Zahlen lügen nicht, manchmal sagen sie aber nur die halbe Wahrheit. Das gilt auch für die amtlichen Zahlen zu den öffentlichen Defiziten und den Staatsschulden, welche die Länder Südeuropas als die grössten Sünder ausweisen. Das ist so nicht richtig.
Diese Zahlen sind unvollständig. Denn zur expliziten Verschuldung ist die implizite hinzuzufügen. Das sind etwa Rentenzahlungen oder Zusagen für die Gesundheitsvorsorge. Dafür hat der Staat Versprechen abgegeben. In dessen Büchern tauchen sie aber nicht auf. Ein ordentlicher Kaufmann würde dafür Rückstellungen bilden.
Alles addiert, stehen besonders die USA, Grossbritannien und Griechenland am Pranger: In diesen Ländern betragen die expliziten plus impliziten Schulden jeweils über 600 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Mit grossem Abstand folgen Frankreich und Deutschland (je knapp 350 Prozent) und Österreich (250 Prozent). Erst dann kommt Spanien (100 Prozent). Das ist eine andere Reihenfolge als jene, die an den Märkten eingepreist ist. Eine positive Ausnahme ist die Schweiz mit einem Wert von 40 Prozent.
Natürlich sind diese Zahlen mit Vorsicht zu geniessen. Sie beruhen auf Schätzungen der mit Unsicherheiten behafteten demografischen Entwicklung. Die Zahlen werden denn auch häufig revidiert und schwanken stark.
Drei Punkte sind aber wichtig: Erstens die hohe US-Verschuldung. Da tickt eine Zeitbombe, vor allem weil das Land unter Präsident Barack Obama die Konsolidierungsaufgabe bisher nicht wirklich angegangen ist. Punkto Schulden leben die USA allein von ihrem politischen Bonus. Grossbritannien hat dagegen den Ernst der Lage erkannt und ein ehrgeiziges Sparprogramm auf die Beine gestellt.
Zweitens sind die Staatsfinanzen von Spanien wesentlich gesünder als angenommen. Vor allem besitzt das Land keinen überdimensionierten Sozialstaat.
Drittens sind Frankreich, Deutschland wie auch Österreich keineswegs unbescholten, was die Staatsverschuldung betrifft. Wenn sie nicht rigoros sparen, werden sie zu den nächsten Sündern gehören. Dabei bleibt eines klar: Den Anlegern stehen bezüglich der Zins- und Währungsentwicklung weiterhin turbulente Zeiten bevor.