Jedes Jahr landen weltweit 32 Millionen Tonnen Plastik in der Umwelt, geschätzte 5 bis 13 Millionen Tonnen davon finden ihren Weg in die Weltmeere. Geht es so weiter, schwimmt im Jahr 2050 mehr Plastik als Fische in den Ozeanen, schätzen Wissenschafter der Europäischen Union. Wale und Meeresschildkröten verenden regelmässig wegen Plastikmülls im Magen. Mikroplastik wiederum wird sogar in Schweizer Gewässern nachgewiesen.

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Der zum Teil schwimmende, nur schwer abbaubare Müll wird immer mehr zum globalen Problem, welches politisch und gesellschaftlich angeprangert wird. Der so aufgebaute Druck wiederum hat die Industrien wachgerufen, die nun an Lösungen arbeiten und Geld in entsprechende Forschung und Entwicklung stecken.

Damit wird das Thema auch für die Investmentbereiche vieler Banken und Assetmanager interessant. Engagierte und langfristig orientierte Anleger können aus der Not eine Tugend machen. Mit ihrem finanziellen Engagement können sie Unternehmen unterstützen, die dem Plastik den Kampf angesagt haben.

Weg vom Öl

Dabei geht es um mehr als nur mechanische und chemische Recyclingmethoden, also die reine Wiederverwertung des Umweltschädlings. «Langfristig ist es das Ziel, bei der Plastikherstellung vom Öl wegzukommen», erklärt Pieter Busscher, Portfoliomanager der auf nachhaltiges Anlegen spezialisierten RobecoSAM.

Aktuell werden etwa 10 bis 12 Prozent der weltweiten Ölproduktion für die Herstellung von Plastik verwendet. Eine Schätzung der Ellen-MacArthur-Stiftung zeigt, dass der Anteil bis 2030 bereits auf 20 Prozent steigen könnte, wenn die Menschheit weiter auf Plastik setzt wie bisher.

NACHHALTIGES INVESTIEREN

Rendite mit gutem Gewissen

Das Kürzel ESG steht für bestimmte Umwelt-, Sozial- und Unternehmensfaktoren. Damit gemeint sind zudem Aktien von Firmen, die Produkte und Dienstleistungen verkaufen, mit denen ökologische oder soziale Probleme gelöst werden sollen. Oder auch grüne Anleihen (Green Bonds), mit denen Umweltprojekte finanziert werden.

Die Idee hinter den ESG-Strategien ist es, mit Investieren in Themen wie Müllmanagement oder Reduzierung von Rohstoffverbrauch die Umwelt und Gesellschaft positiv mitzugestalten und dabei ähnliche Renditen wie mit konventionellen Anlagen zu erzielen. Mittlerweile ist das nachhaltige Anlegen jedoch zu einer Modeerscheinung geworden und bleibt von öffentlicher Kritik nicht verschont. Bei den grünen Anleihen etwa gab es immer wieder Anbieter, die ihre Versprechen nicht eingehalten haben.

Letztlich pflegt jeder Fondsanbieter seinen eigenen Stil, wie mit ESG-Kriterien umgegangen wird: RobecoSAM etwa zählt zu den Pionieren in diesem Bereich und bietet seit 1995 nur Fonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit an. Anleihenspezialist Pimco dagegen sieht ESG als Rahmenwerk für Anlageentscheidungen, an das sich jeder Portfoliomanager halten sollte. Pimco legt im Fixed-Income-Bereich zwei ESG-Fonds auf.

Nur noch Wiederverwendbares

Busscher beobachtet daher, dass sich beim Thema Plastikvermeidung viele Mitspieler zusammentun: da ist zum eine die Konsumindustrie, die wegen der steigenden gesellschaftlichen Forderungen nach weniger Plastikverpackungen aktiv wird und nach Lösungen sucht. Unternehmen wie Pepsi oder Coca-Cola etwa wollen bald nur noch wiederverwendbare Materialien einsetzen.

In Australien verbannten bereits die beiden grössten Supermarktketten Woolworth und Coles die umweltschädlichen Einwegsäcke aus Plastik aus allen Geschäften. Innerhalb von nur drei Monaten gelang es dem Land, den Plastiktütenverbrauch um 80 Prozent zu senken. Insgesamt gelangten 1,5 Milliarden Tüten weniger in die Umwelt.

Weltweit haben sich inzwischen mindestens 32 Länder zu einem Komplettverbot der Einwegtaschen entschlossen. Darunter auch Staaten in Afrika. Im Juni 2018 entschloss sich Chile als erstes Land auf dem amerikanischen Kontinent zum Plastiktütenbann. In den USA haben sich bislang nur Kalifornien und Hawaii einen entsprechenden Ruck gegeben.

Chemische Industrie muss umdenken

Bewegungen wie diese zwingen schliesslich die chemische Industrie zum Umdenken. Hier beobachtet Pieter Busscher bereits sehr viele Initiativen, die Methoden des sogenannten chemischen Recycling zu verbessern. «Im Gegensatz zum mechanischen Recycling, das die meisten durch die PET-Verfahren kennen, kann das chemische Recycling auch verschmutztes Plastik wiederverwerten, das sonst auf dem Müll gelandet wäre», erklärt Busscher.

Bei der Entwicklung dieser sehr speziellen Technologien seien vor allem kleinere, mittelständische Unternehmen und Start-ups führend. Doch auch grosse Hersteller wie BASF oder Thyssen-Krupp seien hier aktiv.

Übernahmen erwartet

Das Beratungsunternehmen McKinsey rechnet damit, dass ein Wettrennen um die besten Technologien bald beginnen wird. Erste Übernahmen von kleinen, innovativen Herstellern durch Grosskonzerne in Europa seien bereits zu beobachten. Die Analysten von McKinsey rechnen sogar damit, dass das Thema Plastikmüll-Recycling die gesamte chemische Industrie verändern könnte.

Denn letztlich handle es sich auch um einen lukrativen Geschäftsbereich, dem die Berater in den nächsten zehn Jahren und auf viele Industrien und Regionen verteilt ein Gesamtgewinnpotenzial 60 Milliarden Dollar zutrauen. Aktuell werden weltweit nur 12 Prozent des Plastikmülls wieder aufbereitet, der Rest landet auf Deponien – und eben im Meer. Potenzial und Bedarf sind also vorhanden.

In Europa und den USA haben daher erst vor kurzem dreissig internationale Konzerne ein Bündnis geschlossen, um Plastikmüll in der Umwelt zu reduzieren. Die Unternehmen aus der Chemie-, Kunststoff-, Konsumgüter- und Abfallbranche wollen bis 2024 etwa 1,5 Milliarden Dollar in das Thema investieren. Mit dabei sind die Energieriesen Shell und Total, der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble und die deutschen Unternehmen BASF, Covestro und Henkel.

Aus der Schweiz gehört Clariant zu den Gründungsmitgliedern. Das Geld der Alliance to end plastic waste (Allianz gegen Plastikmüll in der Umwelt) soll in Projekte für Recycling, Wiederverwertung und Sammlung von Kunststoffabfällen fliessen. Schwerpunkt ist erst mal Südostasien, da dort weltweit der meiste Plastikmüll ins Ökosystem gerät. Als die grössten Sünder gelten China, Thailand, Vietnam und Indonesien. Sogar Greenpeace unterstützt das Vorhaben der neuen Industrie-Allianz.

Viele Anlagemöglichkeiten

Anlegern, die den Trend zur Vermeidung von Plastikmüll unterstützen und Rendite erzielen möchten, bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Grosse Bankhäuser wie Credit Suisse und UBS bieten beispielsweise im Rahmen ihrer ESG-Strategien (siehe Box rechts) verschiedene Fondsprodukte an, mit denen am breiten Thema Müllmanagement partizipiert werden kann. RobecoSAM verweist auf den Smart Materials Fund, der sich auf dieses Thema konzentriert.

Reine Plastikfonds gibt es noch nicht. Wer an Einzelaktien interessiert ist, kann einen Blick auf die Titel des norwegischen Unternehmens Tomra werfen. Der Konzern ist auf die Herstellung von Flaschenrücknahmesystemen spezialisiert. Ein grosser Wachstumsschub kam, als in Deutschland das Flaschenpfand eingeführt wurde. Da jetzt Länder wie England und Schottland ebenfalls überlegen, dieses Pfand einzuführen, wäre mit einem ähnlichen Effekt zu rechnen.

Die Aktien sind allerdings mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 48 für die nächsten zwölf Monate sehr hoch bewertet. Anleger, die auf neuen chemischen Herstellungsprozesse von Bioplastikverpackungen setzen möchten, sollten die Titel der niederländischen Corbion beobachten. Das Unternehmen entwickelt milchsäurebasierte Verfahren, mit denen abbaubare Verpackungen hergestellt werden können. Zu seinen Abnehmern gehört unter anderem Unilever. Die Titel sind mit einem KGV 21 etwas günstiger bewertet.

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