«AM SONNTAG KOCHE ICH DEN GANEN TAG»
Andi Stutz
, 54, Enfant terrible der Seidenszene und Gastronom, ist solide Hausmannskost wichtiger als als die Grösse einer Küche.

Ich komme aus einfachen Verhältnissen. Mein Vater war ein einfacher Büezer. Trotzdem gab es immer gut zu essen. Meine Mutter hatte einen grossen Garten, und Fleisch gab es von den benachbarten Bauern, wenn die ein Tier schlachteten. Ich wuchs sozusagen mit biologischer Frischkost auf. Brot wurde selber geba-cken. Alles war immer gut und frisch. Ich werde auch nie vergessen, dass mir meine Mutter jeweils am Morgen des 22. Juni, meinem Geburtstag, die ersten frischen Erdbeeren aus dem Garten ans Bett brachte. Und heute! Gibts bereits im Februar die grössten roten Erdbeeren zu kaufen! Ein Wahnsinn, da wird mir übel.

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Ich bin sicher geprägt von der Küche meiner Jugend. Das Essen war immer gut und nicht so synthetisch wie heute oft gekocht wird. Diesen natürlichen Geschmack gebe ich auch in meinem Restaurant weiter. Der «Seidenspinner» bringt frische Produkte, wenn möglich aus kontrolliertem Anbau in die Pfanne. Und genau wie unser Lokal ist die Karte klein und fein. Jedes unserer Gerichte wird frisch zubereitet aus der Küche auf den Tisch gebracht.

Da ich gleich oberhalb des «Seidenspinners» wohne, esse ich oft im Restaurant mit. Wozu soll ich in meiner Küche kochen. Hier unten kochen sie eh, was ich gerne habe. Die Küche im «Seidenspinner» ist, das muss man wissen, klein. Aber Küchen sind immer zu klein. Immer. Nicht so als ich ein Bub war. In den Bauernhäusern waren die Küchen noch gross. Unsere Familie ass auch immer in der Küche, ausser wenn Besuch kam. Dann mussten wir alle ins Wohnzimmer. Zu einem guten Gastgeber gehört, dass er immer genug Essen auf den Tisch stellt. Finde ich zumindest. Bei uns zu Hause gab es immer so viel, dass ich alle meine Kollegen und Kameraden zum Essen mitbringen konnte.

Sonntag ist mein heiliger Tag. Da koche ich den ganzen Tag. Alle zwei Stunden bereite ich wieder etwas vor. Ich liebe Braten, Schweinskoteletten, Bratkartoffeln, Rahmspinat, einfach alles, was einfach und gut ist. Für andere zu kochen, macht mir eigentlich Spass, trotzdem habe ich auch gelernt, für mich allein den Kochlöffel zu schwingen. Meistens kann ich jedoch nicht einen Fünftel von dem essen, was ich alles eingekauft habe. Ein guter Ofen ist ein zentrales Element einer guten Küche. Und Gas. Ich habe mir extra eine Gasleitung in den fünften Stock ziehen lassen, denn mit Gas kocht es sich einfach am besten. Wichtig ist mir auch, mit Dampf arbeiten zu können. Gemüse gelingt dann immer wunderbar.

Eine Küche muss nicht zwingend gross sein und sie muss auch nicht sieben Kochstellen haben. Ich finde man sollte hintereinander kochen und nicht nebeneinander. Einen Gang nach dem anderen. Ansonsten vermischen sich doch die Geschmäcker viel zu stark. Obschon ich selber eine offene Küche habe, ist das nicht immer ideal. Vor allem, wenn man so kocht, wie ich es gerne tue. Ich finde, man sollte die Gelegenheit haben, aus dem Fenster zu schauen. Ist doch viel schöner, als wenn man in die eigene Wohnung schauen muss. Beim Kochen kann ich nicht reden. Ich kann schon, aber dann brennt mir sicher alles an.

Kochen beginnt beim Einkaufen. Wenn ich auf den Markt gehe, kommen mir die Ideen. Ich bekomme auch jedes-mal Hunger, wenn ich das knackige und bunte Gemüse sehe. Nicht dass mir alles schmeckt, aber es regt meinen Appetit und meine Kauflust unheimlich an. Ich liebe zwar schwere Weine aus dem Süden Italiens, aber mein Herz schlägt schneller für einen guten Bordeaux. Meine Einstellung zu Wein ist jedoch ganz einfach und ähnlich wie die zu Mineralwasser: Ich versuche jeweils, die heimischen Produkte zu geniessen.

Und noch ein Tipp: Willst du wissen, wie die Qualität eines Restaurants ist, muss du nur einen Blick in die Küche werfen. Was man sieht, deckt sich meis- tens mit dem, was man auf der Toilette sieht. Man sieht sofort, ob die Räume sauber sind. Würden Gäste darauf achten, gäbe es eine richtige Umverteilung.

Andi Stutz
«Seidenkönig» Andi Stutz betreibt neben seinem Seidengeschäft Fabric Frontline das Restaurant Seidenspinner und wohnt auch im selben Häuserkomplex. Restaurant Seidenspinner, Ankerstrasse 120, 8004 Zürich, Tel. 01 241 07 00, www.seidenspinner.ch

Fabric Frontline, Seidensalon, Ankerstrasse 118, 8004 Zürich,
Tel. 01 241 64 55, www.fabricfrontline.ch

«SCHWEIZER WOHNUNGEN SIND ZU MINIMALISTISCH AUSGERÜSTET»
Carmen Greutmann
, 47, Mitinhaberin des Design-Studios Greutmann Bolzern, hat die besten Ideen beim Kochen und schaut dazu am liebsten Nachrichten.

Nach der Arbeit gehen mein Mann Urs und ich meistens nach Hause kochen. Dabei beschäftigen wir uns jedoch nicht nur mit dem Rüsten der Nahrungsmittel, sondern primär mit dem Daily Business. Wir lassen dabei richtig Dampf ab, wie ein Dampfkochtopf. Probleme aus dem Geschäft kommen auf den Tisch und werden «auseinander gebeinelt», bis sie nicht weiter störend sind. In der Küche können wir nach einem hektischen Tag abschalten, als ob wir den Server langsam runterfahren würden. Es erstaunt mich immer wieder, wie beruhigend und meditativ das Schneiden von Karotten sein kann. Nach einer Weile kommen jeweils unsere beiden hungrigen Kinder Dominique und Nicolas dazu, und die Küche wird schnell zum Zentrum des Hauses. Sind wir einmal nicht zu Hause, kochen sich die Kinder etwas Tiefgekühltes oder wärmen sich etwas Vorgekochtes auf. Sind wir da, wird immer frische Ware zubereitet.

Obschon die Küche relativ geräumig ist, essen wir im Esszimmer nebenan. Das finde ich eigentlich schade, weil wir den belebten Raum plötzlich verlassen müssen. Bei der Neukonzeption von Küchen würde ich darauf achten, dass der Essbereich direkt integriert wird. In der Küche müsste Platz für einen langen Esstisch sein. Man geht ja heute auch nicht mehr vom Esstisch zum Sofa Fernsehen schauen. Denn die Kinder haben einen Fernseher oder Computer in ihrem Zimmer, oder die einzelnen Wohnbereiche sind viel mehr miteinander verwoben.

