Der Handelszwist zwischen den USA und China, die verfahrene Situation an der Zinsfront und der schwindende Konjunkturoptimismus verunsichern die Anleger. Das zeigt sich am heftigen Auf und Ab der Börsenkurse. Besonders die Titel von Unternehmen mit zyklischem Geschäftsgang sind starken Ausschlägen unterworfen, im Gegensatz zu weniger konjunktursensitiven Aktien. Dieser Trend wird sich noch verstärken. Ich setze deshalb zunehmend auf defensive Schwergewichte, die auch in wirtschaftlich härteren Zeiten konstante Erträge liefern, wie Novartis, Roche, Nestlé oder Swisscom. Das ist zwar eine wenig aufregende, dafür nervenschonende Strategie.
Zu den beliebtesten defensiven Aktien zählen jene der Versicherer. Da winken nicht nur ein stetiger Einkommensfluss, sondern auch hohe Dividendenrenditen. Swiss Re etwa bieten 5,6 Prozent. CEO Christian Mumenthaler (50) zeigt sich mit dem Geschäftsverlauf zufrieden. Doch die Restrukturierung des defizitären Bereichs Industrieversicherung verschlingt enorme Summen. Nicht gut angekommen bei den Anlegern ist auch der gestoppte Börsengang der britischen Sparte ReAssure. Der Rückversicherer wartet unter den drei Grossen denn auch mit der schlechtesten Kursperformance auf: 11 Prozent seit Anfang Jahr, 23 Prozent über drei Jahre. Die Papiere werden noch längere Zeit Schlusslicht bleiben.
Die beste Performance weisen die Valoren von Swiss Life auf: 25 Prozent seit Anfang 2019, 97 Prozent seit August 2016. Konzernchef Patrick Frost (51) legte fürs erste Semester ansprechende Zahlen vor. Auch mittelfristig ist dem Lebensversicherer ein solides Wachstum zu bescheinigen. Einziger Wermutstropfen ist die vergleichsweise magere Dividendenrendite von 3,5 Prozent.
Gute versichert
Am besten unter den Versicherern gefallen mir Zurich Insurance. Der Erstversicherer und Finanzdienstleister hat jüngst das beste Halbjahresergebnis seit zehn Jahren vorgelegt. Beeindruckend ist die Entwicklung der Rentabilität: Den 3,4 Prozent höheren Einnahmen stehen Verbesserungen beim Betriebs- und Reingewinn von 16 respektive 14 Prozent gegenüber. CEO Mario Greco (60) stellt weitere Fortschritte in Aussicht.
Der oberste Zurich-Versicherer jedenfalls zeigt sich mit dem Erreichten höchst zufrieden: «Basierend auf unseren Erfolgen, können wir zuversichtlich und optimistisch in die Zukunft blicken.» Was diese bringt, wird sich im November am Investor Day in London weisen: Dann legt Greco den Plan für die nächsten drei Jahre vor. Analysten bescheinigen dem Konzern ein weiterhin ertragsstarkes Wachstum, das jährliche Dividendenerhöhungen zulässt. Bei einem für 2020 geschätzten KGV von 12 bieten die Aktien eine saftige Dividendenrendite von 5,4 Prozent.
Rendite mit Duft
Einer der attraktivsten Defensivwerte unter den Industrieaktien ist Givaudan. Grossinvestoren legen sich gerne die Titel des Aromenund Duftstoffherstellers ins Depot. Grösster Aktionär ist jedoch eine Einzelperson: Microsoft-Mitgründer Bill Gates (63) hält ein erkleckliches Paket von 13,9 Prozent, Börsenwert: 3,3 Milliarden Franken. Der Aktienkurs zeigte jahrelang nach oben. Doch seit gut zwei Monaten stehen die Valoren unter Druck und haben seither neun Prozent an Wert eingebüsst. Enttäuscht hat der Halbjahresausweis; zwar stieg der Umsatz dank Übernahmen um 16 Prozent, organisch verblieben beachtliche 6,3 Prozent. Allerdings vermochten die Erträge mit diesem Tempo nicht mitzuhalten, die Ebitda-Marge sank von 22,5 auf 21,3 Prozent.
Für die Margenverwässerung verantwortlich sind einmal die höheren Rohstoffpreise. Diese können, so CEO Gilles Andrier (58), erst mit einer Verzögerung von einigen Monaten auf die Kunden überwälzt werden. Zudem drücken die diversen Übernahmen auf die Profitabilität: Es dauert eine Weile, bis die Akquisitionen ertragsmässig auf Kurs gebracht sind. Das jahrelange Wachstum des Marktführers wird sich fortsetzen. Dabei dürfte der Ertrag überproportional zunehmen. Die UBS prognostiziert für die nächsten fünf Jahre einen durchschnittlichen Umsatzzuwachs von 5,3 Prozent, während Ebit und Gewinn um 10 bis 11 Prozent steigen dürften.
Das spricht für die Aktien. Mit einem für 2020 geschätzten KGV von 26,8 sind diese zwar satt bewertet. Allerdings ist das bei Givaudan nichts Ungewöhnliches, Qualität hat eben ihren Preis. Einzig bei der Dividendenrendite von 2,3 Prozent bewegen sich die Genfer im Mittelfeld.
Blasser Glanz
Wie steht es mit Gold als Absicherung gegen Krisen und Konjunkturabkühlung? Seit Anfang Jahr hat das Edelmetall rund 17 Prozent an Wert gewonnen. Mancher Goldjünger ist überzeugt, dass sich die Hausse fortsetzt. «Die langfristigen Aussichten von Gold sind höher, höher, höher», meint Mark Mobius (83), einstiger Chefinvestor der Templeton Emerging Markets Funds, im Bloomberg TV.
Dennoch halte ich von Gold als Anlagemedium nichts. Klar, risikoscheue Investoren können ihr Depot ruhig mit fünf bis zehn Prozent vergolden. Ich jedoch lasse das Metall links liegen. Wer Gold kauft, hofft auf Rezession, Inflation, politische Krisen. Die Kurse von Aktien dagegen werden von Erwartungen auf künftige Erträge getrieben. Das ist kein Blindflug, die Zukunft lässt sich speziell bei Blue Chips relativ gut abschätzen.
Schicken wir einfach Gold gegen Aktien ins Rennen. Über die letzten drei Jahre hat eine Unze gerade mal 13 Prozent gewonnen – trotz der jüngsten Hausse. Der Aktienindex SMI legte über dieselbe Periode 20 Prozent zu. Dabei nicht berücksichtigt ist ein gerade auf lange Sicht wichtiger Punkt: Unternehmen zahlen Dividenden, bei Gold erhält der Investor nichts. Der Aktienindex SPI, der Dividenden berücksichtigt, gewann in derselben Periode 35 Prozent, also beinahe dreimal so viel wie Gold. Noch klarer fällt das Rennen über zehn Jahre aus: Da rauschen die Aktien mit 124 Prozent Gewinn durchs Ziel, Gold folgt abgeschlagen mit 57 Prozent. Kurzfristig mag Gold eine reizvolle Spekulation sein, langfristig ist man mit Aktien besser beraten.
*Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch