und der einzige Weg Werte abzubilden damit ein gesundes Verbrauchen und Investieren herrschen kann, ist es meiner Ansicht nach mutig zu behaupten, dass Bitcoin eine Verschwendung ist. Besonders wenn man in Betracht zieht, dass ein Faires System das gesunde Gedeihen einer Gesellschaft widerspiegelt.
Elon Musk, ein Visionär vielleicht kann man ihn auch als Genie betiteln, (Ja Genie und Wahnsinn sind oft nahe bei einander) hat in Bitcoin Investiert. Ob er wohl Bitcoin verstanden hat?
Letzter Teil im letzten Kommentar...