Dass die Küche das Paradies der Hausfrau ist, ist genau so antiquiert wie der Umstand, dass man seinen Gästen das «Puff» während des Kochens vorenthalten will. Gäste fühlen sich ohnehin meis- tens in der Küche am wohlsten. Im Idealfall gehört in die Küche auch ein grosses Cheminée, wie man es aus Italien kennt. Das gibt eine unvergesslich gemütliche und wohlige Stimmung. Doch das sind Träume, die Meilen weit entfernt vom Schweizer Küchenalltag sind. Die meisten Mietwohnungen sind erstaunlich minimalistisch ausgerüstet. Ein Waschtrog, vier Herdplatten, ein Kochherd, ein mittelmässiger Kühlschrank und ein paar Kästchen. Unglaublich, wenn man bedenkt, wie zentral die Küche in jedem Haus sein könnte. Ich brauche zum Beispiel zwei Backöfen. In einem brutzelt jeweils das Fleisch, während in den anderen die Gemüse kommen. Wenn möglich würde ich Gasanschlüsse einbauen, denn es kocht sich mit Gas einfacher. Nicht gut ist auch, dass man in den meisten Küchen beim Kochen an die Wand schauen muss. Ein Kochherd gehört in die Mitte, damit man zusammen reden, diskutieren und anstossen kann. Müsste ich eine Küche entwerfen, würde ich darauf achten, alle Aktivitäten in die Mitte des Raums zu legen. An die Wand käme das Lager aller Hilfsmittel. Führend in modernen Küchenideen ist Bulthaup. Diese Firma hat als Erste eine eigentliche Werkbank für die Küche entwickelt.

In unserem Geschäft arbeiten wir zur-zeit an diversen Industrie- und Möbelprodukten für Lista, Belux, SBB und Siemens. Wenn wir ein neues Projekt angehen, verfolgen wir meistens dieselbe Strategie. Zuerst wird sehr analytisch recherchiert und dann innovativ gehandelt. Heute wird etwa die Zahl der Pulte nicht mehr nach der Zahl der Köpfe berechnet. Am Anfang der Planung steht, etwas überspitzt gesagt, die Frage: Wie viele Leute können mit möglichst wenig Arbeitsplätzen möglichst gut zurechtkommen? Die Antwort ist ein gestalterisch durchkomponiertes System von modular kombinierbaren Teilen. Das Büro hat sich sozusagen in seine Bestandteile aufgelöst und muss nun wieder sinnvoll zusammengefügt werden. Alles muss optimal genutzt werden können. Ablagen etwa dienen neben ihren eigentlichen Zwecken auch der Einteilung und Gestaltung des Raumes – in Grossraumbüros häufig ein ungelöstes Problem.

Apropos Problem. Damit wir nicht immer die Nachrichten verpassen, steht bei uns jetzt in der Küche ein Fernseher. Das kann ich nur weiterempfehlen.

Carmen Greutmann
Die Innenarchitektin Carmen Greutmann Bolzern gründete zusammen mit ihrem Mann, dem Industrie-Designer Urs Greutmann, 1984 die Design-Firma Greutmann Bolzern AG für Gestaltung. Zu ihren Produkten im Bürobereich gehören die Büromöbelsysteme D3 (für Denz) und Reflect und QUB (Listag). Für die Leuchtenfabrik Belux haben sie die Tischleuchte Edison und das Leuchtsystem FLAT gestaltet, für Dietiker das Stuhlprogramm Oneman and Twomen.

«IDEEN KOMMEN AUCH BEI EINEM GLAS WEIN»
Ulrich Kohli
, Rechtsanwalt aus Zürich und unter dem Pseudonym James Douglas Thrillerautor, richtet sich in der Chesa Futura in St. Moritz eine Bulthaup-Küche ein.

Die Küche ist der Herd aller Emotionen. Für mich hat sie auch die Funktion einer Kommandobrücke. Auf ihr wird gesteuert, manövriert, ein Plot geschmiedet. In unserem Haus in Meilen am Zürichsee überblickt die Küche das Quartier, der Blick schweift über den See zu den Bergen. Meine Frau Verena hat mir meine bescheidenen Kochkünste beigebracht. Bin ich allein, brate ich am liebsten ein US-Steak oder ein Swiss-Prime-Beef-Filet auf dem Grill, dünste Gemüse und trinke Cabernet Sauvignon dazu.

Die Küche in der durch den britischen Stararchitekten Norman Foster entworfenen Chesa Futura in St. Moritz erinnert an das Cockpit eines Raumschiffs: Hightech, cool, abgehoben, entsprechend gewaltig ist der Blick durch die Fensterluken über «Top of the World». Dass die Promotoren und die Behörden von St. Moritz die spektakuläre Chesa Futura verwirklichen halfen, spricht für die Offenheit und den Innovationsgeist der Engadiner Metropole. Kühne Ideen sind der Nährboden für Fortschritt und Wohlstand.

