Früh am Morgen, 5.10 Uhr. In Steinhausen im Kanton Zug fahren Polizisten im Streifenwagen vor. Die erste von mehreren Hausdurchsuchungen mit dem süffisanten Decknamen «Luftschloss» beginnt. M. F. (44, Name der Redaktion bekannt), Inhaber der BG Business Group AG, wird an diesem 5. Oktober unsanft aus dem Schlaf geklingelt. Er und sein Partner haben ein undurchsichtiges Geflecht an Immobilienfirmen in Deutschland und der Schweiz aufgebaut. Ihre Firmen werden an diesem Tag auf den Kopf gestellt. Die Polizei beschlagnahmt Laptops und Handys, sichert Daten an Ort und Stelle – 1,4 Terabyte. Mit dabei ist ein deutscher Kriminalbeamter, denn Drahtzieher der Aktion war die Staatsanwaltschaft Stuttgart.
Verkehrte Welt. Einst überquerten deutsche Fahnder und Fahnderinnen die Grenze, um deutsche Steuersünder auf Anweisung des früheren deutschen Finanzministers Peer Steinbrück «mit der Kavallerie» aufzuspüren. Heute verfolgen deutsche Fahnder Schweizer Bürger, die Kunden und Kundinnen dies- und jenseits der Grenze mit deutschen Immobilieninvestments über den Tisch gezogen haben sollen. Im Dezember 2022 war ein deutsches Rechtshilfeersuchen beim Bundesamt für Justiz in Bern eingetroffen. Nun schlug man zu. Die Vorwürfe sind happig: Betrug und Untreue. Konkret geht es um 44 Immobilienprojekte, die zwischen 2017 und 2021 an 114 Private verkauft wurden, die Mehrheit davon Schweizer und Schweizerinnen. Gebaut wurden die allermeisten Projekte nicht. Die BG Business Group AG ist in Liquidation. Der mutmassliche Schaden dürfte bei rund 80 Millionen Franken liegen.