Für den Thrillerautor sind Ideen und Fantasie ein untrennbares Gespann. Man sagt, das Leben schreibe die besten Geschichten. Deshalb recherchiere ich gründlich, beobachte wachsam, lese viel, höre zu, gehe oft ins Kino. So entstand beispielsweise mein letzter Roman «Atemlos nach Casablanca», der die Ereignisse des 11. September ankündigte, schon 1999, als ich über Al-Qaida recherchierte und fand, der saudische Terrorboss gäbe einen guten Antagonisten ab. In meiner Story, die im Herbst 2000 herauskam, greift er zwei Gebäude in Manhattan an, um den USA die Demütigung «eines zweiten Pearl Harbor» zu bescheren.

Oft werde ich gefragt, warum ich unter einem Pseudonym schreibe. Der Name James Douglas gibt mir Distanz zur bürgerlichen Welt und eine Art Narrenfreiheit. Das macht das Schreiben sehr spannend und auch einfacher. Als ich meinen Namen kreierte, spielte die Figur des James Bond eine zentrale Rolle. Mir gefällt seine Leichtigkeit, wie er aus gefährlichen Situationen immer wieder ausbricht. Gute Unterhaltung ist ein wichtiger Aspekt der Literatur. Mit Vergnügen hecke ich gefährliche Szenen aus und versuche, den Spannungsbogen über Hunderte von Seiten aufrechtzuhalten, um die Leser in Bann zu schlagen und stets von neuem zu überraschen. Das ist das Geheimnis des Thrillers. Meine Fans geben mir Ansporn, weiter zu machen, indem sie mich immer wieder fragen, wann der nächste Knüller rauskommt.
In meinen Romanen weiss man oft nicht, wo die Realität aufhört und die Fiktion beginnt. Wenn mich jemand fragt, woher ich all diese Informationen habe, sage ich: Aus Teufels Küche! Ich lege ein wissenschaftliches, innovatives Thema der dramatischen Handlung zu Grunde. Das macht die Story auch informativ. Technik und Wissenschaft haben mich schon immer interessiert. Der Rest ist «trick of the trade», mein Geheimnis.

Oft schreibe ich in Manhattan. Da gehe ich morgens zunächst eine Stunde joggen, lese dann die Zeitungen, schaue fern und fange anschliessend bis etwa ein Uhr an zu schreiben. Nach einer kurzen Pause gehts weiter. Notgedrungen schreibe ich auch in der Nacht, weil mein Anwaltsberuf mich tagsüber in Anspruch nimmt oder auch, weil dann gerade die Einfälle purzeln. Ideen kommen mir oft nach paar Schlucken guten Weins, der das hemmende Brave löst und kühnen Szenen Raum schafft. Habe ich eine neue Idee für ein Buch, rede ich mit niemandem darüber. Diesen Geheimtipp habe ich von Mario Puzo.

Ich höre immer wieder den Vorwurf, ich sei zu wenig ernsthaft. Doch als Autor darf man sich ja nicht zu ernsthaft gebärden. Die Leser wollen eine schillernde Figur, einen «Mistery Man» hinter einem Plot vermuten. Als James Douglas kann man mit mir über alles, nur nicht über Ernsthaftes reden! Der Alltag ist ernst genug. Vor allem der eines Anwalts.

Ulrich Kohli alias James Douglas
Der Wirtschaftsanwalt Ulrich Kohli lebt in Meilen ZH und New York City. Er besitzt zudem eine Wohnung in der Chesa Futura in St. Moritz. Als James Douglas schreibt er Thriller; bisher veröffentlichte er fünf Bücher, darunter «Brennpunkt Philadelphia» (Ullstein), «Goldauge» (Langen Müller) und «Atemlos nach Casablanca» (Edition Bernburg).
www.james-douglas.com